| # taz.de -- Zurück zum alten Bußgeldkatalog: Gut für Raser, schlecht für Ra… | |
| > Der Senat hat den neuen StVO-Bußgeldkatalog gekippt. Damit fallen auch | |
| > neue Sanktionen gegen parkende Autos auf Radwegen weg. | |
| Bild: Aus dem Weg? Wieso, kost' doch nix! | |
| Am Freitagnachmittag wurde es bekannt: Die Senatsverkehrsverwaltung hat | |
| sich der Mehrheit der Bundesländer angeschlossen und ist zum alten | |
| Bußgeldkatalog zur Straßenverkehrsordnung (StVO) zurückgekehrt, der bis | |
| Ende April galt. Der Grund sind die [1][Formfehler im Zusammenhang mit der | |
| Sanktion von Geschwindigkeitsüberschreitungen], über die seit Wochen | |
| gestritten wird. Tatsächlich werden so aber noch mehr Fortschritte auf Eis | |
| gelegt – etwa die Bußgelder, die beim Halten und Parken auf Radspuren | |
| fällig werden. | |
| Das Hin und Her um die von Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) | |
| entworfene Novelle der StVO und den dazugehörigen Bußgeldkatalog dauert nun | |
| schon etliche Wochen an. Der ADAC und andere Autofans hatten Alarm | |
| geschlagen, weil eine Überschreitung des jeweiligen Tempolimits um 21 km/h | |
| innerorts sowie um 26 km/h außerhalb geschlossener Ortschaften nicht nur zu | |
| höheren Bußgeldern, sondern auch zu einmonatigem Fahrverbot führen sollte. | |
| Dann fanden sie auch noch einen kleinen Formfehler in der Formulierung der | |
| StVO, woraufhin Scheuer die Bundesländer aufforderte, den neuen | |
| Bußgeldkatalog nicht mehr anzuwenden. Bis auf Bremen waren dem am Montag | |
| tatsächlich alle Länder nachgekommen – weil sie offenbar eine Prozesswelle | |
| fürchten. | |
| Die grün geführte Berliner Verkehrsverwaltung ließ denn auch mitteilen, | |
| dass sie eine inhaltliche Änderung „ausdrücklich nicht“ unterstütze: „… | |
| gibt es keine Veranlassung“, hieß es. Die Verschärfung des Bußgeldkatalogs | |
| sei im Bundesrat mit Ländermehrheit beschlossen worden, um | |
| Geschwindigkeitsüberschreitungen wirksamer sanktionieren zu können. „Die | |
| Regelung ist keinesfalls unverhältnismäßig. Niemand ist gezwungen zu | |
| rasen.“ | |
| ## Verschärfungen fallen weg | |
| Unerwähnt ließ die Verkehrsverwaltung dabei, dass mit der Rückkehr zum | |
| alten Bußgeldkatalog nun auch andere Verschärfungen bis auf Weiteres keine | |
| Anwendung mehr finden. Bedeutsam sind dabei in erster Linie die neuen | |
| Regelungen zum Parken und Halten auf Geh- und Radwegen sowie zum Halten auf | |
| Fahrbahn-Schutzstreifen für RadfahrerInnen. | |
| Das Parken von Pkws auf Geh- und Radwegen (sowohl baulichen Wege als auch | |
| mit durchgezogener Linie abgetrennten Streifen auf der Fahrbahn) kostet | |
| mittlerweile eigentlich – je nach Dauer und Gefährdung – 55 bis 80 Euro. | |
| Jetzt aber gelten wieder die alten Sätze von 20 bis 35 Euro. Noch krasser | |
| ist es beim Halten von Pkws auf den mit gestrichelter Linie abgetrennten | |
| „Schutzstreifen“: Hier werden im Zuge der Novelle ebenfalls 55 bis 80 Euro | |
| fällig – der alte Bußgeldkatalog hingegen, der nun wieder Anwendung findet, | |
| kennt diese Ordnungswidrigkeit gar nicht. | |
| Rücksichtslose AutofahrerInnen dürfen sich also freuen. Wie lange noch, ist | |
| die große Frage. Aus Scheuers Ministerium hieß es auf taz-Anfrage, man | |
| werde „schnellstens“ einen „neuen, ausgewogenen Vorschlag“ sowie ein | |
| „faires Angebot an die Länder“ machen, bei dem sowohl Verkehrssicherheit | |
| als auch Verhältnismäßigkeit gewährleistet seien. Damit bezieht sich das | |
| BMVI auf die umstrittenen Fahrverbote für RaserInnen. | |
| Weil die Bundesländer eigentlich mehrheitlich daran festhalten wollen, ist | |
| offen, wie lange der Schwebezustand anhält – und wie lange der alte | |
| Bußgeldkatalog auch in Berlin zur Anwendung kommt. | |
| 6 Jul 2020 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Scheuers-Formfehler-in-der-StVO/!5698197&s=andreas+scheuer/ | |
| ## AUTOREN | |
| Claudius Prößer | |
| ## TAGS | |
| Straßenverkehrsordnung | |
| Bußgeld | |
| Raser | |
| Radverkehr | |
| Verkehrswende | |
| Straßenverkehrsordnung | |
| Verkehr | |
| Andreas Scheuer | |
| Fahrrad | |
| Straßenverkehrsordnung | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Opfer von Rasern in Städten: Autos ausbremsen | |
| Erneut führt ein vermutlich illegales Rennen zum Horrorcrash und Raser | |
| können sich sicher fühlen. Es wird Zeit, dass die Verkehrspolitik radikal | |
| wird. | |
| Chaos um die Straßenverkehrsordnung: Zurück zu milderen Strafen | |
| Alles nur durch einen Formfehler: Die verschärften Fahrverbote für Raser | |
| sind außer Kraft. Ob und wie sie wiederkommen, ist umstritten. | |
| Reform von Bußgeld gegen Raser: „Fahrverbote sind abschreckender“ | |
| Scharfe Sanktionen für Raser sollten wieder eingeführt werden, sagt ein | |
| Leiter aus dem Stuttgarter Verkehrsministerium – wie in der Schweiz. | |
| Neue StVO außer Kraft: Freibrief zum Rasen | |
| Verkehrsminister Scheuer nutzt einen Formfehler, damit Raser weniger | |
| bestraft werden. Dieser Mann müsste längst strafversetzt sein. | |
| Fahrrad-Boom in Corona-Pandemie: Schrei nach mehr | |
| In Coronazeiten steigen mehr Leute aufs Rad. Pop-up-Radwege schaffen | |
| wunderbar Platz – aber sie suggerieren eine Sicherheit, die es nicht gibt. | |
| Scheuers Formfehler in der StVO: Vollspeed zurück? | |
| Der Bundesverkehrsminister will umstrittene Fahrverbote für Raser | |
| rückgängigmachen. Mithilfe eines selbstverursachten Formfehlers. |