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# taz.de -- Schwimmsport in Corona-Krise: Auf dem Trockenen
> Die Schwimmerin Jessica Felsner wollte sich für die Olympischen Spiele
> 2020 qualifizieren. Dann kam Corona – und sie saß auf dem Trockenen.
Bild: Seltenes Bild: Freistilschwimmerin Jessica Felsner (l.) bei einem Wettkam…
Am 31. Juli wäre Jessica Felsner gern ins olympische Wasser in Tokio
gesprungen. Für diesen Tag hatte der Zeitplan die Vorläufe über 50 m
Freistil der Damen vorgesehen. Das Halbfinale war für Samstag, den 1.
August angesetzt, als eine Art schwimmen für Frühaufsteher, gegen 5 Uhr
morgens Mitteleuropäischer Zeit. Zum Finale wäre tags darauf ähnlich früh
auf den Startblock gebeten worden.
Statt in olympische Atmosphäre einzutauchen, muss Jessica Felsner sich
aktuell darum kümmern, wo sie überhaupt Wasserkontakt haben kann. „Unsere
Schwimmhalle hier in Köln macht nächste Woche wegen Renovierung zu. Da
müssen wir dann nach Bergheim fahren“, erzählte sie Anfang Juli der taz. In
anderen Kölner Schwimmhallen bekamen sie und ihre Trainingskolleginnen vom
SC Aqua Köln keine Schwimmzeiten für den Sommer – ein neuerlicher Hinweis
auf den prekären Zustand von Sportstätten in Deutschland.
Die Coronapandemie war für die 25-Jährige, die seit ihrem vierten
Lebensjahr schwimmt, vor allem dadurch geprägt, [1][sich immer wieder neue
Trainingsstätten zu suchen]. „Fünf Wochen lang hatte ja alles zu, jedes
Schwimmbad, jedes Freibad. Nicht einmal in die Seen durfte man“, blickt sie
zurück. So verzweifelt, dass sie sich in den Rhein geworfen hätte für ein
paar Armzüge, war die gebürtige Kölnerin aber auch nicht, erzählt sie.
Felsner improvisierte, verlegte sich aufs Trockentraining. Sie baute sich
einen Kraftraum in die Garage des Hauses ihrer Eltern, mit Klimmzugstange,
Hanteln und Gewichten. „Mit der Zeit kamen immer neue Geräte dazu“, erzäh…
sie. Und wer ihr Leben im Lockdown in der Serie „No Sports!“ des WDR
verfolgte, konnte sehen, wie nach und nach Medizinbälle, Hometrainer,
Boxsack und diverse Kraftmaschinen Einzug hielten in der Garage.
## Skypen mit dem Trainer
Nach fünf Wochen durfte Felsner als potentielle Tokio-Fahrerin immerhin
dreimal wöchentlich in die Schwimmhalle nach Essen fahren. „Es war Training
unter Abstandsregeln. Anfangs durften nur vier Schwimmer gleichzeitig
unterwegs sein“, erzählt sie. Trainer Mitja Zastrow war per Videokonferenz
dabei, gab Korrekturen zur Lage im Wasser per Skype.
Inzwischen hat sich das Training wieder normalisiert. Wettkämpfe allerdings
sind in weiter Ferne. „Vom 30. Oktober bis 1. November sollen die Deutschen
Meisterschaften stattfinden. Vielleicht gibt es davor noch andere
Wettkämpfe, aber da ist noch nichts bestätigt“, berichtet Felsner. Immerhin
hat sie mit den Deutschen Meisterschaften ein neues Saisonziel. Es dient
auch als Überprüfung, wie gut das Athletiktraining an Land im März und
April angeschlagen hat. Die Meisterschaften werden aber in reduziertem
Umfang stattfinden. Staffelwettbewerbe – Höhepunkt für jeden ambitionierten
Schwimmverein – wird es gar nicht geben. Und es werden auch nur die
olympischen Strecken geschwommen.
Olympia selbst war für Felsner in den letzten Monaten ohnehin noch in
weiter Ferne. „Für mich kam es erst einmal darauf an, mich für die Spiele
zu qualifizieren“, sagt sie. Um anderthalb Zehntelsekunden hätte sie ihre
Bestzeit verbessern müssen, um die Norm zu schaffen. „Das wäre nicht leicht
geworden, aber es ist realistisch“, meint sie.
Nur einen einzigen Qualifikationswettkampf konnte sie in dieser Saison
bestreiten: „Im März bin ich in Essen einen Wettkampf geschwommen. Der
wurde am Sonntag mittendrin abgesagt. Das war mein erster
Langbahnwettkampf. Und ab dem Montag konnten wir gar nicht mehr trainieren
hier in Köln. Dann wurden nach und nach alle Wettkämpfe abgesagt.“ Erst
alle Quali-Wettkämpfe für Olympia, und dann auch Olympia selbst.
## Treue Sporthilfe
Besonders bitter für Felsner: Für das Frühjahr hatte sie sich extra ein
Urlaubssemester an der Universität genommen, um sich gezielt auf Olympia
vorbereiten zu können. Jetzt muss sie auch hier umplanen. Sie will bis
Januar 2021 ihre Masterarbeit im Studiengang Digital Business Managment
abgeben und sich dann auf den neuen Olympiatermin im nächsten Jahr
konzentrieren.
Auf diesen [2][neuen Olympiatermin im Sommer 2021] blickt sie mit
gemischten Gefühlen: „Ich will mir gar nicht vorstellen, dass es noch
einmal verschoben oder abgesagt wird. Aber ich könnte die Entscheidung
natürlich verstehen. Es gibt viele Länder, in denen immer noch nicht
trainiert werden kann oder wo es jetzt gerade richtig losgeht. Da ist
aufgrund der Bedingungen vor Ort auch die Chancengleichheit nicht so
richtig gegeben.“
Finanziell immerhin hatte Felsner keine Einbußen. Die Sporthilfe wurde
weiterhin ausgezahlt, 700 Euro monatlich Basisförderung und weitere 300
Euro Sportstipendium, weil sie studiert. Reich werden Eliteschwimmer also
nicht. Ihren Nebenjob im Vertriebsmarketing eines Kölner Unternehmens
konnte Felsner ebenfalls ausführen, allerdings im Homeoffice, wie so viele
andere. Weil auch die Uni auf Onlineveranstaltungen umstellte, verkürzte
sich Felsners Radius eine Zeitlang auf Trainingssitzungen in der Garage und
sitzen vor dem Computer. „Ich war aber auch viel draußen, bin gejoggt und
Fahrrad gefahren. Im Gegensatz zu Leuten in anderen Ländern konnten wir das
Haus ja verlassen“, erzählt sie.
Jetzt ist also Tokio im Sommer 2021 ihr Ziel, mit Training in Bergheim und
einer ersten Standortbestimmung bei den Deutschen Meisterschaften Ende
Oktober.
15 Jul 2020
## LINKS
[1] /Olympia-Schwimmer-waehrend-Corona/!5681717
[2] /Verschobene-Sommerspiele-in-Tokio/!5670725
## AUTOREN
Tom Mustroph
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