# taz.de -- Nobelpreisträger Denis Mukwege bedroht: UN-Schutz für Nobelpreist… | |
> Nach regierungskritischen Tweets erhält der Gynäkologe Denis Mukwege | |
> Morddrohungen. Wegen Corona hatten UN-Soldaten den Kongo zuvor verlassen. | |
Bild: Nobelpreisträger Denis Mukwege während einer Pressekonferenz 2018 | |
BERLIN taz | Denis Mukwege ist der [1][berühmteste lebende Kongolese der | |
Welt und Friedensnobelpreisträger]. Jetzt wird der Gynäkologe von | |
UN-Blauhelmen bewacht. Er hat Todesdrohungen erhalten. Sein Leben sei | |
„ernsthaft in Gefahr“, erklärte UN-Menschenrechtskommissarin Michelle | |
Bachelet, Grund sei, „dass er stark dafür eintritt, die Täter zur | |
Rechenschaft zu ziehen und die Frauen zu schützen – als Folge dessen, was | |
er seit Jahrzehnten in seinem Krankenhaus sieht“. | |
Im Juli hatte Mukwege sich nach mehreren Massakern auf Twitter zu Wort | |
gemeldet. Der UN-Mapping-Bericht aus dem Jahr 2010, der Verbrechen im Kongo | |
zwischen 1993 bis 2003 untersuchte, werde bis heute ignoriert, kritisiert | |
er. Der Bericht empfahl unter anderem, die damaligen Massaker an | |
ruandischen Hutu-Flüchtlingen im Kongo als möglichen Genozid zu | |
untersuchen. | |
Das stieß auf Kritik, denn diese Massaker trafen unter anderem Hutu-Täter | |
des [2][Völkermords an Ruandas Tutsi] 1994, die sich danach in den Kongo | |
abgesetzt hatten und von 1996 bis 1997 dort samt Frauen und Kindern von | |
Ruandas Armee gejagt wurden. Aus ihnen ging die [3][Miliz FDLR hervor | |
(Demokratische Kräfte zur Befreiung Ruandas)]. Auch sie hat im Kongo | |
Massenvergewaltigungen begangen. | |
Mukwege gründete 1999 in seiner Heimatstadt Bukavu ein Krankenhaus für | |
Frauen – mitten im Kriegsgebiet. Seine erste Patientin war eine Frau, der | |
in die Vagina geschossen worden war, als Folge einer brutalen | |
Vergewaltigung mit dem Gewehrlauf. Das zweite Opfer war ein vergewaltigtes | |
18-monatiges Baby. Mukweges Panzi-Krankenhaus hat inzwischen rund 85.000 | |
Frauen geholfen. Für seine Arbeit erhielt er 2018 den Friedensnobelpreis. | |
## Mukweges Familie in Gefahr | |
Dass die Täter straflos bleiben, [4][kritisiert Mukwege immer wieder]. | |
Namen nennt er nicht – doch klar ist: Er meinte nicht nur Milizen und | |
Rebellen, sondern auch Generäle des Kongo und militärisch involvierter | |
Nachbarländer wie Ruanda. Damit machte er sich mächtige Feinde. Seit Jahren | |
bemüht sich die UN-Mission im Kongo (Monusco), ihn zu schützen. Doch | |
aufgrund der Coronapandemie wurden die UN-Soldaten im März abgezogen. „Ich | |
habe viele Hass-E-Mails erhalten und Familienmitglieder wurden bedroht“, so | |
Mukwege. | |
Nach Mukweges Tweets im Juli reagierte Ruandas Regierung heftig. Ruandas | |
früherer Verteidigungsminister und Präsidentenberater James Kabarebe, der | |
1996/97 Ruandas Truppen im Kongo kommandiert hatte, tat in einem Interview | |
den UN-Bericht von 2010 als „Propaganda“ ab, erfunden von jenen, die „den | |
Krieg verloren“. | |
Daraufhin protestierten Tausende Kongolesen in der Hauptstadt Kinshasa vor | |
der ruandischen Botschaft. Sie forderten, den Botschafter auszuweisen und | |
Mukwege zu schützen. Kongos Präsident Félix Tshisekedi gab Anordnungen an | |
Polizei und Justiz. Nun hat auch die UN-Mission wieder Blauhelmsoldaten vor | |
dem Panzi-Krankenhaus aufgestellt. | |
10 Sep 2020 | |
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## AUTOREN | |
Simone Schlindwein | |
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