Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Streit um Brexit in Großbritannien: Mays Rückkehr
> Die britische Regierung gibt zu, dass ihre „Klarstellung“ des
> Brexit-Deals zu Nordirland rechtswidrig wäre. Die vorige
> Premierministerin ist empört.
Bild: Blast from the past: neuer alter Gegenwind für Boris Johnson am Dienstag
Berlin taz | Zum Auftakt der entscheidenden Verhandlungsrunde zwischen
Großbritannien und der EU über die zukünftigen Beziehungen herrscht bei den
regierenden britischen Konservativen offener Streit über die Pläne des
Premierministers Boris Johnson.
Während der Premier am Dienstag in London auf EU-Chefunterhändler Michel
Barnier wartete, hob seine Vorgängerin Theresa May bei der
Nordirland-Fragestunde im Unterhaus zum Frontalangriff an. „Wie kann die
Regierung zukünftige internationale Partner beruhigen, dass man ihr trauen
kann?“, [1][fragte sie finster] von den Hinterbänken.
Hintergrund ist die Unklarheit, ob die britische Regierung vollumfänglich
zum Brexit-Vertrag von 2019 steht, der den britischen EU-Austritt Ende
Januar 2020 möglich machte. Ein [2][Bericht der Financial Times] vom
Montag, wonach ein neues Gesetzesvorhaben wichtige Teile des von Johnson
neu ausgehandelten Nordirland-Protokolls dieses Vertrags aushebeln soll,
blieb auch am Dienstag in der Substanz unwidersprochen.
Laut Regierung enthält das „Binnenmarkt- und Finanzgesetz“, dessen Entwurf
am Mittwoch veröffentlicht werden soll, lediglich „Klarstellungen“. Doch im
Parlament ging Nordirlandminister Brendan Lewis jetzt weiter: „Ja, es ist
ein Bruch des internationalen Rechts in einer sehr spezifischen und
begrenzten Weise.“
Großbritannien, so Lewis, wolle die „unmittelbare Anwendbarkeit“ von
EU-Recht „in gewissen sehr eng definierten Umständen“ außer Kraft setzen.
Ein Hinwegsetzen über bestehende Vereinbarungen entspreche bloß dem
Vorgehen bei neuen Gesetzen gegen Steuerschlupflöcher.
Es scheint dazu auch andere Meinungen zu geben: Am Vormittag trat der
oberste Rechtsberater der Regierung, Jonathan Jones, zurück.
## Der Brexit-Deal „machte nie Sinn“
Hintergrund des Streits ist [3][das Nordirland-Protokoll] des Brexit-Deals.
Es erklärt Nordirland zum Teil des britischen Zollgebietes, zieht aber die
Zollgrenze zwischen dem Vereinigten Königreich und der EU nicht zwischen
Nordirland und der Republik Irland, sondern zwischen Großbritannien und
Nordirland.
Britische Waren für Nordirland müssen also nach EU-Regeln verzollt werden,
bevor sie Nordirland erreichen – wenn das „Risiko“ besteht, dass sie von
Nordirland nach Irland weiterfließen.
Ob ein Risiko besteht, legt laut Protokoll das „Gemeinsame Komitee“ von
Großbritannien und der EU fest, das die Einhaltung des Vertragswerks
überwacht. In Zukunft will London diese Feststellung allein treffen.
Ähnliches gilt für die Gültigkeit von EU-Beihilferecht in Nordirland, die
das Protokoll mal ausschließt, mal nicht. Konservative Hardliner fordern
daher seit längerem eine Kündigung des gesamten Brexit-Deals und der
konservative Daily Telegraph [4][schlagzeilte am Dienstag]: „Brexit-Deal
machte nie Sinn, wird Premier der EU sagen“.
## Souveränität des Parlaments
Die „Klarstellung“ wäre laut Regierung nicht nötig, wenn die Verhandlungen
zwischen London und Brüssel über ein Handelsabkommen, das solche Dinge
regeln würde, auf der Zielgeraden wären.
Da sie aber momentan festgefahren sind, macht London nun deutlich, dass ein
Scheitern auch das bestehende Brexit-Abkommen gefährden könnte. Das soll
den Druck auf die EU erhöhen, sich zu bewegen.
Johnson-Verteidiger verweisen darauf, dass [5][das britische Brexit-Gesetz]
einen in letzter Minute eingefügten Paragrafen enthält: „Demgemäß tut
nichts in diesem Gesetz der Souveränität des Parlaments des Vereinigten
Königreichs Abbruch“. Anders gesagt: Der Brexit-Deal kann das britische
Parlament nicht binden. Genau das ist, worauf May abzielt.
8 Sep 2020
## LINKS
[1] https://www.mirror.co.uk/news/politics/breaking-theresa-issues-furious-swip…
[2] https://www.ft.com/content/9906e0d4-0c29-4f5f-9cb0-130c75a2f7a7
[3] https://www.gov.uk/government/publications/new-protocol-on-irelandnorthern-…
[4] https://twitter.com/Telegraph/status/1303073415222513664
[5] https://www.legislation.gov.uk/ukpga/2020/1/contents/enacted
## AUTOREN
Dominic Johnson
## TAGS
Schwerpunkt Brexit
Großbritannien
Boris Johnson
Theresa May
Nordirland
Schwerpunkt Brexit
Schwerpunkt Brexit
Schwerpunkt Brexit
Schwerpunkt Brexit
Schwerpunkt Brexit
## ARTIKEL ZUM THEMA
Boris Johnsons neues Brexit-Gesetz: So oder so befremdlich
Großbritanniens Premier Johnson schockt mit seinem jüngsten Brexit-Schritt.
Ist das wieder nur Säbelrasseln?
Umstrittenes britisches Brexit-Gesetz: Was steht im Gesetzentwurf?
Der Entwurf eines neuen britischen Binnenmarktgesetzes stößt auf Kritik,
weil er dem Nordirland-Teil des Brexit-Abkommens widerspricht. Eine
Analyse.
Neuer Streit um Brexit: In Brüssel schrillen Alarmglocken
Erst drohte Großbritannien, jetzt die EU. Die Verhandlungen über ein
Brexit-Handelsabkommen könnten doch noch scheitern.
Streit über den Brexit: Der „No Deal“ rückt näher
Großbritannien droht offen, die Gespräche mit der EU scheitern zu lassen.
Am Dienstag beginnt die nächste Brexit-Verhandlungsrunde.
Brexit-Streit um Nordirland: Es könnte grenzwertig werden
Grenzkontrollen auf der irischen Insel könnte die Wirtschaft empfindlich
treffen. Auch die letzten britischen Vorschläge treffen auf Kritik.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.