# taz.de -- Internationales Projekt in Frankreich: Montage von Fusionsreaktor b… | |
> Der Fusionsreaktor in Frankreich geht in seine nächste Bauphase. Die | |
> Kritik am größten internationalen Technologievorhaben von 35 Staaten | |
> bleibt. | |
Bild: Ewige Baustelle Kernfusion: Fusionsreaktor Iter geht in seine nächste Ba… | |
Paris taz | Für das internationale Kernfusionsprojekt Iter beginnt eine | |
neue und entscheidende Etappe. Die wichtigsten Bestandteile sind aus aller | |
Welt an den Standort im südfranzösischen Durance-Tal geschafft worden. | |
Jetzt müssen die Komponenten in den kommenden Monaten zusammengebaut | |
werden. Am Ende soll ein Reaktor entstehen, der aus der Fusion der | |
Wasserstoffisotopen Deuterium und Tritium mehr Energie liefert, als er | |
selbst für die Reaktion benötigt. | |
Seit Jahrzehnten träumen WissenschaftlerInnen von dieser Art der | |
[1][Energiegewinnung]. Iter muss den Beweis liefern, dass es nicht bloß | |
eine überstiegene Illusion ist. Wenn alles plangemäß verläuft, könnte auf | |
dieser Anlage bei Cadarache frühestens ab 2025 Deuterium-Tritium-Plasma | |
gezündet werden. Freilich gab es in der Vergangenheit bereits Verzögerungen | |
im Zeitplan und erheblich mehr Kosten als ursprünglich geplant. | |
Eigentlich sollten zu Beginn der Montagearbeiten Staatspräsident Emmanuel | |
Macron und verschiedene Staats- und Regierungschefs zugegen sein. An dem | |
bisher größten internationalen Technologievorhaben sind 35 Staaten | |
beteiligt, die der EU, die USA, Russland, China, Indien, Korea, Japan und | |
die Schweiz. Wegen Corona findet die Zeremonie am Dienstag virtuell per | |
Videokonferenz statt. | |
Die riesige Baustelle mit einer reduzierten Zahl von Beschäftigten aus | |
aller Welt macht seit Wochen auch besondere Vorsichtsmaßnahmen notwendig. | |
Trotzdem sind die wichtigsten Teile nun vor Ort. Riesige Magnetspulen und | |
Vakuumgefäße wurden dazu zunächst auf dem Seeweg aus Asien hergebracht und | |
dann in Sondertransporten auf der Straße angeliefert. | |
## Grüne warnen vor horrenden Summen | |
„Wir kommen in die Phase des ultimativen Experiments, mit Iter steht und | |
fällt alles in Sachen Kernfusionsenergie“, sagt Pressesprecherin Sabina | |
Griffith. Iter steht für International Thermonuclear Experimental Reactor. | |
Die Kosten belaufen sich auf 20 Milliarden Euro, industriell soll | |
Elektrizität mit dem Reaktor aber noch nicht produziert werden. Das soll | |
bei einem Erfolg von Iter ab 2035 im nächsten Schritt erfolgen. | |
Die [2][grüne Bundestagsfraktion warnte] Ende 2019: „Iter verfehlt ein Ziel | |
nach dem anderen und wird bestenfalls noch einen Bruchteil der ursprünglich | |
für essenziell gehaltenen Erkenntnisse liefern – und selbst das viel zu | |
spät.“ Es werde immer klarer, dass Kernfusion für die notwendige | |
Energieversorgung der Zukunft viel zu spät komme, wenn sie überhaupt | |
erfolgreich sein sollte. Es sei unverantwortlich, dass die EU und mit ihr | |
Deutschland horrende Summen in Kernfusionsforschung investiere, obwohl | |
erwiesen sei, dass das Hauptprojekt Iter krachend scheitere. | |
Laut Bundesregierung förderte die EU die Atomforschung von 2014 bis 2020 | |
insgesamt mit rund 5 Milliarden Euro, darunter allein 2,7 Milliarden für | |
den [3][Fusionsreaktor Iter]. Für den EU-Haushalt ab 2021 will die | |
EU-Kommission die Gelder für das Iter-Projekt auf 6 Milliarden Euro bis | |
2027 verdoppeln. Die Verhandlungen sind allerdings noch nicht | |
abgeschlossen. | |
28 Jul 2020 | |
## LINKS | |
[1] /Der-Traum-von-der-Kernfusion/!5048689 | |
[2] https://www.gruene-bundestag.de/themen/atomausstieg/verzoegerungen-kostenst… | |
[3] /Ewiger-Forschertraum-Kernfusion/!5121260 | |
## AUTOREN | |
Rudolf Balmer | |
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