# taz.de -- GroKo-Kritiker über K-Frage der SPD: „Viele, die Kanzler können… | |
> Kanzlerkandidat Olaf Scholz? Das sei noch nicht entschieden, sagt der | |
> nordrhein-westfälische SPD-Landtagsfraktionschef Thomas Kutschaty. | |
Bild: Hat gut lachen: Olaf Scholz hat gute Karten, zum SPD-Kanzlerkandidaten ge… | |
taz: Herr Kutschaty, wie es heißt, veranstalten Norbert Walter-Borjans und | |
Saskia Esken derzeit eine Art Speeddating mit wichtigen SPD-Funktionären, | |
um herauszubekommen, wie die Stimmung in Ihrer Partei in Sachen | |
Kanzlerkandidatur ist. Haben sie auch schon mit Ihnen gesprochen? | |
Thomas Kutschaty: Ja, ich bin im regelmäßigen Austausch mit beiden und habe | |
mich erst kürzlich mit ihnen wieder getroffen. | |
Hinter den Kulissen soll bereits feststehen, dass die beiden | |
SPD-Vorsitzenden ihren einstigen Konkurrenten Olaf Scholz vorschlagen | |
werden. Was halten Sie davon? | |
Den Eindruck habe ich bislang nicht gewonnen. Olaf Scholz ist sicherlich | |
einer, den die beiden mit auf ihrer Liste haben. Aber dass die Entscheidung | |
schon gefallen wäre, sehe ich nicht. Dafür ist es noch zu früh. Im Herbst | |
werden die Parteivorsitzenden ihren Personalvorschlag für die | |
Kanzlerkandidatur unterbreiten. Ich bin überzeugt davon, dass sie einen | |
guten Vorschlag machen werden. | |
In einer aktuellen Befragung unter SPD-Mitgliedern kommt Olaf Scholz auf | |
Spitzenwerte, während Walter-Borjans und Esken katastrophal abschneiden. | |
Was machen die beiden falsch? | |
Ich glaube nicht, dass sie etwas falsch machen. Allerdings befinden wir uns | |
gerade in einer Phase, in der stark die Exekutive gefragt ist. Wie geht die | |
Bundesregierung, wie gehen die einzelnen Landesregierungen mit der | |
Coronakrise um? Das sind die derzeit alles dominierenden Fragen. Da stehen | |
die Regierungsmitglieder im Fokus, Norbert Walter-Borjans und Saskia Esken | |
gehören als Personen jedoch keiner Regierung an. Wer sich aber die | |
Verhandlungen zum Konjunkturpaket angeschaut hat, der hat sehen können, wie | |
groß der Einfluss der Parteivorsitzenden im Koalitionsausschuss gewesen | |
ist. Aus meiner Sicht machen die beiden einen guten Job. | |
Sie galten vor der Coronakrise noch [1][als scharfer Scholz-Kritiker], sind | |
Sie nun auch zu einem seiner Fans geworden? | |
Ich habe im Augenblick überhaupt keinen Anlass, Olaf Scholz zu kritisieren, | |
weil er wirklich gerade eine gute Arbeit macht als Finanzminister. Das ganz | |
maßgeblich von ihm und seinem Haus erarbeitete Konjunkturpaket finde ich | |
gut. Was soll ich da kritisieren? | |
Sehen Sie noch eine mögliche Alternative zu Olaf Scholz als | |
Kanzlerkandidat? | |
Wir haben in der SPD mehrere Kandidatinnen und Kandidaten, die sicherlich | |
auch Kanzler können. Insofern ist das schon ein spannender Auswahlprozess, | |
der da stattfindet. | |
Sie haben im vergangenen Jahr noch gefordert, sofort die GroKo zu beenden. | |
Sind Sie eigentlich angesichts der Corona-Pandemie froh, dass es nicht dazu | |
gekommen ist? | |
Ich wäre froh gewesen, wir wären nie in diese Groko gegangen. Aber ein Jahr | |
vor der regulären Bundestagswahl und in Zeiten der Corona-Pandemie ist | |
jetzt nicht mehr der Zeitpunkt, um angemessen darüber weiter zu | |
diskutieren. | |
Walter-Borjans, Esken und auch Kevin Kühnert haben bei ihrer Kandidatur für | |
die SPD-Spitze versprochen, dass es keine Fortsetzung der GroKo nach der | |
Bundestagswahl geben wird. Inzwischen hört man davon nicht mehr allzu viel. | |
Wie sehen Sie das? | |
Es waren nicht nur die drei von Ihnen Genannten. Meiner Erinnerung nach hat | |
auch Olaf Scholz gesagt, dass es keine weitere GroKo geben wird. An meiner | |
Auffassung hat sich nichts geändert. Koalitionen zwischen zwei | |
Volksparteien dürfen immer nur die absolute Ausnahmesituation sein. Wenn | |
das zur Gewohnheit wird, tut das einer Demokratie auf Dauer nicht gut. | |
Deswegen bleibt mein Ziel, nicht wieder mit der Union zu regieren. | |
Die Stimmen aus der Berliner Parteiführung klingen da nicht mehr so | |
entschlossen. | |
Das liegt vielleicht daran, dass angesichts der Coronakrise jetzt auch | |
nicht unbedingt der richtige Zeitpunkt ist, laut über | |
Koalitionskonstellationen nach der nächsten Bundestagswahl nachzudenken. | |
Schenkt man den Umfragen Glauben, sieht es für Ihre Partei ziemlich düster | |
aus. Erwarten Sie, dass sich die Stimmungslage bis zu Bundestagswahl noch | |
einmal ändern wird? | |
Ich glaube schon. Die Coronakrise macht sehr deutlich, dass es nicht | |
einfach nur um eine Rückkehr zur alten „Normalität“ gehen kann, wie das so | |
viele Unionspolitiker fordern. Wir brauchen vielmehr einen sozialen | |
Neustart in diesem Land. Aus dem Applaus auf den Balkonen für die | |
Altenpfleger und Krankenschwestern müssen wirklich strukturelle | |
Verbesserungen in deren Arbeitsleben folgen. Wir müssen den Sozialbereich | |
stärken. Immer mehr Leute erkennen, wer die wahren Leistungsträgerinnen und | |
Leistungsträger in unserer Gesellschaft sind. Und das ist gut so. Wenn ich | |
mir dann anschaue, welche Partei da die besten Angebote hat, dann ist das | |
die Sozialdemokratie. Wir setzen uns für vernünftige Arbeitsbedingungen da | |
ein, und eben nicht die Union. Deswegen bin ich durchaus optimistisch, dass | |
sich die Stimmungslage deutlich zugunsten der SPD verbessern wird. | |
Da hätte die SPD aber gerade in ihrer einstigen Hochburg | |
Nordrhein-Westfalen noch einiges aufzuholen. | |
Natürlich stellen mich die Umfragewerte für Nordrhein-Westfalen in keiner | |
Weise zufrieden. Wir sehen aber auch, dass gerade die Beliebtheitswerte | |
Armin Laschets rasant in den Keller gehen. Ich kann mich an keinen anderen | |
Ministerpräsidenten erinnern, der innerhalb weniger Wochen einen solch | |
hohen Zustimmungsverlust hinnehmen musste. Es ist offenkundig, dass er | |
nicht in der Lage ist, erfolgreich in der Coronakrise zu agieren. Das | |
bleibt auch den Wählerinnen und Wählern nicht verborgen. Also warten wir’s | |
mal ab. | |
22 Jun 2020 | |
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## AUTOREN | |
Pascal Beucker | |
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