# taz.de -- Boko Haram in Kamerun: Flüchtlinge im Schlaf umgebracht | |
> Bei einem nächtlichen Angriff auf Vertriebene in Kamerun sind mindestens | |
> 18 Menschen ums Leben gekommen. Die Gewalt von Boko Haram nimmt wieder | |
> zu. | |
Bild: Die abgebildete Familie floh aus Nigeria vor der Gewalt von Boko Haram in… | |
COTONOU taz | Die islamistische Terrormiliz [1][Boko Haram] hat am | |
Wochenende erneut in Kamerun zugeschlagen. Tatort war ausgerechnet ein | |
Camp, das der lokalen Bevölkerung Zuflucht vor Übergriffen bieten soll. | |
Es heißt, dass die Angreifer sich am Sonntag im Morgengrauen in den Ort | |
hineinschlichen und eine Granate in eine schlafende Menschenmenge warfen. | |
Nach Angaben der lokalen Behörden kamen dabei mindestens 18 Menschen ums | |
Leben. Sechs weitere wurden verletzt. | |
Etwa 800 Menschen leben in der Notunterkunft in Nguetchewe in der Gemeinde | |
Mayo-Moskota in der Provinz Extrême-Nord unweit der [2][nigerianischen | |
Grenze]. Nach Angaben der Internationalen Organisation für Migration (IOM) | |
sind in der Region knapp 322.000 Menschen auf der Flucht. | |
Kamerun zählt zudem fast 116.000 [3][Flüchtlinge aus Nigeria]. Die große | |
Mehrheit ist vor Gewalt durch Terrorgruppen geflohen. In den vergangenen | |
Wochen wurden mehrfach bei Gefechten zwischen Boko Haram und Armee im | |
Norden Kameruns Tote auf beiden Seiten gemeldet. | |
## Armeeübergriffe gegen die Bevölkerung | |
Der Distrikt Mozogo, in dem das angegriffene Flüchtlingscamp liegt, bekam | |
vor wenigen Wochen internationale Aufmerksamkeit. Die | |
Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) veröffentlichte einen | |
Bericht, in dem es heißt, dass Soldat*innen an mindestens zwölf Orten | |
Zivilist*innen dazu gezwungen hätten, Nachtwachen zu halten. | |
Wer sich weigerte, sei eingeschüchtert oder geschlagen worden. Insgesamt | |
sollen zwischen Mitte März und Ende April 90 Männer und ein Junge von der | |
Armee gezwungen worden sein. | |
Kameruns Regierung hat die Vorwürfe bestritten. Laut Midjiyawa Bakari, | |
Gouverneur von Extrême-Nord, waren die Nachtwächter Freiwillige. Mitglieder | |
von Milizen hätten sich zudem bereit erklärt, mit der [4][Armee] und der | |
Regierung zu kooperieren. Auch habe Präsident [5][Paul Biya] aller | |
Kameruner*innen aufgefordert, beim Kampf gegen Boko Haram mitzuhelfen. | |
Dieser Kampf intensiviert sich auch in Nigeria, Ursprungsland der Miliz, wo | |
in den vergangenen Monaten wieder vermehrt von Anschlägen berichtet wird. | |
Nach Informationen des Nigeria Security Tracker, eine Plattform des | |
US-amerikanischen Council on Foreign Relations, ist es in der vergangenen | |
Woche fast täglich zu Angriffen und Überfällen gekommen. | |
## Fast täglich Angriffe in Nigeria | |
Neben Angriffen der Terrorgruppe Boko Haram sind im Norden und Nordwesten | |
vor allem bewaffnete Banditen dafür verantwortlich. Ziel werden aktuell | |
besonders häufig Soldat*innen. Lokalen Medien zufolge starben in den | |
vergangenen Wochen mehrere Dutzend. | |
Dass die Armee dem nicht viel entgegenzusetzen hat, kritisierte am | |
Wochenende der Gouverneur der nordostnigerianischen Provinz Borno, Babagana | |
Zulum. Seiner Meinung nach würde das System von innen sabotiert werden. | |
Korruptionsvorwürfe gegenüber den Streitkräften hat es in den vergangenen | |
Jahren immer wieder gegeben. | |
Nigerias Armeechef, Tukur Buratai, machte im Gegenzug Ende Juli die | |
Bevölkerung für die Unsicherheit verantwortlich. Anstatt mit den | |
Sicherheitskräften zu kooperieren, würden sie Banditen und Terroristen | |
vielfach schützen. | |
Vor der verschlechterten Sicherheitslage im Nordosten Nigerias warnte | |
vergangene Woche auch die humanitäre UN-Koordinationsstelle OCHA. Sie geht | |
davon aus, dass allein in den Monaten Mai und Juni in den Bundesstaaten | |
Borno und Adamawa 40.000 Menschen vor der Gewalt geflüchtet sind. | |
Im Juli wurden drei humanitäre Helfer ermordet und ein Hubschrauber wurde | |
in Borno von Kugeln getroffen und beschädigt. | |
4 Aug 2020 | |
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## AUTOREN | |
Katrin Gänsler | |
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