# taz.de -- Die Wahrheit: Schlimme Coronafinger | |
> Nachdem Kentucky Fried Chicken seinen uralten Werbespruch wegen der | |
> Pandemie verbannt hat, könnten andere Firmen dem Vorbild folgen. | |
Finger sind pfui. Jedenfalls in Coronazeiten. Vorige Woche haben die | |
Hühnerbräter von Kentucky Fried Chicken bekannt gegeben, dass sie nicht | |
mehr länger behaupten werden, ihre panierten Hühnerteile seien „Finger | |
Lickin’ Good“ – also „zum Fingerlecken gut“. | |
Der altbekannte Slogan verschwindet derzeit weltweit. Das ist aber nicht | |
der Einsicht geschuldet, dass dieses ungesunde Schnellfutter keineswegs gut | |
sei. Man mottet den Werbespruch, der seit 64 Jahren im Umlauf ist, deshalb | |
ein, weil man sich wegen der Infektionsgefahr eben nicht die Finger lecken | |
soll. Und schon gar nicht die Finger anderer Leute. „Finger Lickin'“ wird | |
nun in der Werbung gepixelt. Übrig bleibt: „It’s good.“ It’s not. | |
Das Musiklabel Finger Lickin’ Records schert sich nicht darum. Justin | |
Rushmore und Jem Panufnik, die das Label 1998 in London gegründet haben, | |
bringen ungerührt weiterhin die Scheiben von Freaky Jalapaleno, Grinny | |
Grandad und den Drumattic Twins auf den Markt, ohne sich Gedanken über den | |
ansteckenden Namen ihres Labels zu machen. Wenigstens verlegen sie nicht Al | |
Di Meola, den italo-amerikanischen Jazz-Gitarristen mit Spitznamen „Herr | |
der Finger“. | |
Bei anderen Unternehmen ist man ebenfalls wenig zimperlich. Heinz wirbt für | |
sein Gewürzketchup mit einem Filmchen, in dem ein Mann im Café an den | |
Fingern eines anderen Mannes saugt. Weil ihm das offenbar nicht sonderlich | |
schmeckt, quetscht er einen Streifen Ketchup auf den fremden Finger. | |
Auch Volkswagen hat die Zeichen der Zeit nicht erkannt. In einem Werbespot | |
für den neuen Golf wird ein schwarzer Mann von einer riesigen weißen Hand | |
durchs Bild geschoben und schließlich in den Eingang eines Hauses | |
geschnippt. Zwar zog VW den kurzen Film im Mai bereits zurück, | |
[1][begründete das aber mit Rassismus-Vorwürfen]. Dabei wiegt die Tatsache, | |
dass die weiße Hand den schwarzen Mann infizieren könnte, viel schwerer. | |
Und was ist mit „Finger Fruit“? Das Label stehe „für jahrelange Erfahrung | |
bei der Vermarktung von Früchten“. Das Team liefere „perfekte Ware, reif | |
und saftig wie im Süden, liebevoll zubereitet wie früher“. Es ist aber | |
nicht früher, sondern es ist das Coronazeitalter, in dem man sich | |
fingerartige Früchte nicht in den Mund stopfen sollte. | |
Bliebe noch FFF zu erwähnen. Das steht nicht für „Fridays For Future“, | |
sondern für „Fünf-Finger-Filet“. In der Anleitung heißt es in recht | |
eigenwilligem Deutsch, es sei ein Spiel, in dem „die Handfläche einer Hand | |
auf einem Tisch mit den Fingern auseinander, mit einem Messer oder scharfen | |
Gegenstand, ein Versuch, erstechen hin und her zwischen den Fingern, dem | |
Verschieben des Objekts hin und her und versuchte, die Finger nicht zu | |
schlagen.“ Wer es nicht schafft, mit dem Messer in den Zwischenraum | |
zwischen den Fingern zu stechen, verliert nicht nur das Spiel, sondern auch | |
seine Finger. Dann kann wenigstens niemand mehr dran lutschen. | |
31 Aug 2020 | |
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## AUTOREN | |
Ralf Sotscheck | |
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