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# taz.de -- Queere Netflix-Serie „She-Ra“: Utopische Dystopie
> Schwule Väter, fluide Gender: Das Netflix-Remake der
> 80er-Zeichentrickserie „She-Ra“ zeigt, wie innovative queere Popkultur
> aussehen kann.
Bild: Selten war der Kampf gegen Gut und Böse so divers: Still aus der Netflix…
Wer als queere Person und Kind der 90er aufgewachsen ist, für den gehören
TV-Serien wie „Xena“ und [1][„Buffy“ zum Kanon]. Die Intensität und
Komplexität, mit der hier Beziehungen starker Frauen zueinander erzählt
wurden, galt lange Zeit als beispielhaft – und ist in Teilen auch heute
noch unerreicht.
Die Repräsentation von Queerness und lesbischer Liebe machte diese Serien
nicht nur in der LGBTQI*-Community zum Langzeiterfolg. Dennoch hatten sie
stets etwas Uneingelöstes, etwas, das auf dem Boden des Cutting-Rooms
landete, [2][das Studiobosse verhinderten], das nie vollständig erzählt
werden durfte, zumindest nicht in seiner vollen Stärke: queere und
lesbische Liebe.
Nicht nebenher oder kodifiziert, sondern als Kern der Geschichte. Die
Neuauflage der 80er-Zeichentrickserie „She-Ra“ hat diese Lücke gefüllt. U…
macht Hoffnung auf mehr Fernsehen dieser Art.
2015 beauftrage der [3][Streamingsender Netflix] die queere, nonbinäre
Zeichnerin Noelle Stevenson mit einem Revival der Kultserie. Stevenson
hatte zuvor mit der queeren Comicbuchreihe „Lumberjanes“ Preise gewonnen.
Mit ihrem Debut-Comic „Nimona“, einer Fantasy-Parodie über eine
schlagfertige Teenagerin, wurde sie unter Indie-Graphicnovel-Fans zum
Geheimtipp.
Dann kam „She-Ra“. Netflix hatte es zunächst auf nur eine Staffel des
Retro-Hits abgesehen, Stevenson jedoch pitchte gleich fünf Staffeln und 52
Folgen mit actionreichem Plot – und bekam den Zuschlag. Die Serie ging im
deutschsprachigen Raum zunächst leider unter, während sie international
immer beliebter wurde. Doch auch in Deutschland führte Netflix sie
zwischenzeitlich unter „meistgesehen“.
## Was ist gut und was ist böse?
Es geht um das Findelkind Adora, das auf dem Planeten Etheria bei der
Magierin Shadow Weaver und den Hordes aufwächst, einer militärisch
organisierten Gruppe, die vom Tyrannen Hordak kontrolliert wird. Adora wird
trainiert, um die Rebellion zu zerschlagen: den Widerstand der
Prinzessinnen Etherias.
Doch das Bild wandelt sich, als Adora mit ihrer engsten Freundin Catra auf
einen unerlaubten Ausflug aufbricht und ein mysteriöses Schwert findet. Es
lässt sie zu She-Ra werden, einer mystischen Heldin, die die Balance
Etherias wiederherstellen soll.
Fortan kämpft sie mit den Prinzessinnen gegen die Hordes – und damit auch
gegen alte Freunde. Ein schmerzhafter Loslösungsprozess beginnt für Adora
und Catra, die einst die engsten Bezugspersonen füreinander waren, in einem
Umfeld, das von Gewalt und seelischem Missbrauch geprägt war. In ihrer
Enttäuschung und in ihrem Schmerz entwickelt sich Catra zur Antiheldin der
Serie.
Was ist gut, was ist böse, wer steht auf der richtigen und wer auf der
falschen Seiten? Nichts ist eindeutig in der Welt von Etheria. Der Plot
wird zunehmend komplex und so manches entwickelt sich ganz anders als
zunächst angenommen.
Mitte der 80er Jahre als Spin-off der Serie „He-Man and the Masters of the
Universe“ entstanden, hat sich die Serie mittlerweile von ihrem Alter Ego
emanzipiert. „She-Ra“ ist heute ein eigenständiger Kosmos, der keine Männ…
mehr braucht, die als Helden vorangehen.
## Nie dagewesene Geschichten
Noelle Stevensons Neuauflage ist mehr als nur eine Hommage für Fans aus
alten Zeiten. Sie hebt „She-Ra“ ins neue Jahrtausend. Komplexe Psychogramme
sind [4][so selbstverständlich wie die Diversität], mit der sie Etheria
zeichnet: queere Charaktere, lesbische Liebe, schwule Väter,
Frauensolidarität, sensible Männer, eine Vielfalt an Körperformen.
Sie wirft auch ein Schlaglicht darauf, was mit Menschen passiert, die mit
Liebe und Zutrauen gefördert und großgezogen werden und was im Gegenzug
jemand zu meistern hat, der von klein auf abgewertet wird. Ein
Spannungsverhältnis, das die beiden Hauptfiguren der Serie, Adora und
Catra, entzweit – jedenfalls vorerst.
„She-Ra“ scheut sich nicht vor düsteren Themen und ambivalenten Held*innen,
schafft aber mit Humor und Slapstick auch eine Balance. Die Tiefe und
psychologische Einsicht, mit der Stevenson die Serie gestaltet, machen sie
nicht nur für Kinder und Jugendliche, sondern erst recht für Erwachsene zum
Erlebnis.
Noelle Stevenson hat mit „She-Ra“ die Grenzen des Erzählbaren endlich dahin
verschoben, wo viele Kids der 90er sie schon vor Jahrzehnten haben wollten.
Das zeigt, was passiert, [5][wenn queere und genderdiverse Menschen] selbst
an den Schalthebeln der Popkultur sitzen: Es entstehen nie dagewesene
Geschichten und ein authentischeres Bild der Welt.
Selbst im Zeichentrick – denn die Echtheit der Figuren und die Bedeutung
der Geschichte transportieren sich fast losgelöst von ihrer Form. Es fühlt
sich echt an. Wesentlich echter als vieles, was wir in den letzten 30
Jahren zu sehen bekommen haben.
19 Aug 2020
## LINKS
[1] /20-Jahre-Buffy/!5392299
[2] https://www.pinknews.co.uk/2016/11/28/this-is-how-ellens-show-got-cancelled/
[3] /Angriffe-auf-Popkultur-in-der-Tuerkei/!5699725
[4] /Neues-Buch-Find-Me-von-Andre-Aciman/!5699813
[5] /Roxane-Gay-ueber-Feminismus-und-MeToo/!5606954
## AUTOREN
Mirjam Kid
## TAGS
Netflix
Zeichentrick
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Queer
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interaktiv
Buch
Schwerpunkt Gender und Sexualitäten
Emmy
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