# taz.de -- Kritik an Berliner Polizeigewerkschaft: Ein Tweet sagt mehr als 1.0… | |
> Die Deutsche Polizeigewerkschaft twittert sich mit rechter Rhetorik vor | |
> einer Demo ins Abseits. Ihr Vorsitzender war mal bei den Republikanern. | |
Bild: Empört sich gerne: Bodo Pfalzgraf, Vorsitzender der Deutschen Polizeigew… | |
Berlin taz | Der Berliner Senat zweifelt offenbar an der Integrität | |
einzelner Polizeibeamter, die im Auftrag der Deutschen Polizeigewerkschaft | |
Berlin (DPolG) twittern. Das geht aus der Antwort auf eine schriftliche | |
Anfrage der Grünen June Tomiak an die rot-rot-grüne Landesregierung hervor, | |
die der taz vorliegt. Sie trägt den Titel „Rechtsextremisten bei der | |
DPolG“. Darin verurteilt der Senat einen [1][Tweet], der vom Account der | |
Polizeigewerkschaft abgesetzt wurde. DPolG-Landesvorsitzender Bodo | |
Pfalzgraf sagte der taz, dass der Account von Ehrenamtlichen im Auftrag des | |
Vorstands bestückt werde. | |
Anlass für Tomiaks Nachfrage war ein Twitter-Beitrag, der vor Beginn der | |
[2][Black-Lives-Matter-Demo am 6. Juni] veröffentlicht wurde. Wörtlich hieß | |
es darin: „Liebe Kolleginnen & Kollegen, passt bitte heute gut auf euch | |
auf! Die Aggressivität der Berufsempörer & gewaltbereiten Krawallmacher der | |
Polizei gegenüber hat einen neuen Höhepunkt erreicht. Kommt alle gesund | |
wieder nach Hause! #DPolG #Polizeifamilie #JedesLebenzählt“. | |
Mit dem AfD-Sound vorverurteilte die Polizeigewerkschaft nicht nur | |
Zehntausende gegen Rassismus und Polizeigewalt demonstrierende Menschen. | |
Sie teilte auch das von rechten Gruppen benutzte Hashtag #Jedeslebenzählt, | |
mit dem von rechts gegen die aus den USA stammende | |
Black-Lives-Matter-Bewegung mobilisiert wird. | |
Laut Senat kann das Posting durch die Verwendung des Hashtags | |
#Jedeslebenzählt „durchaus Anhaltspunkt für Zweifel an der Einhaltung der | |
allen Beamtinnen und Beamten obliegenden Grundpflichten wie der | |
Verfassungstreue- oder der Wohlverhaltenspflicht sein“. Allerdings stelle | |
der Tweet allein noch keinen Verstoß dar. Namentlich zugeordnet wurde der | |
Beitrag keinem Funktionär der DPolG. Weitere Tweets dieses Tages waren | |
allerdings klar dem Landesvorsitzenden Bodo Pfalzgraf zugeschrieben. | |
## Pfalzgraf ist Ex-Republikaner | |
Auch das warf durchaus Fragen auf: Der nach eigenen Angaben seit 41 Jahren | |
im Polizeidienst befindliche Pfalzgraf ist ein ehemaliges Mitglied der | |
extrem rechten Republikaner. Er fand sich [3][1990 auf deren Wahllisten]. | |
Die Partei wurde seit 1992 vom Verfassungsschutz beobachtet. Auch darum | |
ging es in der Anfrage. Es sei dem Senat schon länger bekannt, dass | |
Pfalzgraf Mitglied gewesen sei – allerdings sei er erst nach Beginn seines | |
Polizeidienstes dort eingetreten. Weitere Verbindungen zwischen | |
Rechtsextremen und der DPolG seien nicht bekannt. | |
Die grüne Abgeordnete Tomiak sagte angesichts der Tweets vom DPolG-Account: | |
„Das Weltbild der Republikaner gehört bei Pfalzgraf wohl nicht der | |
Vergangenheit an.“ Es sei ohnehin problematisch, wenn sich Polizist:innen | |
