# taz.de -- Proteste gegen Corona-Maßnahmen: Gefährlich ist die Anreise | |
> Wenn Demonstrationen im Freien stattfinden, ist das Infektionsrisiko dort | |
> eher gering. Problematisch sind die Forderungen der TeilnehmerInnen. | |
Bild: Händchen an Händchen: Menschenkette gegen die Pandemie-Politik der Regi… | |
„Wir sind die zweite Welle“, haben die [1][DemonstrantInnen gegen die | |
Corona-Maßnahmen] am Samstag in Berlin gebrüllt – und viele fürchten, dass | |
sie zumindest mit [2][dieser Aussage recht haben], weil sie mit ihrer | |
Großveranstaltung massiv zur weiteren Ausbreitung der Krankheit beigetragen | |
haben. Ob das tatsächlich der Fall ist, ist aber zweifelhaft. | |
Zumindest bei der Teilnahme an der Demonstration oder der Kundgebung selbst | |
dürfte das Ansteckungsrisiko eher gering gewesen sein. Denn diese fanden | |
unter freiem Himmel statt. Und nachdem diverse Studien gezeigt haben, dass | |
Massenansteckungen mit dem Coronavirus vor allem in geschlossenen Räumen | |
stattfinden, sagt auch das Robert-Koch-Institut (RKI) mittlerweile klar: | |
„Übertragungen im Außenbereich kommen insgesamt selten vor.“ | |
Denn anders als zu Beginn der Epidemie angenommen, spielen Aerosole, also | |
feinste Tröpfchen in der Luft, eine wichtige Rolle bei der Übertragung. Und | |
die reichern sich vor allem in geschlossenen Räumen an, vor allem bei | |
Aktivitäten, bei denen intensiver als üblich geatmet wird, etwa beim Singen | |
und Feiern oder beim Sport. | |
Im Freien dagegen werden Aerosole schnell verdünnt. [3][Eine Ansteckung ist | |
dort vor allem dann möglich], wenn man von einem Infizierten ohne Maske | |
direkt angehustet, angeniest oder angeschrien wird. Die dabei freigesetzten | |
größeren Tröpfchen breiten sich aber nur über kurze Entfernungen aus, so | |
dass nur Personen in unmittelbarer Nähe gefährdet sind. | |
Bei der Einschätzung dieses Risikos hilft ein Blick auf die Zahlen: In | |
Deutschland gibt es laut RKI-Zahlen derzeit etwa 8.000 bestätigte aktive | |
Corona-Infektionen. Wenn man davon ausgeht, dass die reale Zahl fünfmal so | |
hoch ist, heißt das, dass ein Infizierter auf 2.000 Menschen kommt. Unter | |
den 20.000 Personen, die am Samstag in Berlin demonstriert haben, wären | |
demnach etwa 10 Infizierte gewesen. (Dass ein Teil der Infizierten zu krank | |
zum Demonstrieren sein dürfte, wird bei dieser Rechnung ebenso ignoriert | |
wie die Tatsache, dass unter den DemoteilnehmerInnen die Infektionsrate | |
höher sein könnte, weil diese im Alltag auf Schutzmaßnahmen wie Masken | |
verzichten.) Die Zahl derjenigen, denen diesen 10 Menschen bei der | |
Veranstaltung direkt ins Gesicht gehustet oder gebrüllt haben, dürfte recht | |
überschaubar sein. | |
Größer ist die Gefahr für jene, die gemeinsam zur Demonstration angereist | |
sind: Wer über mehrere Stunden mit einem Infizierten im gleichen Bus sitzt, | |
dürfte durchaus ein relevantes Ansteckungsrisiko haben, vor allem, wenn | |
dabei keine Masken getragen werden. Ähnliches gilt für volle Züge. | |
Am gefährlichsten sind allerdings [4][die Inhalte, die auf der | |
Demonstration vertreten wurden]. Denn die TeilnehmerInnen wenden sich ja | |
gegen Abstandsregeln und Masken in sämtlichen Situationen – also auch in | |
engen geschlossenen Räumen, wo es, anders als beim Protest auf der Straße, | |
tatsächlich Masseninfektionen gäbe, wenn diese Forderung umgesetzt würde. | |
3 Aug 2020 | |
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## AUTOREN | |
Malte Kreutzfeldt | |
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