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# taz.de -- Sanktionen der USA: Ostsee-Pipeline gerät in Seenot
> Neue US-Sanktionen gegen die Gasleitung Nord Stream 2 verunsichern den
> Hafen Sassnitz und deutsche Finanziers. Die Bundesregierung will
> deeskalieren.
Bild: Das russische Verlegeschiff Akademik Tscherski in der Bucht von Gdansk
Berlin taz | Das umstrittene Erdgaspipelineprojekt Nord Stream 2 gerät in
immer größere Schwierigkeiten. Bereits seit Ende 2019 gilt ein Baustopp auf
See wegen Sanktionsdrohungen von Parlament und Regierung der USA. Nun haben
drei US-Senatoren dem Fährhafen Sassnitz/Mukran mit drastischen Sanktionen
gedroht, die „das zukünftige Überleben des Unternehmens zerstören“.
Die Investoren des Projekts ziehen bereits Konsequenzen: Der Energiekonzern
Uniper, der mit knapp 1 Milliarde Euro als Finanzinvestor an Nord Stream 2
beteiligt ist, hat in [1][seiner Halbjahresbilanz am Dienstag] vor dem
Risiko gewarnt, man müsse „gegebenenfalls den bereitgestellten Kredit
wertberichtigen“, weil es wahrscheinlicher geworden sei, „dass es zu
Verzögerungen im Bau der Gasleitung oder überhaupt nicht zu einer
Fertigstellung kommt“.
[2][Wintershall/DEA], der zweite deutsche Finanzier, präsentiert seine
Halbjahresbilanz nächste Woche, wollte sich aber auf Anfrage zu einer
ähnlichen Warnung nicht äußern. Und die SPD-Ministerpräsidentin von
Mecklenburg-Vorpommern, Manuela Schwesig, nimmt das Thema so ernst, dass
sie am Dienstag die Pipeline-Erbauer in der Staatskanzlei in Schwerin zu
einem Gespräch empfing. Die Lage sei „kritisch“, so Schwesig in der
Vorbereitung des Treffens.
Nord Stream 2 ist ein 11-Milliarden-Euro-Vorhaben, mit dem der russische
Energiekonzern Gazprom sibirisches Erdgas durch die Ostsee nach Deutschland
liefern will. Parallel zur bereits bestehenden Nord-Stream-Pipeline
verlegen Schiffe im Auftrag des Konsortiums aus Gazprom und den
europäischen Konzernen Uniper, Wintershall/DEA, Shell, Engie und OMV zwei
neue Gasröhren im Meeresboden. Nach Auskunft des Unternehmens sind bereits
2.300 von 2.460 Kilometern Leitung verlegt. „Es fehlen noch 6 Prozent der
Strecke, etwa 150 Kilometer“, sagt Nord-Stream-2-Sprecher Stefan Ebert.
## Die Schiffe sind ausgelaufen
Diese Lücke wird vorerst nicht geschlossen, seit im Dezember 2019
US-Regierung und Parlament Sanktionen gegen die schweizerische
Betreiberfirma der beiden Spezialschiffe zur Röhrenverlegung in Kraft
setzten. Das Projekt ist auch in der EU umstritten, trotzdem genehmigte die
Bundesregierung das Projekt, an dem Ex-Bundeskanzler Gerhard Schröder als
Präsident des Verwaltungsrats mitwirkt.
Die USA behaupten, die Pipeline binde Deutschland und die EU enger an
Russland, und „betrachtet sie als eine ernsthafte Bedrohung für die
europäische Energiesicherheit und die nationale Sicherheit der USA“, heißt
es in den Schreiben der US-Senatoren. Darin drohen die Politiker, die
Geschäftsführung und Aktionäre der Hafen-Gesellschaft mit einem
Einreiseverbot in die USA zu belegen und ihr Eigentum in den USA
einzufrieren.
Kanzlerin Merkel und Außenminister Maas protestierten gegen diese
„extraterritorialen Sanktionen“, die gegen das Völkerrecht verstießen.
Europäische Energiepolitik müsse in Europa gemacht werden. Aus dem
Bundeswirtschaftsministerium heißt es, man wolle „nicht an der
Eskalationsspitale drehen“, von möglichen Gegensanktionen gegen die USA
sprechen bisher nur die Linke, Gerhard Schröder und der Osteuropa-Verein
der Deutschen Wirtschaft.
## Nord Stream 21 und folgende
Ob und wie das Projekt fertiggestellt wird, ist derzeit unklar. Die
russische Seite hat klargemacht, dass die Sanktionen sie nicht groß
kümmern. Die europäische Seite ist da anfälliger. Sie verweist auf 120
Unternehmen aus 12 europäischen Ländern, die an Bau und Betrieb der neuen
Pipeline beteiligt sind.
Lachender Dritter des geopolitischen Machtpokers und des Stillstands auf
hoher See sind die Umweltverbände. Die Deutsche Umwelthilfe hat letzte
Woche eine neue Klage gegen Nord Stream 2 eingereicht. Sie will erreichen,
dass die klimaschädlichen Methanemissionen aus der Gasproduktion in
Russland bei einer Neubewertung der Genehmigung berücksichtigt werden.
Diese lägen wahrscheinlich so hoch, sagt DUH-Klimaexperte Constantin
Zerger, „dass Nord Stream 2 heute nicht mehr genehmigungsfähig wäre“.
11 Aug 2020
## LINKS
[1] https://ir.uniper.energy/websites/uniper/German/8200/finanzkalender.html
[2] https://wintershalldea.com/de/investor-relations
## AUTOREN
Bernhard Pötter
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Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
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