# taz.de -- Verhandlungen zu Brexit: Empörung über Johnsons Trickserei | |
> Großbritannien will seine Brexit-Vereinbarung zu Nordirland umgehen. Die | |
> EU erwägt juristische Schritte – und einen Abbruch der Handelsgespräche. | |
Bild: Umgeben von Anti-Brexit-Protestlern: Chef-Verhandler Michel Barnier in We… | |
Brüssel/Dublin taz | Das Vorhaben der britischen Regierung, mit einem neuen | |
Gesetz [1][Teile der Nordirland-Vereinbarungen ihres Brexit-Vertrages] mit | |
der EU auszuhebeln, sorgt für neuen Zündstoff in den ohnehin komplizierten | |
[2][Verhandlungen zwischen London und Brüssel] über ein Freihandelsabkommen | |
nach dem Brexit. | |
Die EU drängt auf die strikte Einhaltung des Brexit-Vertrags und droht | |
London mit negativen Konsequenzen bis hin zum Abbruch der Verhandlungen. | |
„Wir gehen hier Schritt für Schritt vor“, sagte Kommissionssprecher Eric | |
Mamer am Donnerstag in Brüssel. | |
Zunächst verlange man von der britischen Regierung eine Erklärung für den | |
angekündigten Verstoß gegen das geltende Austrittsabkommen. Dann werde man | |
„den Stand der Dinge, die Situation analysieren und die möglichen | |
Konsequenzen für die nächsten Schritte ziehen“. | |
Zugleich schickte die EU-Kommission am Donnerstagmittag ihren | |
stellvertretenden Präsidenten Maroš Šefčovič nach London, um auf einem | |
Krisentreffen des „Joint Committee“ – das Gremium, in dem London und | |
Brüssel gemeinsam die Einhaltung des Brexit-Abkommens kontrollieren – die | |
Lage zu klären und eine Streitschlichtung einzuleiten. | |
Im Anschluss an das Treffen erklärte die EU-Kommission, Šefčovič habe die | |
britische Regierung aufgefordert, die strittigen Klauseln des | |
Gesetzentwurfs „schnellstmöglich“ zurückzuziehen, spätestens bis | |
Monatsende. Es gab allerdings keine Anzeichen dafür, ob London darauf | |
eingehen wird. | |
## Klage oder Abbruch der Verhandlungen? | |
Eine Entscheidung über das weitere Vorgehen wurde erst am Freitag erwartet. | |
Zu den Optionen gehört eine Klage der EU vor dem Europäischen Gerichtshof, | |
der Strafzahlungen gegen Großbritannien verhängen könnte. Denkbar wäre aber | |
auch ein [3][Abbruch der laufenden Verhandlungen] über ein | |
Freihandelsabkommen. | |
Indirekt drohte damit sogar Kommissionschefin Ursula von der Leyen. | |
„Verträge sind einzuhalten“, schrieb von der Leyen auf Twitter. Dieses | |
Prinzip sei auch „das Fundament“ für die künftigen Beziehungen. Ohne diese | |
Basis, so heißt es in Brüssel, können man nicht über die künftigen | |
Beziehungen mit London verhandeln. | |
Besonderes Entsetzen löst das britische Vorhaben in Irland aus, sowohl bei | |
der Regierung als auch bei den Oppositionsparteien. Premierminister Micheál | |
Martin hat seinem britischen Amtskollegen Boris Johnson „in unverblümten | |
Worten“ seine Bedenken wegen der geplanten Verletzung des Brexit-Abkommens | |
verdeutlicht. | |
Das sei „eine Abkehr von den Regeln für Verhalten und Diplomatie“, sagte er | |
und fügte hinzu: „Ich bin verärgert und wütend.“ Das Vertrauen sei zerst… | |
worden, und Irland müsse sich nun auf einen harten Brexit vorbereiten. | |
Außenminister Simon Coveney fügte hinzu: „Die britische Regierung hat | |
beschlossen, Chaos in den Verhandlungen auszulösen, indem sie Maßnahmen | |
ergriffen hat, die sowohl illegal als auch aggressiv sind. Ich warne davor, | |
beim Brexit wieder mal Politik mit Nordirland zu spielen.“ | |
## Protest gegen Vorhaben in Nordirland | |
[4][Auch in Nordirland] hat das Brexit-Gesetzesvorhaben Befremden | |
ausgelöst. Declan Morgan, der oberste Richter in Nordirland, sagte, die | |
Haltung der britischen Regierung „untergräbt nicht nur das Vertrauen in die | |
Regierung, sondern auch in das Justizsystem“. | |
Die größte nordirische Partei DUP (Democratic Unionist Party) begrüßte das | |
Vorhaben hingegen als „Schritt nach vorn“. Die protestantische DUP war von | |
Anfang an gegen das Abkommen vom vorigen Jahr, weil es Zollkontrollen im | |
Warenverkehr zwischen Nordirland und dem Rest des Vereinigten Königreiches | |
ermöglicht. Die sollen durch das neue britische Gesetzesvorhaben teilweise | |
abgeschafft werden. | |
10 Sep 2020 | |
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## AUTOREN | |
Eric Bonse | |
Ralf Sotscheck | |
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