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# taz.de -- Die Zeit nach dem Mietendeckel: Kommt der Hai zurück?
> Der Senat will für das Ende des Mietendeckels gewappnet sein. Angestrebt
> wird ein neuer Mietspiegel und langfristig ein Wohnungskataster.
Bild: Hai am Schlawittchen
Berlin taz | Was passiert mit den Mieten in der Stadt, wenn der
Mietendeckel nicht mehr gilt? Im Senat hat man sich darum bislang wenig
Gedanken gemacht, schließlich soll das Instrument ja für fünf Jahre seine
Wirkung entfalten. Ob es aber wirklich so viel Zeit gibt,
Nachfolgeregelungen zu treffen, um im Anschluss nicht ohne jede
Mietenregulierung dazustehen, ist ungewiss.
Schließlich hat die um Mieter*inneninteressen herzlich wenig besorgte
Opposition aus CDU und FDP Klagen vor dem Landes- und dem
Bundesverfassungsgericht gegen den Deckel angestrengt. Haben sie und somit
auch die Vermieter Erfolg, könnte der Mietendeckel schon im nächsten oder
übernächsten Jahr außer Kraft gesetzt werden.
„Davon gehen wir nicht aus“, sagt Antje Kapek, Fraktionschefin der Grünen,
im Gespräch mit der taz, „doch es ist Ausdruck vorausschauender Politik,
sich auch für den Worst Case zu wappnen“.
Kapek forderte daher bereits am Wochenende im Gespräch mit der
Nachrichtenagentur dpa, „sofort“ einen Mietspiegel 2021 auf den Weg zu
bringen. Dieser solle dann gelten und Grenzen für Mieterhöhungen
definieren, wenn der Mietendeckel fällt. Aber auch wenn das
Mietendeckelgesetz regulär bist Februar 2025 Bestand hat, dürfe man sich
nicht dann erst fragen, was zu tun sei, sagt Kapek.
## Ein neuer Mietspiegel
Im Mai 2019 war der aktuelle [1][Mietspiegel veröffentlicht worden].
Aufgrund des Mietendeckels hatte die zuständige Arbeitsgruppe aus jeweils
drei Vertreter*innen von Mieter- und Vermieterverbänden danach jedoch ihre
Arbeit eingestellt. Wie die taz erfuhr, wird Kapeks Forderung nun aber
schneller Realität als gedacht.
Auf taz-Anfrage hieß es aus der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, dass
man bereits daran arbeite, „einen weiteren Mietspiegel auf den Weg zu
bringen“. Wibke Werner, stellvertretende Geschäftsführerin des Berliner
Mietervereins, bestätigte der taz, dass sie eine Einladung bekommen habe
und die AG Mietspiegel noch im Juli wieder zusammentreten werde.
Ein Mietspiegel wie bisher, der auf der Basis von Stichproben erhoben wird,
ist aber nicht mehr möglich, denn gesetzlich gebundene Mieten dürfen darin
nicht einfließen. Geprüft werde daher „die Option eines
Index-Mietspiegels“, wie sie im Bürgerlichen Gesetzbuch als Möglichkeit
beschrieben ist. Dafür würden die Werte von 2019 anhand der Entwicklung des
Verbraucherpreisindexes des Statistischen Bundesamtes fortgeschrieben.
Kapek spricht von einem „vereinfachten Mietspiegel“.
Gilt der Deckel nicht mehr und fehlt ein gültiger Mietspiegel, könnten
Vermieter*innen selbst Vergleichswohnungen heranziehen, um davon ihre Miete
abzuleiten. Dies würde zu deutlich höheren Werten – und
Mieterhöhungsspielräumen – führen. Kapek geht es darum, den Vermieter*innen
ein klares Signal zu setzen: „Die hoffen, dass es nach dem Mietendeckel
überhaupt keinen Mieterschutz mehr gibt“, sagt Kapekt, „doch das wird nicht
passieren.“
Die designierten Vorsitzenden des Koalitionspartners SPD, Franziska Giffey
und Raed Saleh, hatten sich zuletzt in einem Morgenpost-Interview weniger
kämpferisch gezeigt und stattdessen betont, dass der Mietendeckel nur
übergangsweise existiere und die Stadt auch eine „Willkommenskultur“ für
Investoren schaffen müsse.
Womöglich zieht Stadtentwicklungssenatorin Katrin Lompscher (Linke) noch
eine andere Notbremse, die aber nur den etwa 320.000 Mieter*innen in den
Wohnungen der landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften zugutekäme. In der
Überlegung ist, diese auf die Vorgaben des Mietendeckels zu verpflichten –
also das Verbot von Mieterhöhungen und Mietobergrenzen –, auch wenn der
Mietendeckel gekippt wird. Solche Vorgaben könnten Teil der nächsten
Kooperationsvereinbarung sein, die der Senat noch vor dem Herbst mit den
Wohnungsbaugesellschaften abschließen will.
## Wohnungs- und Mietenkataster
Mehr als solche Notmaßnahmen schwebt den Grünen aber eine grundlegende
Lösung für die Zeit nach dem Mietendeckel vor – und zwar ein [2][Wohnungs-
und Mietenkataster], das alle Wohnungen und Miethöhen in der ganzen Stadt
erfasst und den Mietspiegel ersetzt. Vergleichsmieten könnten dann anhand
eines Gesamtdatenbestandes exakt berechnet werden. Kapek hält dies für ein
„deutlich besseres Steuerungsinstrument“, als es der Mietspiegel ist.
Grundsätzlich hat sich der Senat bereits darauf geeinigt und auch schon
Finanzmittel dafür bereitgestellt.
Laut Katrin Schmidberger, Mietenexpertin der Grünen, befindet sich der
Gesetzentwurf in der „Endabstimmung“. Sie hofft, dass das Gesetz noch in
diesem Jahr auf den Weg gebracht wird. Bis das Kataster aber steht, also
technisch umgesetzt ist, und mit den Daten aller Vermieter*innen gefüllt
ist, werde aber noch einige Zeit vergehen.
Dann aber wäre die Mietenfrage „fairer und gerechter geregelt“, und es gä…
„mehr Transparenz auf dem Wohnungsmarkt“, so Schmidberger. Auch werde die
Einbeziehung aller Mieten dafür sorgen, „dass es geringere Mietanstiege
gibt“.
8 Jul 2020
## LINKS
[1] /Berliner-Mietspiegel-vorgestellt/!5594733/
[2] /Mietendeckel-die-Praxis/!5656467/
## AUTOREN
Erik Peter
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Transparenzgesetz
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