# taz.de -- Hamburg schafft Bürgerbeteiligung ab: Die einzige grüne Kröte | |
> Mit den Deputationen hatte Hamburgs Zivilgesellschaft einen Fuß in der | |
> Tür der Machtapparate. Rot-Grün will diese Kontrolle einschränken. | |
Bild: Deputationen sind 400 Jahre älter als das Hamburger Rathaus, nun sollen … | |
HAMBURG taz | Ausgerechnet die Grünen wollen [1][mit den Deputationen eine | |
500 Jahre alte Beteiligungsinstitution abschaffen]. Es ist, so hört man aus | |
der SPD, die einzige grüne Kröte, die sie für diese Koalition schlucken | |
musste. | |
Oha. Grüne schaffen Kontrolle der Mächtigen ab? Eine Institution, die einst | |
die Bürger dem Adel abtrotzten. Das scheint paradox und war auch nicht im | |
Wahlkampf zu hören. Gruselig, wenn nun SPD und Grüne ihre | |
Zweidrittelmehrheit mit 87 von 123 Stimmen gleich in der ersten Sitzung | |
nutzen, um für diese grüne „Kröte“ die Verfassung zu ändern. Mehrheit | |
allein entbindet Rot-Grün nicht, sich zu erklären. | |
Liest man einen uralten Grünen-Antrag von 2013, erhellt sich ein wenig die | |
Motivation. Die Deputationen seien vertraulich und damit nicht transparent. | |
Für alle Behörden ließen sich ohne sie ein paar Hunderttausend Euro | |
Sitzungskosten und Kopiergeld sparen. Das, was bisher in „Depus“ | |
entschieden wurde – etwa Richtlinien und Bildungspläne – sollte „auf and… | |
Gremien“ unterhalb des Parlaments übergehen. Das Parlament selber sollte | |
den übrigen Kuchen bekommen, also das Recht, neue Amtsleiter vor Bestellung | |
ins Gebet zu nehmen, und mehr Akten zu lesen. | |
Die Vorschläge lesen sich, als seien sie aus der Feder leidgeprüfter | |
mittlerer grüner Funktionäre, die viele langweilige Depu-Sitzungen | |
ertrugen. Nur: in dem Antrag von gestern steht von diesen Ideen nichts | |
mehr. Und es mehren sich die Stimmen, denen die 500 Jahre alte Tradition | |
lieber ist als nichts. | |
## Behördenchefs können durchregieren | |
Die nun versprochene Transparenz ersetzt nicht dieses Beteiligungsformat – | |
zumal nur „bestimmte Informationen“ zugänglich sein sollen, sofern dem | |
nicht „öffentliche Belange, Rechte Dritter oder gesetzliche Vorschriften“ | |
entgegen stünden. Näheres regele ein Gesetz. | |
Das heißt im schlimmsten Fall: Die Behördenchefs regieren durch, erlassen | |
Verordnungen, schließen Schulen wie sie wollen, ohne dass ihnen dieses | |
Bürgergremium eine Rechtfertigung abverlangt. Und kritische Entscheidungen | |
sickern nicht mehr frühzeitig an die Öffentlichkeit durch. Mit den „Depus“ | |
hatte die Zivilgesellschaft einen Fuß in der Tür. Knallt die zu, können die | |
Machtapparate agieren, wie sie wollen. | |
26 Jun 2020 | |
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[1] /Rot-Gruen-beschneidet-Buergerbeteiligung/!5691350 | |
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