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# taz.de -- Doku über rechten Terror: Vermeintliche Einzeltäter
> Die Macher von „Der Terror der einsamen Wölfe“ hinterfragen die These des
> rechtsextremen Einzeltäters. Denn hinter ihnen steht eine Szene.
Bild: Antifeminismus und militante Maskulinität sind zentrale Motive der recht…
Die eine Tat wirkt wie das Vorbild für die nächsten Taten. Es geht um
[1][das Massaker in Christchurch], den Angriff auf [2][Menschen mit
Migrationsgeschichte in El Paso] und den [3][Anschlag auf die Synagoge in
Halle].
Die weltweiten Terrorakte der vermeintlichen „lone wolfs“, der „einsamen
Wölfe“, Männer, die weiß und jung sind, forderten allein im Jahr 2019
insgesamt 77 Todesopfer. In der ARD-Reihe „Die Story im Ersten“ gehen
Christian Bergmann und Florian Barth dem „Terror der einsamen Wölfe“ nach,
um zu zeigen, „wie Einzelgänger zu rechten Attentätern werden“. Die
anfänglichen schnellen Bildschnitte erzeugen dabei eine dramatische
Dynamik: Der Terror ist da, allgegenwärtig, international und
unberechenbar. Die Botschaft stimmt. Die Bildschnitte sollen wohl auch das
Publikum mitreißen, damit Zuschauer:innen nicht einfach weiterzappen.
Die Täter, um die es hier geht, suchen mit Livestreams ihrer Taten eine
globale Öffentlichkeit. In den ersten Minuten des ARD-Films wird deutlich,
dass die Journalisten Bergmann und Barth nicht Gefahr laufen, den Tätern
diese Aufmerksamkeit zu bieten. Denn Florian Hartleb, Experte im Bereich
Rechtsextremismus, ordnet den Kontext der Täter und ihrer Taten gleich ein.
Auch die Eltern des 2016 beim Anschlag am Olympia-Einkaufszentrum in
München getöteten Can Leyla, Hasan und Sibel Leyla, kommen zu Wort. Sie
sind nicht die einzigen Betroffenen, die auch die Sicherheitsbehörden
hinterfragen. Die Perspektiven der Täter werden bis zum Schluss reflektiert
und nicht präsentiert.
Experte Hartleb führt aus, dass diese „einzelnen Wölfe“ nur die Tat allein
verübten, jedoch aus „ideologischen Rudeln“ kämen. Dieser neue Tätertyp …
Bereich Rechtsextremismus ist zudem dadurch charakterisiert, dass Anschläge
im Internet vorbereitet werden und dort auch eine internationale Vernetzung
mit Gleichgesinnten stattfindet. Die Täter bewegen sich in einer
Online-Community, die geprägt ist von einer zynischen Internet-Subkultur –
und die verbunden ist mit der Gamer-Szene.
## Die Mitte ist nicht immun
Die [4][sogenannte Gamification des Terrors] wird längst gezielt von
rechten Gruppen vorangetrieben. Von den USA über Island bis nach Russland
skizzieren die Journalisten nicht bloß Netzwerke. Sie zeigen zudem auf,
dass Ermittler in den Fällen Halle und München digitale Spuren der
vermeintlichen einzelnen Wölfe zu ihrem Rudel nicht verfolgten: Spuren, die
vielleicht Folgetaten hätten verhindern können. Drei Jahre brauchte die
bayerische Staatsregierung, um das rechtsextreme Tatmotiv im Fall von
München anzuerkennen. Vater Hasan Leyla kommentiert das in einem der
emotionalsten Momente der Dokumentation auf bittere Weise.
Den Filmemachern gelang es auch, zwei Aussteiger aus der Internetszene vor
die Kamera zu bekommen. Die bringen aber nur Klischees heraus: Gemeinschaft
und Anerkennung hätten sie gesucht. Dies erklärt aber nicht, warum sie sich
in das rechtsextreme Milieu im digitalen Raum begeben haben. Ist es einfach
zufällig beim Surfen passiert oder liegt es doch daran, dass bei ihnen
bestimmte Ressentiments bereits latent vorhanden waren? Der radikale
Antifeminismus und die militante Maskulinität werden als zentrale Motive
dieser Szene wenig betont. Für die Radikalisierung sind sie gemeinsam mit
einem extremen Antisemitismus äußerst relevant.
Einer der Aussteiger berichtet, erst durch einen Verwandten zur
rechtsextremen Ideologie gekommen zu sein. Der analoge Raum blitzt als
politisierender Ort auf. Den gesellschaftlichen Kontext zwischen Digital
und Analog leuchten die Journalisten jedoch wenig aus. Wenn diese Räume
aber getrennt gedacht werden, entlastet das die „politische Mitte“, die
sich selbst als solche vorstellt.
Miro Dittrich, Experte für Rechtsextremismus im Netz, betont indes, dass
die Täter getrieben sind von der [5][Vorstellung, dass eine weiße Welt
männlicher Prägung untergeht]. Eine Idee, gegen die jene „Mitte“ nicht
immunisiert ist.
3 Aug 2020
## LINKS
[1] /Ein-Jahr-nach-dem-Christchurch-Anschlag/!5674343/
[2] /Massaker-in-El-Paso/!5610835/
[3] /Prozess-zum-Anschlag-in-Halle/!5699441/
[4] /Gamification-und-der-Anschlag-von-Halle/!5632766/
[5] /Vordenker-des-Rechtsextremismus/!5408777/
## AUTOREN
Andreas Speit
## TAGS
Schwerpunkt Rechter Terror
Das Erste
öffentlich-rechtliches Fernsehen
TV-Krimi
Hamburg
Rechtsextremismus
Australien
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Schwerpunkt Rechter Terror
Games
Rechtsradikalismus
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