# taz.de -- Machtkonzentration im Frauenfußball: Erfolg macht langweilig | |
> In der Frauenbundesliga kommen Meister und Vizemeister wieder aus | |
> Wolfsburg und München. Nun wird aus dem FFC Eintracht Frankfurt. | |
Bild: Eintracht gefunden: Der FFC Frankfurt heißt in der nächsten Saison ande… | |
Aufgeregt wie ein Kind vor der Bescherung ist [1][Siegfried Dietrich] am | |
Sonntagnachmittag durch das fast leere Stadion am Brentanobad getigert. | |
Erst der Plausch mit Nia Künzer, dem „Golden Girl“ des deutschen | |
Frauenfußballs, dann das Erinnerungsfoto mit Monika Staab, der | |
Mitbegründerin des 1. FFC Frankfurt, schließlich die Begrüßung von Axel | |
Hellmann und Peter Fischer, den Funktionären von Eintracht Frankfurt, wo | |
der erfolgreichste deutsche Frauenfußballverein zum 1. Juli offiziell eine | |
neue Heimat findet. | |
Als die Schiedsrichterin das letzte Bundesligaspiel des 1. FFC Frankfurt | |
gegen den SC Freiburg (0:2) abpfiff, ergriff Stadionsprecher Werner Damm | |
das Wort: „Eine Ära endet, eine neue Ära beginnt.“ | |
Dietrich erinnerte aufgewühlt an 20 Titel in 22 Jahren. Die Aufgabe der | |
Eigenständigkeit sei alternativlos, ohne das schützende Dach eines starken | |
Männerlizenzvereins, sagte der Vorsitzende des DFB-Ausschusses | |
Frauen-Bundesligen, „würde es uns bald vielleicht gar nicht mehr geben“. | |
Der 63-Jährige will mit dem Rekordmeister Frankfurt im neuen Gewand zwar | |
„oben anklopfen“, kann aber keinen Angriff auf den Titel ankündigen, den | |
sich der VfL Wolfsburg schließlich wieder souverän zum sechsten Mal in | |
Folge sicherte. Vizemeister wurde, auch das nichts Neues, der FC Bayern, | |
der den Angriff der TSG Hoffenheim abwehrte. Neben USV Jena steigt der 1. | |
FC Köln ab, Werder Bremen und SV Meppen rücken auf. | |
Die Monotonie an der Spitze wirkt erdrückend: Wolfsburg und Bayern teilen | |
sich die Meisterschaft seit 2013, haben seit 2016 auch das | |
Alleinvertretungsrecht in der Women’s Champions League gepachtet. „Daran | |
wird sich die nächsten Jahren auch nichts ändern“, sagt [2][Birgit Bauer] | |
vom SC Freiburg. „Es gibt Klubs, die mit ihren Gehaltsangeboten die besten | |
Spielerinnen holen können.“ | |
## Ernüchterung in Freiburg | |
Bauer ist ernüchtert, wie sehr sich die Machtverhältnisse gerade | |
zementieren. Merle Frohms, 25, für die erst verletzte, dann schwangere | |
Almuth Schult zur neuen Nummer eins der Nationalmannschaft aufgebaut, | |
wechselt jetzt nach Frankfurt. | |
Der Frohms-Weggang sei noch in Ordnung, sagt Bauer, aber kein Verständnis | |
hat sie dafür, dass mit Klara Bühl, 19, die nächste junge Freiburgerin nach | |
München geht. Die im Schwarzwald fest verwurzelte Torjägerin, sieben | |
Treffer in erst elf Länderspielen, hat mit Jörg Neblung einen Berater, der | |
sich mit den im Männerfußball gängigen Mechanismen gut auskennt. | |
Aus Freiburg ist über ihn nicht viel Gutes zu hören, aber er hat angeblich | |
ein fünfstelliges Monatsgehalt für seine Mandantin bei den Bayern | |
ausgehandelt. Bauer ist der festen Überzeugung, „dass Klara mindestens noch | |
ein Jahr bei uns besser aufgehoben wäre, denn meines Wissen hat der FC | |
Bayern keinen Antrag gestellt, nächste Saison mit 15 Spielerinnen auflaufen | |
zu dürfen“. | |
Aus der ironischen Bemerkung spricht viel Frust: Wolfsburg und Bayern | |
können sich ein Commitment für den Frauenfußball auch in Krisenzeiten | |
locker leisten. Die Konzentration der Kräfte wird von Corona noch befeuert. | |
Zu den leidtragenden Vereinen gehört auch die SGS Essen, ein weiterer | |
Verein, der von Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg wegen der | |
Aufbauarbeit von Talenten gerne besucht wird. Wie schon 2014 hat das Team | |
von Trainer Markus Högner das DFB-Pokalfinale gegen Wolfsburg erreicht, | |
doch vor leeren Ränge in Köln deutet sich am Samstag (16.45 Uhr/ARD) ein | |
ungleiches Kräftemessen an. | |
Für die besten Essenerinnen wird das Endspiel zum Abschiedsspiel. Die | |
Nationalspielerinnen Lea Schüller und Marina Hegering gehen zu den Bayern, | |
Lena Oberdorf nach Wolfsburg. Deren Sportlicher Leiter Ralf Kellermann | |
begrüßt für den VfL „eines der größten Talente im weltweiten | |
Frauenfußball“. | |
Die inzwischen 18-Jährige hatte als jüngste deutsche WM-Spielerin aller | |
Zeiten eine gewisse Birgit Prinz abgelöst. Die gebürtige Frankfurterin | |
hatte übrigens Dietrichs Einladung zum letzten FFC-Spiel nicht angenommen. | |
Vielleicht ist der öffentlichkeitsscheuen Rekordtorjägerin, die inzwischen | |
als Psychologin punktuell für die DFB-Frauen arbeitet, der Alltag in der | |
Frauen-Bundesliga auch zu langweilig geworden. | |
29 Jun 2020 | |
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## AUTOREN | |
Frank Hellmann | |
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