# taz.de -- Markthalle soll größer werden: Wegbeißen gilt nicht | |
> Dass sich Hamburgs Markthalle auf Kosten der Kunst erweitert, sendet ein | |
> fatales Signal. Und die Kulturbehörde duckt sich weg. | |
Bild: Ein Haus am Gleisbett: Markthallen-Gebäude mit Kunst-Orten | |
Natürlich ist es schön, wenn neue Räume für die Kultur geschaffen werden, | |
besonders in Coronazeiten. Und sicher ist es erfreulich, dass die Stadt | |
Hamburg – finanziell unterstützt vom Bund – dem Live-Musikklub | |
[1][Markthalle mehr Fläche bieten will]. Schließlich kann man mit 2.000 | |
Plätzen ganz andere Künstler buchen als mit 1.000, auch wenn die – laut | |
Musikwirtschaft dringend nötige – Live-Musikhalle für 4.000 Menschen in | |
Hamburg noch fehlt. Und wenn man die Markthallen-Erweiterung in einem leer | |
stehenden Gebäude plante, um es zu beleben: Wo wäre das Problem? | |
Aber so ist es nicht. Die Markthalle soll sich auf Kosten der Mitmieter | |
vergrößern – diverser Institutionen zeitgenössisch-experimenteller Kunst, | |
die von lokal bis international reichen. Ihnen soll genommen werden, was | |
sie am Leben hält: repräsentative, helle Räume sowie für Laufpublikum gut | |
auffind- und erreichbare Zugänge. | |
Darwinistisch gedacht, ist das konsequent: Der Lauteste, vielleicht auch | |
derjenige mit den besten Connections, verdrängt die Leisen. Und wer, wie | |
der Markthallen-Chef stolz erklärt, sein Budget nur zu 15 Prozent aus | |
Subventionen bestreitet, dominiert jene, die weniger Eigenfinanzierung | |
beisteuern können. | |
Ist die Vergrößerung also die Belohnung dafür, dass Punk und Heavy Metal | |
mehr Einnahmen generieren als zeitgenössische Kunst? Der Neoliberalismus | |
mag das so sehen, die öffentliche Hand darf es nicht. Die ist verpflichtet, | |
gerade jene Kunst-Institutionen zu fördern, die Experimente wagen, | |
Nachwuchs nähren und genau deshalb nicht profitabel sein können. In keiner | |
Weise ist die öffentliche Hand aufgerufen, Non-Profit-Kunst-Orte ins | |
Souterrain zu drängen, bis sie verkümmern und von selbst aufgeben. | |
## Kulturbehörde duckt sich weg | |
Genau das plant aber die Stadt Hamburg – noch dazu, ohne die Kunst-Mieter | |
zu beteiligen. Dabei stören die Umbaupläne auch das viel gepriesene Konzept | |
der „Kunstmeile“ insgesamt. Die Abschiebung der Kunst-Orte in die | |
Unsichtbarkeit könnte auch [2][Kunsthalle] und [3][Deichtorhallen] schaden, | |
die vom Laufpublikum der anderen profitieren. | |
Ob Hamburgs [4][Kulturbehörde] das sieht? Ihre dürren Antworten auf eine | |
Senatsanfrage bezeugen es nicht. Dabei wäre es Zeit, sich nicht mehr | |
wegzuducken. Sondern anhand des Beispiels „Markthalle“ ein generelles, | |
modernes Konzept für die Koexistenz verschiedener Kulturgenres zu | |
entwerfen. Und nicht zuzusehen, wie die städtische Vermieterin Sprinkenhof | |
– verlängerter Arm der Finanzbehörde – Kulturpolitik macht. | |
17 Jul 2020 | |
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## AUTOREN | |
Petra Schellen | |
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