so über eine Demo äußerten: „Wenn sich die Demo dann noch um Polizeigewalt | |
und legitime Kritik von Betroffenen dreht, halte ich das für sehr | |
grenzwertig.“ | |
Pfalzgraf selbst schrieb der taz auf Anfrage, dass #Jedeslebenzählt seit | |
Jahren Leitbild der Polizei sei. Die Gleichsetzung mit #Alllivesmatter sei | |
ihm durch die taz-Anfrage erstmalig bekannt geworden. Zudem habe sich der | |
Tweet auch auf Randale in Neukölln in der Nacht vor der Demo bezogen. | |
Bei den Republikanern ist Pfalzgraf nach eigener Aussage ausgetreten, bevor | |
sie vom Verfassungsschutz beobachtet wurden. Er sei zwei Jahre lang | |
Mitglied gewesen, davon zehn Monate Landesgeschäftsführer. Von der Polizei | |
sei er für diese Zeit freigestellt worden. „Radikalisierungstendenzen“ | |
hätten ihn zum Austritt im Oktober 1991 bewogen, so Pfalzgraf. | |
Die für die Polizei zuständige Innenverwaltung von Andreas Geisel will | |
nichts zu Konsequenzen aus den Vorgängen sagen. Ein Sprecher betont aber | |
auf allgemeine Anfrage, dass ein Polizeibeamter besondere Pflichten habe, | |
„sich durch sein gesamtes Verhalten (z.B. auch in sozialen Medien) | |
innerdienstlich und außerdienstlich zur freiheitlich demokratischen | |
Grundordnung zu bekennen und für deren Einhaltung einzutreten“. | |
Extremistische Äußerungen verletzten zweifellos diese Pflicht und seien | |
nicht zu tolerieren, so ein Sprecher. Auch bei politischer Betätigung | |
müssten Polizeibeamte Mäßigung und Zurückhaltung wahren. | |
Der Chef von Bodo Pfalzgraf, der [4][DPolG-Bundesvorsitzende Rainer Wendt], | |
ist übrigens seinerseits so etwas wie der Prototyp eines Rechtspopulisten | |
und Debattenvergifters. Bekannt ist er für seinen [5][Kuschelkurs mit der | |
AfD] und dafür, dass er über einen langen Zeitraum ein Gehalt als Polizist | |
kassierte – ohne dafür zu arbeiten. Darüber hinaus gab er verschiedene | |
Nebeneinkünfte nicht an. | |
## Fast jeder dritte Polizist ist bei der DPolG | |
Trotz aller Skandale und rhetorischer Nähe zur AfD hat die DPolG innerhalb | |
der Polizei rund 100.000 Mitglieder – angesichts von 320.000 Polizist:innen | |
in Deutschland ist fast jeder Dritte bei der DPolG organisiert. | |
Die mit 160.000 Mitgliedern größte Gewerkschaft der Polizei, GdP, gilt im | |
Allgemeinen als liberaler und ist sogar Teil des Deutschen | |
Gewerkschaftsbunds DGB. Aber auch die GdP zeigte kürzlich häufiger, dass | |
der Rechtsruck nicht spurlos an ihr vorüber geht: So teilte der Account der | |
GdP kürzlich auf Instagram das Hashtag #Bluelivesmatter und relativierte | |
damit seinerseits Rassismus. | |
Nach viel Kritik hat der GdP-Account immerhin das Hashtag gelöscht. Der | |
Tweet der DPolG Berlin ist weiter online. | |
3 Jul 2020 | |
## LINKS | |
[1] https://twitter.com/DPolGBerlin/status/1269227625559572480 | |
[2] /Black-Lives-Matter-Proteste-in-Berlin/!5687710 | |
[3] https://rechtsaussen.berlin/2015/04/bodo-pfalzgraf-eine-rechte-karriere/ | |
[4] /Rainer-Wendt/!t5266724 | |
[5] https://www.t-online.de/nachrichten/deutschland/id_86871314/sachsen-anhalt-… | |
## AUTOREN | |
Gareth Joswig | |
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