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# taz.de -- DPolG-Chef mit rechter Vergangenheit: Mitgliedsnummer 11
> Der Polizist und Gewerkschafter Bodo Pfalzgraf gehörte Anfang der
> Neunziger Jahre einem Bildungswerk an, das zu einer rechtsextremen
> Tarnorganisation wurde.
Bild: Eine ganz besondere Nummer: Berlins DPolG-Chef Bodo Pfalzgraf
Berlin taz | Während aktuell immer neue extrem rechte Drohungen gegen
öffentliche Personen mithilfe von Polizeidaten auffliegen, verdichten sich
Hinweise auf die doch recht gefestigte rechte Vergangenheit eines
prominenten Berliner Polizisten. So sind der taz neue Details über die
rechtsextreme Vergangenheit des Vorsitzenden der Deutschen
Polizeigewerkschaft (DPolG) in Berlin, Bodo Pfalzgraf, bekannt geworden.
Ein antifaschistisches Recherche-Kollektiv sowie eine Gruppe namens „Gegen
die Alternative für Deutschland“ belegen anhand einer Mitgliedsliste, dass
Pfalzgraf in den Neunzigern innerhalb rechter Kreise umfassend vernetzt und
über seine bereits bekannte Mitgliedschaft und Kandidatur bei den
Republikanern hinaus Mitglied des Hoffmann-von-Fallersleben-Bildungswerks
war. Dieses Bildungswerk wurde zu einer vom Verfassungsschutz beobachteten
rechtsextremen Tarnorganisation. Entsprechende Vereine und
Protagonist:innen gaben und hörten dort Vorträge.
Auf taz-Anfrage vor gut zwei Wochen argumentierte Pfalzgraf noch, dass er
aufgrund von Radikalisierungstendenzen innerhalb der Partei nach etwa zwei
Jahren im Oktober 1991 bei den Republikanern wieder ausgetreten sei. Eine
[1][Mitgliedsliste des Vereins „Hoffmann-von-Fallersleben-Bildungswerks“]
belegt, dass er Gründungsmitglied in dem Verein war, den der
Verfassungsschutz später als „Tarnorganisation für Veranstaltungen von
Rechtsextremisten und Neonationalsozialisten“ bezeichnete.
So findet sich der Name Bodo Pfalzgraf auf einer Mitgliedsliste des
Vereins, auf der er als Mitglied Nr. 11 geführt wird. Der Verein sollte
wohl zunächst als parteinahe Stiftung der Republikaner dienen, wurde aber
tatsächlich zu einem Vehikel für die ideologische Schulung rechter Kader
und Neonazis. Wie lange Pfalzgraf in dem Verein noch vertreten war und wie
er heute dazu steht, wollte er auf taz-Nachfrage nicht beantworten. Am
Telefon teilt er auch im Namen der DPolG mit: „Wir sehen keine
Veranlassung, darauf zu antworten.“
## Who's who der Nazi-Szene
Die Liste der Vereinsmitglieder von 1992 liest sich jedenfalls wie ein
Who’s who der organisierten Neonazi-Szene der neunziger Jahre in Berlin: Zu
finden sind dort etwa Leute wie [2][Frank Schwerdt], Mitgliedsnummer 14,
späterer NPD-Vorsitzender in Thüringen mit Kontakten ins NSU-Umfeld, oder
[3][Rudolf Kendzia], Mitgliedsnummer 7, ein damals bereits altgedienter
NPDler, der später den rechtsextremen Verein „Deutsche Liga für Volk und
Heimat“ gründete.
Aber es findet sich auch der Name [4][Matthias Bath], der heute aktives
Mitglied in der AfD Berlin ist, bis zum letzten Jahr noch deren
Vorsitzender in Reinickendorf war und laut seiner Wikipedia-Seite in Berlin
als Staatsanwalt arbeitet.
Und so verwundert es auch nicht, dass das sogenannte Bildungswerk zu einer
rechtsextremen Tarnorganisation wurde: Extrem rechte Vereine wie die
Deutsche Liga für Volk und Heimat, eine Art Sammelbecken für rechte
Parteien wie DVU, NPD und auch Republikaner, sollen nach [5][Recherchen des
Antifa-Infoblatts] unter derselben Adresse firmiert haben. Später sollen
sich das Bildungswerk, der rechtsextreme Verein Die Nationalen und gar die
extrem rechte Skinhead-Organisation Hammerskins ein Postfach geteilt haben.
## Mitglied im Personalrat
Die rechte Vergangenheit Pfalzgrafs war wieder aufgeploppt, nachdem ein
Tweet mit AfD-Sound vom [6][Twitter-Account der DPolG Berlin] viral
gegangen war. Bereits 2015 war Pfalzgrafs rechte Vergangenheit kurz Thema
gewesen, wurde aber nicht zuletzt vom DPolG-Bundesvorsitzenden Rainer Wendt
abgebügelt. Pfalzgraf habe sich Anfang der Neunziger mal kurz verlaufen,
sagte Wendt damals dem Tagesspiegel. Auch danach blieb Pfalzgraf kein
einfacher Polizist: Er ist bis heute Personalratsmitglied der Polizei
Berlin und Landesvorsitzender der DPolG Berlin.
