| # taz.de -- Proteste gegen Corona-Maßnahmen: Demokratie ohne Mundschutz | |
| > Steigende Infektionszahlen und mögliche Restriktionen könnten | |
| > Corona-Demos wieder wachsen lassen. Wie Behörden reagieren sollen, ist | |
| > umstritten. | |
| Bild: War was? Anfang August demonstrieren tausende Menschen in Berlin gegen di… | |
| Am Samstag soll es weitergehen. In Stuttgart zum Beispiel will erneut die | |
| Initiative „Querdenken“ auf die Straße gehen, die dort seit Monaten die | |
| Proteste gegen Corona-Schutzmaßnahmen organisiert und die auch zur Berliner | |
| Großdemonstration vom vergangenen Samstag aufgerufen hatte. Ob es erneut zu | |
| einem Massenauflauf ohne Schutzmasken und Sicherheitsabstände, ähnlich wie | |
| am vergangenen Wochenende in der Hauptstadt, kommt, ist dennoch fraglich. | |
| Mit ihren regionalen Demonstrationen hatte die Szene in den vergangenen | |
| Wochen schließlich nur noch einige hundert Menschen angezogen. | |
| Dass die [1][Berliner Demonstration] mit ihren rund 20.000 | |
| Teilnehmer*innen ([2][im Zahlensystem der Veranstalter*innen: bis zu 5 | |
| Millionen]) der Bewegung einen neuen Schub verpasst hat, ist aber nicht | |
| komplett ausgeschlossen. Auch die steigenden Infektionszahlen und mögliche | |
| neue Restriktionen könnten die Demos in Zukunft wieder wachsen lassen. | |
| Damit stellt sich die Frage: Was tun, wenn früher oder später in Stuttgart | |
| oder anderswo wieder Tausende zusammenkommen – und [3][dabei demonstrativ | |
| sämtliche Hygieneregeln missachten?] | |
| Die weitestgehende Forderung erhob am Montag Armin Schuster (CDU). „Solche | |
| Demonstrationen sind eine Gefahr für die Allgemeinheit“, sagte der | |
| innenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion der Rheinischen | |
| Post. Seiner Meinung nach wäre es verhältnismäßig, die Versammlungen „nur | |
| noch unter sehr viel strengeren Auflagen oder gar nicht mehr zu | |
| genehmigen“. | |
| Corona-Demonstrationen verbieten? Viel Zuspruch erhielt Schuster für diese | |
| Maximalforderung am Montag nicht. Gleichwohl häufen sich die Forderungen, | |
| auf Demonstrationen künftig stärker auf die Einhaltung von Hygieneregeln zu | |
| pochen. „Im Zweifel bedeutet das auch, Demonstrationen aufzulösen, wenn die | |
| Auflagen weitflächig nicht eingehalten werden“, so der | |
| FDP-Bundestagsabgeordnete Stephan Thomae. SPD-Chefin Saskia Esken hatte | |
| zuvor schon in der ARD gesagt, die Demonstration vom Samstag „hätte schon | |
| früher aufgelöst werden können“. | |
| ## Ein Seitenhieb in Richtung Berlin | |
| Auch die Bundesregierung schaltete sich am Montag in die Debatte ein. Es | |
| sei Aufgabe der Landesbehörden, darauf zu achten, „dass der | |
| Infektionsschutz gewährleistet ist und dass die Auflagen, die von den | |
| jeweiligen Behörden definiert werden, auch konsequent eingehalten werden“, | |
| sagte ein Sprecher von Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU). | |
| Demonstrationen wie die vom Wochenende seien „eine Gesundheitsgefahr für | |
| uns alle und in dieser Form nicht akzeptabel“. Ein Seitenhieb in Richtung | |
| Berlin also: Die Behörden dort hätten stärker darauf achten sollen, dass | |
| Auflagen auch eingehalten werden. | |
| Eine Auflage für die Corona-Demonstration dort lautete, dass die | |
| Teilnehmer*innen Schutzmasken tragen müssen. Eingehalten hatte diese Regeln | |
| nur ein kleiner Teil der Demonstrant*innen. Die Einsatzkräfte reagierten | |
| zunächst mit Lautsprecherdurchsagen. „Dies mündete aber lediglich in | |
| Unmutsbekundungen“, stellte die Polizei selbst in ihrem Einsatzbericht | |
| fest. Die Demonstrierenden durften trotzdem durch Berlin laufen. Erst | |
| später schritten die Beamt*innen ein, erstatteten Anzeigen gegen zwei | |
| Versammlungsleiter*innen und lösten eine Kundgebung auf. | |
| Der Berliner Senat [4][hält diese Polizeistrategie trotz der Kritik aus dem | |
| Bund weiterhin für richtig]. Die Polizei habe „professionell und angemessen | |
| agiert“ und „nicht zu spät eingegriffen“, sagte ein Sprecher von | |
| Innensenator Andreas Geisel (SPD) auf Anfrage. Im Sinne der Deeskalation | |
| hält man es in der Senatsverwaltung auch für angemessen, dass die Polizei | |
| darauf verzichtet hat, die Kundgebung mit Gewalt aufzulösen. | |
| Demonstrationen per se im Vorfeld zu verbieten, sei rechtlich gar nicht | |
| möglich, wenn es vorab keine Hinweise auf strafbare Aktionen gebe, so der | |
| Sprecher des Innensenators. | |
| 3 Aug 2020 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Coronaproteste-in-Berlin/!5705179 | |
| [2] /Streit-um-Teilnehmerzahlen/!5705203 | |
| [3] /Grossprotest-gegen-Corona-Auflagen/!5705170 | |
| [4] /Reaktionen-auf-Berliner-Corona-Demo/!5699851 | |
| ## AUTOREN | |
| Tobias Schulze | |
| ## TAGS | |
| Schwerpunkt Coronavirus | |
| Abstandsregeln | |
| Hygiene-Demo | |
| Demonstrationen | |
| Schwerpunkt Coronavirus | |
| Schwerpunkt Coronavirus | |
| Verschwörungsmythen und Corona | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Kabarettist Schroeder auf Corona-Demo: Predigen vor Ketzern | |
| Erst ein paar Kabarett-Konserven, dann seine eigene Agenda: Satiriker | |
| Florian Schroeder kontert Corona-Zweifler*innen auf ihrer eigenen Demo. | |
| Proteste gegen Corona-Maßnahmen: Gefährlich ist die Anreise | |
| Wenn Demonstrationen im Freien stattfinden, ist das Infektionsrisiko dort | |
| eher gering. Problematisch sind die Forderungen der TeilnehmerInnen. | |
| Reaktionen auf Coronademo in Berlin: „Gefahr für die Allgemeinheit“ | |
| Nach dem Protest von 20.000 Coronaskeptiker*innen in Berlin äußern | |
| Politiker*innen weiter Unverständnis. Die CDU fordert, solche Demos zu | |
| verbieten. | |
| 20.000 demonstrieren in Berlin: Welle der Corona-Leugnung | |
| So diffus die Proteste gegen die Beschränkungen auch sein mögen: Sie | |
| einfach als durchgeknallt abzutun ist falsch und gefährlich. |