# taz.de -- Kriegsverbrecherprozess im Kongo: Lebenslang für „Koko di Koko“ | |
> Ein Militärgericht im Kongo verurteilt einen Warlord. Unter seinem | |
> Kommando wurden hunderte Frauen gefoltert und vergewaltigt. | |
Bild: Vor Gericht: Warlord „Koko di Koko“, früher Armeehauptmann Frédéri… | |
BERLIN taz | In der Demokratischen Republik Kongo ist einer der bisher | |
größten im Land geführten Kriegsverbrecherprozesse gegen Verantwortliche | |
für Massenvergewaltigungen am Dienstag mit harten Urteilen zu Ende | |
gegangen. Lebenslang ins Gefängnis muss ein als „Koko di Koko“ bekannt | |
gewordener Warlord, der Brigadekommandant in der Rebellenbewegung Raia | |
Mutomboki in der ostkongolesischen Provinz Süd-Kivu war. Zwei Mitstreiter | |
wurden vom Militärgericht der Provinzhauptstadt Bukavu zu 15 und 20 Jahren | |
Haft verurteilt. | |
Verhandelt wurde eine Serie brutaler Angriffe zwischen Februar und | |
September 2018 in den Urwalddistrikten Shabunda und Mwenga. Kämpfer der | |
Miliz [1][Raia Mutomboki], um 2011 als lokale Selbstverteidigungsmiliz | |
gegen eingedrungene Soldaten der einstigen ruandischen Hutu-Armee und ihrer | |
Nachfolgeorganisation FDLR (Demokratische Kräfte zur Befreiung Ruandas) | |
entstanden, überfielen am 8. Februar 2018 das Dorf Kabikokole. | |
Nach Angaben ihres Anführers Koko di Koko vor Gericht waren sie auf der | |
Suche nach der mutmaßlich verschleppten Mutter seines Chefs namens | |
„Charlequin“; Berichten aus der Zeit des Angriffs zufolge waren Koko di | |
Koko und Charlequin allerdings identisch. | |
Die Kämpfer zerstörten die Brücke, die den einzigen Zufahrtsweg ins Dorf | |
darstellte. Die ganze Nacht wurden Frauen in den Hütten eingesperrt, | |
gefoltert und vergewaltigt. Laut Anklage suchten die Kämpfer bei manchen | |
Frauen in der Vagina mit Stöcken nach mutmaßlich verstecktem Gold. | |
Ähnliche Vorfälle gab es in den nächsten Monaten in anderen Dörfern der | |
Region. Koko di Koko, der eigentlich Frédéric Musada Alimasi heißt und | |
zuvor Hauptmann in Kongos Regierungsarmee gewesen war, errichtete als | |
selbsternannter General sein eigenes Terrorregime. | |
Zu Ende ging dies erst nach dem Machtwechsel an Kongos Staatsspitze von | |
Joseph Kabila an Felix Tshisekedi im Januar 2019, der wiederum kurz auf die | |
Verleihung des Friedensnobelpreises an Kongos bekanntesten Frauenarzt | |
[2][Denis Mukwege] im Dezember 2018 folgte. | |
Mukwege leitet in Bukavu eine Klinik für die Opfer sexualisierter | |
Kriegsverbrechen, in der zahlreiche Überlebende des Terrorfeldzugs von Koko | |
di Koko behandelt worden waren. Im März 2019 startete Kongos Armee | |
Großoffensiven gegen Raia-Mutomboki-Gruppen im Distrikt Shabunda. | |
## Unterstützung vom Friedensnobelpreisträger Mukwege | |
Der Verwaltungschef von Koko di Kokos bewaffneter Gruppe wurde verhaftet | |
und führte die Regierungssoldaten im April zu seinem Chef. Drei weitere | |
Kämpfer wurden ebenfalls festgenommen. Im September begann gegen alle fünf | |
der Prozess. Anhörungen mutmaßlicher Zeugen und Opfer fanden in den | |
betroffenen Gemeinden statt. | |
Sie wurden unterstützt von der [3][Panzi-Stiftung] des Krankenhauses von | |
Denis Mukwege, die zusammen mit Hilfswerken und Rechtsexperten | |
Zeugenaussagen dokumentierte und Beweise sammelte. Über 300 Opferzeugen | |
wurden für den Prozess zugelassen, davon 190 Überlebende sexueller Gewalt. | |
Der Prozess gegen diesen Warlord wurde zum Testfall dafür, dass Kongo unter | |
seinen neuen Machthabern tatkräftiger gegen [4][Kriegsverbrecher im Osten | |
des Landes] vorgeht als vorher. Es ist Berichten zufolge [5][der siebte | |
große Prozess] in fünf Jahren vor Ort im Ostkongo – eine Region, wo | |
jahrzehntelange Straflosigkeit es überhaupt erst möglich machte, dass | |
Warlords bedenkenlos über Jahre hinweg die Zivilbevölkerung terrorisieren | |
konnten. | |
Das Gericht entließ auch Kongos Staat nicht aus seiner Verantwortung: Da er | |
seiner Verpflichtung zum Schutz seiner Bürger nicht nachgekommen sei, müsse | |
er die Opfer von Koko di Kokos Verbrechen entschädigen. | |
20 Nov 2019 | |
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## AUTOREN | |
Dominic Johnson | |
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