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# taz.de -- Sensibilität für Klimagerechtigkeit: „Alle, nicht nur die linke…
> Dem Berliner Kipppunkt Kollektiv geht es in seiner Bildungsarbeit um
> Klimagerechtigkeit, da spielt auch die Systemfrage eine Rolle.
Bild: Jede Krise sei doch auch eine Chance, heißt es
taz: Herr Asal, Sie sind Mitglied des [1][Kipppunkt Kollektivs], was wollen
Sie denn zum Kippen bringen?
Jonas Asal: Die Klimaungerechtigkeit …
… unter diesem Schlagwort versammeln sich meist diejenigen der
Umweltbewegungen, für die die Klimakrise mehr als nur ein Umweltproblem ist
…
… genau, denn es braucht einen Systemwandel. Eine sozial-ökologische
Transformation, denn die Klimakrise ist auch eine Gerechtigkeitskrise: Drei
Viertel aller Emissionen, die je gemessen wurden, verantwortet der globale
Norden. Der globale Süden ist jedoch stärker betroffen und kann sich
weniger vor Dürren und Wirbelstürmen schützen. Das ist nur einer der
Aspekte – wenn auch wahrscheinlich der bekannteste – der Klimagerechtigkeit
und unserer Bildungsarbeit.
Dazu bieten Sie seit Januar Seminare an – so wie an diesem Wochenende, an
dem Sie mit jungen Berliner*innen den Fragen nachgehen wollen, wer welche
Privilegien genießt und was jede*r selbst gegen die Klimakrise tun kann.
Verraten Sie uns schon ein paar Antworten?
Anhand der Fragen, wer die Klimakrise verursacht, wer betroffen und wer an
politischen Lösungen beteiligt ist, diskutieren wir nicht nur Probleme,
sondern erarbeiten auch gemeinsam gerechte Antworten. Als Bildungskollektiv
bieten wir Räume, um Menschen zu empowern und selbst aktiv zu werden.
Wichtig ist uns auch, über Rassismus, Klassismus und Sexismus zu sprechen.
Beispielsweise verursachen Menschen mit geringerem Einkommen weniger
Emissionen hier in Deutschland, sind aber gleichzeitig stärker von
Umweltbelastungen wie etwa Verkehrsemissionen oder Fluglärm betroffen.
Übergeordnet fokussieren wir mögliche Kipppunkte unseres Ökosystems …
… Kipppunkte, wie schmelzende Permafrostböden?
Genau, die momentan übrigens schneller schmelzen als gedacht und ab einem
bestimmten Zeitpunkt sehr viel Methan freisetzen werden können. Das kann
wiederum gefährliche Schneeballeffekte auslösen und das Klimasystem aus dem
Gleichgewicht bringen. Diese Kipppunkte haben noch nicht die Bekanntheit,
die sie verdienen. Das müssen sie aber, wenn das 1,5-Grad-Ziel eingehalten
und die Erde vor dem Kollaps gerettet werden soll.
Das ist jetzt weniger die individuelle Ebene von Privilegien und was wer
tun kann. Es geht also nicht darum, dass Hafer- statt Kuhmilch getrunken
werden soll?
Sicherlich braucht es auch eine individuelle Lebenswende, aber es ist
problematisch, wenn man sich darauf beschränkt. Wir sensibilisieren in
unseren Workshops dafür, dass es einen strukturellen Wandel braucht.
Es geht also um das große Ganze und den Übeltäter Kapitalismus?
Die Systemfrage spielt in unserer Bildungsarbeit eine große Rolle. Wir
orientieren uns dabei an dem altbekannten Motto der
Klimagerechtigkeitsbewegung: „System Change, Not Climate Change“. Wir
behandeln die Effekte des Wachstumsparadigmas, aber häufig ist es nicht
hilfreich, mit solchen riesigen Begriffen wie Kapitalismus um sich zu
schlagen, unter denen viele etwas Verschiedenes verstehen. Wir wollen alle
erreichen und nicht nur eine linke Bubble.
An wen richten sich Ihre Bildungsangebote?
Bisher haben wir vor allem mit jungen Leuten, die beispielsweise
Freiwilligendienst leisten, zusammengearbeitet. Das Seminar an diesem
Wochenende findet auf die Initiative der BUND-Jugend Berlin mit einer
Gruppe an Leuten, von denen die meisten Anfang 20 sind, statt. Aber wir
wollen uns an alle richten – auch an Ältere.
Wer steckt hinter dem Kipppunkt Kollektiv?
Wir sind 14 Leute, wovon viele aus der Klimagerechtigkeitsbewegung kommen
und bisher zum Beispiel Klima-Camps organisiert haben. Manche von uns
arbeiten schon länger im Bildungsbereich zu Klimathemen. Wir sind eine
junge Gruppe zwischen Anfang 20 und Ende 30 und sind vor rund 1,5 Jahren
auf die Idee für das Kollektiv gekommen. Seit Anfang Januar bieten wir
vermehrt Bildungsangebote an und finanzieren uns durch Fördergelder und
Spenden, die wir bei Seminaren einnehmen. Wobei wir versuchen, dass uns das
Geld nicht zu viel lenkt.
Wie das?
Wir arbeiten teilweise ehrenamtlich und auf Honorarbasis. Manche Seminare
bringen mehr Geld, andere, auf die wir besonders Lust haben, jedoch
weniger. Hier versuchen wir einen Ausgleich zu schaffen. Auch innerhalb des
Kollektivs versuchen wir eine solidarische Ökonomie umzusetzen.
17 Jul 2020
## LINKS
[1] https://kipppunkt-kollektiv.de/
## AUTOREN
Sophie Schmalz
## TAGS
Schwerpunkt Klimawandel
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Initiative
Umweltschutz
Kapitalismus
Kleine Parteien
Kohleausstiegsgesetz
Extinction Rebellion
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