Die Berliner Grünen-Fraktion hatte nach dem Tweet eine Anfrage zur
Vergangenheit Pfalzgrafs gestellt und eine gewisse Kontinuität in dessen
Weltanschauung vermutet. In dem Tweet hatte die DPolG vor der großen
Black-Lives-Matter-Demo geschrieben: „Die Aggressivität der Berufsempörer &
gewaltbereiten Krawallmacher der Polizei gegenüber hat einen neuen
Höhepunkt erreicht. Kommt alle gesund wieder nach Hause! #DPolG
#Polizeifamilie #JedesLebenzählt.“ Das Hashtag #Jedeslebenzählt wird von
Rechten benutzt, um die Black-Lives-Matter-Bewegung zu diskreditieren.
Der Senat und die Polizei Berlin kritisierten den Tweet. Dessen Wortlaut
sei zwar disziplinarisch nicht relevant, aber in der Lage, Zweifel an der
Diensttauglichkeit der dahinterstehenden Polizist:innen zu nähren. Die
DPolG ist mit 100.000 Mitgliedern nach der Gewerkschaft der Polizei (GdP)
die zweitgrößte Polizeigewerkschaft Deutschlands (etwa 190.000 Mitglieder).
Insgesamt gibt es in Deutschland 320.000 Polizist:innen.
Vor zwei Wochen hatte Pfalzgraf noch mit Blick auf seine Zeit bei den REPs
geltend gemacht, dass er nur zwei Jahre dort gewesen sei. Er habe damals in
der Partei die „Werte der freiheitlich demokratischen Grundordnung auf
wertkonservative Weise stärken wollen“. Auch habe die Partei damals auf dem
Boden der Verfassung gestanden, so Pfalzgraf per Mail: „Letztlich gaben
dennoch von mir nicht mehr beeinflussbare bzw. hinnehmbare
Radikalisierungstendenzen den Anlass für meinen Austritt am 7.10.1991,
womit mein aktives Eintreten für diesen Rechtsstaat ausreichend
dokumentiert sein dürfte.“ Zudem sei er vor der Beobachtung durch den
Berliner Verfassungsschutz ab 1992 Mitglied gewesen.
Dass rechte Parteien nicht erst dann problematisch sind, wenn sie vom
Verfassungsschutz beobachtet werden, gilt aber nicht erst seit der AfD:
Parteivater Franz Schönhuber wollte die Republikaner schon 1985 nach dem
Vorbild des französischen Front National nach rechts rücken. Danach hatte
die Partei vor allem Zulauf aus radikalnationalistischen Kreisen. In NRW
wurden die REPs bereits 1989 vom Verfassungsschutz beobachtet, in Hamburg
kurz danach. Im Rest der BRD wurde dies zum Zeitpunkt des Eintritts von
Pfalzgraf geprüft.
Die Berliner Polizei antwortete auf eine taz-Anfrage zu den neuen Vorwürfen
gegen Pfalzgraf bisher nicht.
Korrektur und Ergänzung: In einer früheren Fassung des Artikels hieß es,
dass Pfalzgraf jahrelang dem Bildungswerk angehörte. Das war falsch.
Mittlerweile hat Pfalzgraf gegenüber der taz erklärt, dass er zeitnah mit
seinem Austritt bei den Republikanern im Oktober 1991 auch im
Hoffmann-von-Fallersleben-Bildungswerk ausgetreten ist.
In einer früheren Fassung hieß es weiter, dass die zitierte Liste aus dem
Jahr 1992 stammt. Die der taz vorliegende Mitgliedsliste dürfte tatsächlich
aber eine Liste der Gründungsmitglieder des Vereins aus dem Jahre 1990
sein, von der erst 1992 eine Abschrift hergestellt worden ist, ohne dass
sie tatsächlich auch aktualisiert wurde und die 1992 noch tatsächlich
existierenden Mitglieder wiedergegeben hat. Der Polizeigewerkschafter
räumte in einem Anwaltsschreiben an die taz ein, dass seine Mitgliedschaft
in dem Bildungswerk „aus heutiger Sicht ein Fehler“ gewesen sei.
20 Jul 2020
## LINKS
[1] https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Hoffmann-von-Fallersleben_Bildungsw…
[2] https://www.youtube.com/watch?v=WfIMDLZEFFE
[3] https://de.wikipedia.org/wiki/Rudolf_Kendzia
[4] https://de.wikipedia.org/wiki/Matthias_Bath
[5] https://www.antifainfoblatt.de/artikel/bodo-pfalzgraf-eine-rechte-karriere#…
[6] /Kritik-an-Berliner-Polizeigewerkschaft/!5693685/
## AUTOREN
Gareth Joswig
## TAGS
Deutsche Polizeigewerkschaft DPolG
Republikaner
Rechtsextremismus
Polizei Berlin
Schwerpunkt Rassismus
Horst Seehofer
Polizei Berlin
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