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# taz.de -- Deutsche Schuldenpolitik: Gefährliches Versprechen
> Finanzminister Olaf Scholz verspricht, der Staat werde neu aufgenommene
> Schulden zurückzahlen. Doch das würde in eine Wirtschaftsflaute führen.
Bild: Mit Wumms in die Schulden: Bundesfinanzminister Olaf Scholz
Die Summen sind gigantisch, die Finanzminister Olaf Scholz mit seiner
„Bazooka“ in die deutsche Wirtschaft schießt, um die Coronakrise zu
bewältigen. Allein im Jahr 2020 rutscht der Bundeshaushalt mit 218,5
Milliarden Euro ins Minus.
Es ist richtig, mit der [1][Finanz-Bazooka] zu ballern, um die Konjunktur
zu stabilisieren. Trotzdem ist eine Idee des Finanzministers extrem
gefährlich: Scholz verspricht, die [2][staatlichen Coronaschulden] in den
nächsten zwanzig Jahren wieder zurückzuzahlen.
Auf den ersten Blick mag es zwar einleuchtend klingen, dass der Staat seine
Schulden tilgt. Wenn eine Familie eine Hypothek aufnimmt, um ein Haus zu
kaufen, muss sie diesen Kredit schließlich auch abstottern. Dennoch wäre es
fatal, den Staat mit seinen Bürgern zu vergleichen.
Es würde eine schwere Wirtschaftskrise drohen, wenn die Bundesregierung
tatsächlich anfinge, ihre Schulden zurückzuzahlen. Denn der deutsche Staat
könnte seine Kredite nur tilgen, wenn er die Steuern erhöht. Doch sobald
die Bürger mehr Geld ans Finanzamt abführen müssten, hätten sie weniger
Mittel, um zu konsumieren. Die Nachfrage würde einbrechen, was dann in eine
Wirtschaftsflaute führte. Die Coronakrise würde sich endlos verlängern. Es
wäre auch keine Lösung, wenn der Staat versuchen würde, bei seinen eigenen
Ausgaben zu kürzen, und beispielsweise beim Straßenbau sparte. Denn wieder
würden Betriebe und Arbeitnehmer dadurch Einkommen verlieren, mit einer
Wirtschaftsflaute als Resultat.
Staaten sind eben keine normalen Bürger. Sie zahlen ihre Schulden nicht
zurück, sondern setzen darauf, dass die Kredite langsam bedeutungslos
werden – indem die Wirtschaft wieder wächst.
Dieser Trick funktioniert bestens, wie bereits die [3][Finanz- und die
Eurokrise] gezeigt haben. Zwischen 2008 und 2012 musste der deutsche Staat
ebenfalls viel Geld in die Wirtschaft und die Banken pumpen. In der Folge
stiegen die deutschen Staatsschulden um knapp 500 Milliarden Euro und lagen
2012 bei mehr als 2 Billionen Euro, was 80 Prozent der deutschen
Wirtschaftsleistung entsprach. Doch danach ereignete sich ein „Sparwunder“:
2019 entsprachen die deutschen Staatsschulden nur noch 59 Prozent der
Wirtschaftsleistung – obwohl der deutsche Staat in Wahrheit fast gar nicht
gespart hatte. Von 2012 bis 2019 waren die Schulden nur um minimale 15
Milliarden Euro gesunken. Da aber die deutsche Wirtschaft unterdessen
deutlich gewachsen war, machten die immer gleichen Schulden plötzlich nur
59 Prozent der Wirtschaftsleistung aus.
Ein Staat wächst aus seinen Schulden heraus, statt sie zurückzuzahlen. Dies
muss jetzt nur noch Finanzminister Scholz verstehen.
17 Jun 2020
## LINKS
[1] /Volkswirt-zum-Konjunkturprogramm/!5688534
[2] /Koalitionsausschuss-zur-Coronakrise/!5690533
[3] /Corona-Wirtschaftshilfen-in-Europa/!5674590
## AUTOREN
Ulrike Herrmann
## TAGS
Olaf Scholz
Konjunkturprogramm
Eurokrise
Schwerpunkt Coronavirus
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