| # taz.de -- „Volksabstimmung“ in Russland: Putin forever | |
| > Russlands Präsident gibt sich keine Mühe mehr, die demokratische Fassade | |
| > zu wahren. Unverblümtere Verachtung gegenüber den Wählern ist kaum | |
| > möglich. | |
| Bild: Protest mit Maske gegen die Verfassungsreform am 1. Juli in Moskau | |
| Auf die russischen Wähler*innen ist Verlass: Bei der „Volksabstimmung“ üb… | |
| die [1][sogenannte Verfassungsreform], die allerdings längst eingetütet | |
| war, sind 65 Prozent an die Urnen gegangen. Knapp 78 Prozent haben mit Ja | |
| gestimmt. Präsident Wladimir Putin kann zufrieden sein, das Klassenziel ist | |
| erreicht. Sollte er erneut antreten, woran kein Zweifel besteht, ist sein | |
| Arbeitsplatz im Kreml bis 2036 gesichert. Damit würde er – außer im Falle | |
| vorzeitigen Ablebens, sogar den dienstältesten Generalsekretär der KPdSU | |
| Leonid Breschnew toppen. Der brachte es nur auf 18 Jahre an der | |
| Staatsspitze, bevor er mit den Füßen zuerst aus dem Regierungssitz getragen | |
| werden musste. | |
| Dass die Verantwortlichen bei der Auszählung kreativ zu Werke gingen, ist | |
| dabei kaum noch der Rede wert. Das ist in Russland ohnehin seit jeher | |
| Business as usual. Aufschlussreich hingegen ist die schrille Begleitmusik | |
| zu dem einwöchigen Abstimmungsmarathon, der nichts anderes als eine | |
| Alibiveranstaltung war. | |
| Auch diesmal wurden [2][die Wähler*innen wieder in bewährter Manier unter | |
| Druck gesetzt]. Sei es bei der Stimmabgabe zu Hause unter fachkundiger | |
| Anleitung oder durch instruierte Betriebsleitungen, die ihren Belegschaften | |
| im Falle von Verweigerung mit Konsequenzen drohten. Dass dem Kreml die | |
| nackte Angst im Nacken sitzt, macht auch der Umstand deutlich, dass eine | |
| Demonstration einiger hundert Putin-Gegner am Mittwochabend in Moskau von | |
| Sicherheitskräften kurzerhand abgeräumt wurde. | |
| Doch noch ein weiteres Detail verdient Beachtung. Als Dmitri Medwedew Putin | |
| 2008 als Präsident ablöste, um damit den Weg für dessen Wiederwahl vier | |
| Jahre später zu ebnen, versuchte das Regime zumindest noch, die Verfassung | |
| ein- und damit eine demokratische Fassade aufrecht zu erhalten. Doch mit | |
| diesen Bemühungen ist es offensichtlich vorbei. Augen zu und durch heißt | |
| jetzt die Devise. Unverblümter kann man seine Verachtung gegenüber dem | |
| Wahlvolk kaum ausdrücken. | |
| Diejenigen, die unter Putin für sich keine Perspektive sehen, werden ihre | |
| Schlüsse aus den jüngsten Ereignissen ziehen. Wer kann, sucht schon jetzt | |
| das Weite. Dieser Trend dürfte sich jetzt weiter verstärken. Damit ist | |
| beileibe kein Staat zu machen. | |
| 2 Jul 2020 | |
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| ## AUTOREN | |
| Barbara Oertel | |
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