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# taz.de -- Wehrbeauftragte Högl über Wehrpflicht: Aussetzung zum „Riesenfe…
> Seit 2011 ist in Deutschland der Waffendienst freiwillig. Die Armee sei
> damit weniger gut gegen rechte Umtriebe gefeit, sagt Eva Högl (SPD), und
> erntet prompt Widerspruch.
Bild: Fehlt hier die Durchschnittsbürger*in, die drohenden Braunfärbungen des…
BERLIN dpa | Die neue Wehrbeauftragte Eva Högl (SPD) hat vor dem
Hintergrund rechtsextremistischer Vorfälle in der Bundeswehr eine Debatte
über die Wiedereinführung Wehrpflicht angestoßen. „Ich halte es für einen
Riesenfehler, dass die Wehrpflicht ausgesetzt wurde“, sagte sie den
Zeitungen der Funke-Mediengruppe. „Wir müssen diese Entscheidung sehr
kritisch analysieren.“
Auf die Nachfrage, ob sie für die Wiedereinführung sei, antwortete die
Sozialdemokratin: „Natürlich müssen wir das Problem der Wehrgerechtigkeit
im Auge behalten. Es tut der Bundeswehr jedenfalls sehr gut, wenn ein
großer Teil der Gesellschaft eine Zeit lang seinen Dienst leistet. Das
erschwert es auch, dass sich Rechtsextremismus in der Truppe breit macht.
Ich möchte darüber im nächsten Jahr intensiv diskutieren.“ Dann ist die
Aussetzung der Wehrpflicht zehn Jahre her. Ob es für die Rücknahme der
Entscheidung eine politische Mehrheit gibt, „das wird sich am Ende der
Debatte zeigen“, sagte Högl.
Zuletzt waren immer wieder Fälle von Rechtsextremismusverdacht bei aktiven
und ehemaligen Soldaten aufgetaucht, [1][darunter bei der Eliteeinheit
Kommando Spezialkräfte (KSK)]. Auf dem Grundstück eines KSK-Soldaten in
Sachsen war ein Waffenlager ausgehoben worden. Verteidigungsministerin
Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) hatte als Konsequenz angekündigt, das KSK
umzustrukturieren und eine Kompanie aufzulösen.
In der Linksfraktion stieß Högl mit ihrem Vorstoß auf energischen
Widerspruch. „Rechtsextremistisches Gedankengut und rechtsterroristische
Gewaltfantasien in der Bundeswehr stehen nicht kausal mit dem Ende der
Wehrpflicht in Zusammenhang, sondern mit einer Kultur in der Bundeswehr,
die dies über Jahrzehnte zugelassen und toleriert hat“, sagte Fraktionschef
Dietmar Bartsch am Samstag.
Eine Debatte um die Wiedereinführung der Wehrpflicht sei „ein gefährlicher
Pappkamerad“, der die offensichtlichen Probleme in der Truppe nicht lösen
werde. „Statt jungen Leuten mit der Wehrpflicht selbstbestimmte Zeit zu
nehmen, brauchen wir auf allen Ebenen der Bundeswehr eine Nulltoleranz
gegenüber geschichtsvergessenen Faschisten, die glauben, in Uniform ihr
krankes Gedankengut ausleben zu können“, betonte Bartsch.
2011 war die allgemeine Wehrpflicht in Deutschland und damit auch der
Zivildienst ausgesetzt worden. Die Bundeswehr wurde so zu einer
Freiwilligenarmee. Quasi als Ersatz für den Zivildienst wurde der
Bundesfreiwilligendienst eingeführt. Die grundsätzliche Idee hinter einem
Dienstjahr ist der Wunsch nach mehr gesellschaftlichem Engagement der
Jugend.
Über die Wehrpflicht wurde seit 2011 immer wieder diskutiert. Sowohl
Kanzlerin Angela Merkel als auch Kramp-Karrenbauer haben sich bisher gegen
eine Wiedereinführung ausgesprochen – unter anderem, weil die Anforderungen
an die Soldaten heute andere seien.
## Grüne und Liberale gegen Högls Vorstoß
Der Grünen-Sicherheitsexperte Tobias Lindner sprach von einer Debatte im
„Sommerloch“. „Die Wehrpflicht würde der Bundeswehr sicherheitspolitisch
keinen Vorteil bringen, sondern lediglich massive personelle und
finanzielle Ressourcen verschlingen“, sagte Lindner in Berlin. Wer wolle,
dass die Truppe auch weiterhin möglichst die Breite der Gesellschaft
abbilde, müsse nicht nur eine angemessene Bezahlung und Ausrüstung
sicherstellen. Notwendig sei auch eine verantwortungsvolle
Rekrutierungspraxis und zeitgemäße politische Bildung der Soldatinnen und
Soldaten.
Auch bei den Liberalen hält man nichts von dem Vorstoß von Högl. Die
FDP-Verteidigungsexpertin Marie-Agnes Strack-Zimmermann sagte, die
Wiedereinführung der ausgesetzten Wehrpflicht sei „vollkommen überflüssig�…
Die Bundeswehr brauche für ihre hochkomplexen Aufgaben Spezialisten.
„Schlichtweg falsch“ sei es, die Wehrpflicht als Antwort gegen
Rechtsextreme in der Truppe zu nennen. „Rechte Tendenzen in der Truppe
bekämpft man nicht durch die Zwangsverpflichtung aller jungen Menschen“,
betonte Strack-Zimmermann. Vielmehr müsse man an die Wurzeln der Probleme
heran, betonte sie.
Die Modernisierung der Bundeswehr müsse viel schneller angegangen werden,
um Ausstattungsmängel abzustellen und die Ausbildung zu verbessern. Um
Rechtsextreme in der Truppe zielgerichtet zu bekämpfen, müsse deutlich
früher dazwischen gegangen werden. „Dafür muss die Mauer des Schweigens in
den Strukturen der Truppe gebrochen werden, so dass die Bundeswehr sich von
innen heraus besser gegen Rechtsextreme immunisieren kann.“ Auch benötige
die politische Ausbildung der Soldaten einen höheren Stellenwert. Zudem
müssten die Bewerbungs- und Einstellungsverfahren überprüft werden, um
Personen mit rechtsextremen Tendenzen konsequenter aussortieren zu können.
CDU-Chefin Kramp-Karrenbauer hatte vor der Corona-Pandemie immer wieder für
die Einführung eines [2][allgemeinen Dienstjahrs für junge Männer und
Frauen geworben]. Dieses „Deutschlandjahr“ könnte nicht nur bei der
Bundeswehr, sondern auch in der Pflege, der Umwelthilfe oder bei der
Feuerwehr geleistet werden, erklärte Kramp-Karrenbauer noch im Januar. Sie
sprach damals von zwei möglichen Modellen – ein Pflichtjahr und eine
freiwillige Dienstzeit.
4 Jul 2020
## LINKS
[1] /Rechtsextreme-im-KSK/!5693760
[2] /Kramp-Karrenbauer-und-Dienstpflicht/!5645439
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