# taz.de -- Vorstoß der Wehrbeauftragten Eva Högl: Zivilpflicht statt Wehrpfl… | |
> Eine Wiederauflage der Wehrpflicht würde das Rechts-Problem in der | |
> Bundeswehr nicht lösen. Sinnvoller wäre ein obligatorischer neuer | |
> Zivildienst. | |
Bild: Generationen von Männern kennen noch den Termin: die Musterung (Archivbi… | |
Mit diesem Slogan warb ein großer Arbeitgeber vor einigen Jahren: „Mach, | |
was wirklich zählt.“ Was zählt? Alte und Kranke pflegen? Kinder erziehen? I | |
wo. Die Bundeswehr wollte junge Leute für ihren freiwilligen Wehrdienst und | |
zu Waldläufen, Kletterübungen und zum Robben durch den Staub animieren. Was | |
wirklich zählt also. | |
Die Truppe hat seit der Aussetzung der Wehrpflicht vor neun Jahren ein | |
Nachwuchsproblem. Der Nachschub von 130.000 Rekruten pro Jahr fiel damals | |
aus, die knapp 7.000 Jugendlichen, die heute freiwillig Wehrdienst | |
ableisten, können diesen Verlust nicht ausgleichen. Nun schlägt die | |
SPD-Politikerin Eva Högl vor, [1][die Wehrpflicht kurzerhand wieder | |
einzusetzen]. | |
Mit diesem Vorschlag kann sich die holprig ins Amt beförderte neue | |
Wehrbeauftragte vielleicht eine Loyalitätsmedaille bei den immer noch | |
skeptischen Soldat:innen verdienen. Dass es aber per Wehrpflicht gelingen | |
soll, rechtsextreme Tendenzen bei Teilen der Bundeswehr zu stoppen, ist | |
zweifelhaft. Auch zu Zeiten der Wehrpflicht gab es Berichte über | |
fragwürdige Aufnahmerituale und nationalsozialistische Begrüßungen. | |
Die Akademie der Bundeswehr analysierte von 1997 bis 2000 fast tausend | |
Verdachtsfälle auf fremdenfeindliche und rechtsextreme Delikte. Die | |
Mehrzahl begangen von Wehrpflichtigen in den ersten Dienstmonaten. Eine | |
Wiedereinführung der Wehrpflicht bietet also keine Aussicht auf Besserung. | |
## Unbeliebter Bundesfreiwilligendienst | |
Stattdessen lohnt es sich, über eine neue Art von Pflichtdienst | |
nachzudenken: eine Zivilpflicht. Der Aussetzung der Wehrpflicht fiel | |
nämlich auch der daran gekoppelte Zivildienst zum Opfer. Die gut 100.000 | |
Zivis, die pro Jahr verweigerten, hatten überwiegend im sozialen Bereich | |
gearbeitet. Den stattdessen eingeführten [2][Bundesfreiwilligendienst] | |
nehmen dreimal weniger Jugendliche wahr – und jede Dritte bricht vorzeitig | |
ab. | |
Die neue Zivilpflicht würde für alle gelten, ob männlich, weiblich oder | |
divers. Die Konditionen sollten die gleichen sein wie beim freiwilligen | |
Wehrdienst: 1.500 Euro Grundbetrag und freie Bahnfahrten zum Dienstort. | |
Dafür würden die neuen Zivis helfen, Alte und Kranke zu pflegen oder Kinder | |
zu betreuen oder also in gesellschaftlich wichtigen Bereichen arbeiten, wo | |
es an Personal mangelt. Und wer den Zivildienst verweigert, muss zum Bund. | |
So hätte die Bundeswehr zwar nicht ihre Probleme mit Rechtsextremismus | |
behoben. Diese ließen sich erst dann lösen, wenn klar wird, warum der | |
„Bund“ eine bestimmte Klientel anzieht und was heutzutage eigentlich der | |
Sinn der Bundeswehr ist – was wirklich zählt. Sinnlose Auslandseinsätze in | |
Afghanistan oder Mali sind es nicht. | |
5 Jul 2020 | |
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## AUTOREN | |
Anna Lehmann | |
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