| # taz.de -- EuGH-Entscheidung zu Abschiebehaft: Gefährder ins Gefängnis | |
| > Der EuGH billigt die deutsche Rechtslage: Abzuschiebende Gefährder dürfen | |
| > besser gesichert werden als andere Abschiebehäftlinge. | |
| Bild: Wärter bei einem Presserundgang in einem hessischen Abschiebegefängnis | |
| Freiburg taz | Die Abschiebehaft von sogenannten Gefährdern kann auch in | |
| normalen Gefängnissen vollzogen werden. Gefährder müssen nicht in | |
| speziellen Abschiebehaftanstalten untergebracht werden. Das entschied jetzt | |
| der Europäische Gerichtshof (EuGH) in einem Fall aus Hessen. | |
| Eigentlich sieht das EU-Recht vor, dass Abschiebehaft und Strafhaft strikt | |
| zu trennen sind. Nach der EU-Rückführungsrichtlinie von 2008 müssen | |
| Personen, die zur Sicherung der [1][Abschiebung] inhaftiert werden, in | |
| „speziellen Hafteinrichtungen“ untergebracht werden. Dort sollen sie | |
| bessere Bedingungen haben, zum Beispiel mehr Besuch empfangen können, denn | |
| in der Regel haben Abschiebehäftlinge ja keine Straftaten begannen. Den | |
| meisten fehlt lediglich das Aufenthaltsrecht für den betreffenden Staat. | |
| Anderes gilt in Deutschland für Personen, [2][die als Gefährder abgeschoben | |
| werden], insbesondere weil man ihnen einen Terroranschlag zutraut. Sie | |
| dürfen trotz der EU-Vorgabe bis zur Abschiebung [3][in normalen | |
| Gefängnissen untergebracht werden], weil sie dort besser gesichert sind. | |
| Sie müssen laut Gesetz nur „getrennt von Strafgefangenen“ untergebracht | |
| werden. | |
| Vor dem EuGH ging es jetzt konkret um den Fall eines Tunesiers, der 2017 | |
| aus Hessen abgeschoben werden sollte, weil er als „Gefährder“ eingestuft | |
| wurde. Laut Verfassungsschutz hatte er als „Schleuser und Rekrutierer“ für | |
| die islamistische Terrorgruppe IS agiert. Er war bis zur Abschiebung zwei | |
| Monate lang in einem normalen Gefängnis untergebracht. Dagegen klagte er | |
| bis zum Bundesgerichtshof (BGH), der den Fall dem EU-Gerichtshof zur | |
| Klärung vorlegte. | |
| Der EuGH entschied nun, dass die Unterbringung von abzuschiebenden | |
| Gefährdern in normalen Gefängnissen ausnahmsweise möglich ist, wenn „eine | |
| tatsächliche, gegenwärtige und hinreichend erhebliche Gefahr“ besteht, „d… | |
| ein Grundinteresse der Gesellschaft oder die innere oder äußere Sicherheit | |
| des betreffenden Mitgliedstaats berührt“. Das dürfte bei den sogenannten | |
| Gefährdern in der Regel angenommen werden. | |
| Seit 2019 ist die Pflicht zur getrennten Unterbringung von Straf- und | |
| Abschiebehäftlingen in Deutschland ohnehin gesetzlich ausgesetzt, weil die | |
| rund 500 Abschiebehaftplätze angeblich nicht ausreichen. Ob diese bis 2022 | |
| geltende Aussetzung zulässig ist, ist noch nicht geklärt. Nach | |
| Informationen des niedersächsischen Flüchtlingsrat macht derzeit aber nur | |
| Sachsen-Anhalt in wenigen Einzelfällen von der Sonderregelung Gebrauch und | |
| bringt Abschiebehäftlinge in Strafgefängnissen unter. | |
| 2 Jul 2020 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Nach-Corona-Stopp/!5689672 | |
| [2] /Gericht-entscheidet-ueber-Abschiebung/!5435647 | |
| [3] /Klage-gegen-Abschiebung/!5654474 | |
| ## AUTOREN | |
| Christian Rath | |
| ## TAGS | |
| Abschiebung | |
| Abschiebehaft | |
| EuGH | |
| Gefährder | |
| Richterin | |
| Innenministerkonferenz | |
| Asyl | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Neue Verfassungsrichterin: Eine Frau statt drei Männern | |
| Die Ostdeutsche Ines Härtel wird neue Richterin am | |
| Bundesverfassungsgericht. Die Personalie ist eine kleine Sensation. | |
| Nach Corona-Stopp: Union will wieder abschieben | |
| Die Innenminister von CDU und CSU wollen nach dem pandemiebedingten | |
| Abschiebestopp bald wieder ausweisen – sogar nach Syrien. | |
| Religiöse Identität und Asyl: Ist der Glaube auch stark genug? | |
| Verwaltungsgerichte dürfen prüfen, ob der Glaube von Asylbewerbern an das | |
| Christentum „identitätsprägend“ ist, entschieden die Verfassungsrichter. |