# taz.de -- Debatte über Dienstpflicht: Pflicht schließt keine Lücken | |
> Statt junge Leute für Pflege und Kinderbetreuung zwangszuverpflichten, | |
> sollte man lieber stärkere Anreize für Freiwilligenarbeit bieten. | |
Bild: Jung, freiwillig, motiviert: Für das Freiwillige Soziale Jahr wurde die … | |
Wenn politische Entscheider:innen die Zeichen der Zeit verpennt haben, | |
kommen sie mit [1][Pflichtdebatten]. Die Diskussion über einen | |
verpflichtenden Dienst an der Gesellschaft ist das beste Beispiel dafür. In | |
der Pflege fehlen Tausende Fachkräfte, in Kita und Hort sieht es nicht | |
besser aus. Jetzt sollen es vor allem junge Leute richten, die zu einem | |
Arbeitseinsatz verdonnert werden. Im besten Fall nicht nur für eine kurze | |
Zeit: Die Hoffnung ist groß, über solche Pflichtdienste auch neue | |
Fachkräfte zu finden. | |
Schön wäre es natürlich schon, wenn Mitglieder einer Gemeinschaft nicht nur | |
ihren individuellen Interessen folgen, sondern auch einen Beitrag für das | |
Wohl aller leisten. Aber insbesondere bei Berufen im sozialen Bereich sind | |
die Entbehrungen enorm: Dank schlechter Bezahlung, einkalkulierter | |
Überstunden, wenig gesellschaftlicher Wertschätzung und kaum | |
Karrierechancen werden sich die Lücken bei diesen Jobs langfristig nicht | |
schließen. Wer [2][zum Dienst am Menschen verpflichtet] wird und dort | |
miserable Arbeitsbedingungen erlebt, wird kaum einen solchen Beruf wählen, | |
sondern seine Zeit absitzen und dann das Weite suchen. | |
Damit sich an diesen Missständen etwas ändert, braucht es keine Appelle an | |
die Nächstenliebe, sondern schlicht mehr politischen Willen. Bis es so weit | |
ist, könnten Arbeitgeber:innen zum Beispiel einen freiwilligen Dienst | |
im Pflegeheim, in der Kita oder in einer Umweltschutzeinrichtung als | |
Einstellungskriterium und Karrierevoraussetzung benennen. Vielleicht wäre | |
an den Unis der Erlass eines Scheins drin oder gar die Verkürzung des | |
Studiums – und das nicht nur bei Studiengängen, die in sozialen Berufen | |
münden. Auch der Staat könnte seinen Beitrag leisten: Etwa mit der | |
Anerkennung dieser Dienstzeit bei den Rentenansprüchen. Das sind dicke | |
Bretter. Einfacher wäre es für das Finanzministerium, die Kürzung der | |
[3][Förderung für Freiwilligendienste] zurückzunehmen. Das wäre | |
glaubwürdig, und die Debatten über einen Dienstzwang wären beendet. | |
24 Jul 2023 | |
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## AUTOREN | |
Tanja Tricarico | |
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