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# taz.de -- Brand in Berliner Lokal: Schon wieder Feuer in Neukölln
> Bei einem Brand in einem libanesischen Restaurant in Berlin wurden zwei
> Personen schwer verletzt. War es ein rechter Anschlag?
Bild: Hinweise auf ein politisches Motiv gibt es laut Polizei bislang nicht
Berlin taz | Vier Menschen wurden verletzt, zwei davon schwer: Ein in der
Nacht zu Samstag ausgebrochenes Feuer in einem libanesischen Restaurant in
der Sonnenallee griff auch auf darüberliegende Wohnungen über. Alle
Verletzten mussten ins Krankenhaus. Die Polizei schloss ein rassistisches
Motiv für einen möglichen Anschlag nicht aus.
Nach den Brandursachen werde aber weiter in alle Richtungen ermittelt,
sagte Stefan Petersen, ein Sprecher der Polizei, der taz. Hinweise für eine
politische Tatmotivation lägen derzeit nicht vor, aber auch dies könne sich
noch ändern. Auch ein technischer Defekt könnte Brandursache sein.
Mehrere Medien berichteten, dass Zeug:innen vor dem Brand eine Explosion
gehört hatten. Ein Video des Vorfalls kursierte auch in den sozialen
Medien: Es zeigte ein lichterloh brennendes Geschäft vor dem Eintreffen der
Feuerwehr.
An den Löscharbeiten waren [1][80 Feuerwehrleute] beteiligt. Das Vorderhaus
wurde komplett geräumt, weil ein Statiker den Altbau auf eine etwaige
Einsturzgefahr prüfen müsse, bevor es sicher sei, in die Wohnungen
zurückzukehren. Dies berichtete [2][der Tagesspiegel unter Bezugnahme auf
Nachbar:innen].
## Rechte Anschlagsserie
In Neukölln gab es in den vergangenen Jahren immer wieder rassistische
Anschläge auf gegen Rassismus Engagierte und Menschen aus
Einwandererfamilien. Insgesamt rechnet die Polizei der seit Mai 2016
andauernden rechten Terrorserie 73 Taten zu, 23 davon sind Brandanschläge.
Eine für die Serie eingerichtete Ermittlungsgruppe „Fokus“ konnte bisher
herzlich wenig zur Aufklärung beitragen. Und das, obwohl die
Sicherheitsbehörden wussten, dass die mutmaßlichen Rechtsextremisten
Sebastian T. und Tilo P. schon lange vor Anschlägen die Betroffenen
ausspioniert hatten, [3][wie taz-Recherchen zeigten]. Die Polizei hatte die
Betroffenen trotz ihrer Erkenntnisse nicht gewarnt.
Dafür kam kürzlich heraus, dass ein Polizist zusammen mit einem der
Hauptverdächtigen der Serie in einer Telegram-Chatgruppe war. Davor gab es
schon länger Spekulationen über eine [4][undichte Stelle in der Polizei],
welche die Aufklärung der rechten Anschlagsserie behindere.
Bei dem Hauptverdächtigen handelt es sich um das angeblich ehemalige
Neuköllner AfD-Mitglied Thilo P. Laut AfD soll P. seit Anfang des Jahres
kein Mitglied mehr sein. Der Polizist, der heikle Informationen
durchgestochen haben soll, Detlef M., ist Mitglied der AfD Neukölln.
## „Wir fühlen uns bei jedem Brand bedroht“
Betroffene wie der Linken-Politiker Ferat Kocak fordern zur Aufklärung
einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss. „Natürlich fühlen wir uns
bei jedem Brand sofort bedroht“, sagt Kocak. „Auch wenn es am Ende kein
rechter Anschlag sein sollte, ist wichtig, dass vor dem Hintergrund der
Anschlagsserie zunächst nach rechts ermittelt wird.“ Wichtig sei auch, dass
die Community aufmerksam bleibe und, unabhängig vom Ausgang der
Ermittlungen, solidarisch mit den Betroffenen sei.
Unterdessen hat es laut Kocak in derselben Nacht einen weiteren Anschlag
gegeben: Einem Auto einer Familie, die bereits von mehreren Anschlägen
betroffen war, wurden die Reifen zerstochen sowie antifaschistische
Aufkleber entfernt. Auch hätten Neonazis in Süd-Neukölln gestickert, sagt
Kocak: „Rassistische und antisemitische Sticker von der Dritte Weg und die
Rechte sollen uns klarmachen, dass die Neonazis noch immer da sind und dass
wir uns vor ihnen fürchten sollen.“ Solidarische Anwohner:innen hätten
mittlerweile viele der Sticker in der Hufeisensiedlung, der Parchimer Allee
und dem Zwickauer Damm entfernt.
In Nordneukölln hatte es zuletzt vor zwei Wochen auf der Sonnenallee
gebrannt: Vor einer syrischen Bäckerei stand ein Lieferwagen in Flammen.
Zudem hatten mutmaßliche Täter:innen SS-Runen auf die Fassade des Geschäfts
gesprüht. Auch Cafés und Wohnhäuser in der sich in der Nähe befindlichen
Wildenbruchstraße wurden vor wenigen Wochen Anschlagsziel: Dort
beschmierten Unbekannte mehrfach Geschäfte und Wohnhäuser mit Hakenkreuzen
und SS-Runen.
Den unreflektierten Kartoffel-Sonderpreis für gelebten Rassismus durfte
nach dem Brand am Samstagmorgen die BZ für sich beanspruchen: Die hatte
einen Bericht über den Brand unter der rassistischen Überschrift
„Flambierter Döner? Schnellimbiss in der Sonnenallee explodiert“
veröffentlicht. Der Titel erinnerte an die unsägliche Berichterstattung
vieler Medien über die jahrelang unaufgeklärte NSU-Mordserie. Damals
schrieben viele Medien von „Dönermorden“. Erst nach heftiger Kritik von
vielen Seiten änderte das Springer-Blatt die Überschrift.
5 Jul 2020
## LINKS
[1] https://twitter.com/Berliner_Fw/status/1279241881164156931?s=20
[2] https://www.tagesspiegel.de/berlin/feuer-in-neukoellner-imbisslokal-polizei…
[3] /Rechte-Anschlaege-in-Berlin-Neukoelln/!5564024
[4] /Ermittlungen-gegen-Berliner-Beamten/!5690788
## AUTOREN
Gareth Joswig
## TAGS
Rechter Terror in Berlin-Neukölln
Ferat Koçak
Rechte Gewalt
Polizei Berlin
Schwerpunkt Rechter Terror
Schwerpunkt AfD in Berlin
Schwerpunkt Anschlag auf Berliner Weihnachtsmarkt
Ferat Koçak
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