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# taz.de -- taz-Sommerserie „Sommer vorm Balkon“: Immer am Wasser entlang
> Zum Auftakt der Sommerserie geht es an die Spree und zwei recht
> unterschiedliche Seiten von Berlin entlang. Und mit der Fähre auch mal
> über den Fluss.
Bild: Die F 11 tuckert zwischen Baumschulenstraße und Wilhelmstrand über di…
Berlin taz | Eine Ausfahrt. Man könnte das auch zu Fuß erledigen, würde
sich aber doch etwas hinziehen und zugegebenermaßen an manchen Stellen ein
wenig öde werden. Für Fußgänger. Aber mit dem Rad ist man hier gut
unterwegs. Man könnte die gesamte Strecke sogar in einer Stunde
abstrampeln. Doch darum geht es ja nicht, wenn man die Stadt wirklich
erfahren will. Da geht es ums Schauen und nicht darum, ob man die nächste
Ampel noch vor dem drohenden Rot schafft.
So viele Ampeln muss man dabei gar nicht passieren auf der ersten
Wegstrecke. Man kann sich stattdessen sogar eine richtig grüne Welle
einrichten bei diesem Ausflug, bei dem es zwischendurch auch mal kurz übers
Wasser gehen soll. Bootfahren also. Was sich in Berlin elegant mit dem
öffentlichen Nahverkehr erledigen lässt.
Eine Handvoll im Auftrag der BVG betriebener Fährlinien führen über Wasser.
Leidenschaftliche Schiffsverkehrsliebhaber wählen die F 10 über den Großen
Wannsee, die mit viereinhalb Kilometern längste Fährstrecke.
Zum Schnuppern aber empfiehlt sich die F 11 zwischen Baumschulenstraße und
Wilhelmstrand über die Spree. Das ist die älteste Fährlinie der Stadt –
seit 1896 im regulären Betrieb. Nur „bei Sturm, Nebel oder starker
Eisbildung kann der Verkehr eingestellt oder der Fahrplan nicht eingehalten
werden“, steht auf dem Schild, wo auch die Fahrtzeiten angegeben sind.
Ansonsten fährt man mindestens alle 20 Minuten bis 19 Uhr. Fahrzeit
ungefähr zwei Minuten. Es reicht also das Kurzstreckenticket.
## Zeit vertrödeln im Grünen
Um erst mal von Kreuzberg aus zur Ablegestelle zu kommen, nimmt man am
besten die besagte grüne Welle mit dem Wald und den Wiesen. Eine Reihe an
Parks, mit denen hier die Stadt bestens durchflutet ist: Vom Görlitzer Park
geht es in den Schlesischen Busch, dann durch den Treptower Park zum
Plänterwald. Ein Parkhopping hin zur Spree.
Wen es gar nicht so zügig zum Wasser und der Fähre drängt, hat genug zum
Gucken hier und da. Die Zeit vertrödeln im Grünen – und beim Studium all
der verschlossenen Türen und Absichtserklärungen, denen man hier auf dem
Weg entlang der Spree begegnet.
Den klitzekleinen Abstecher immer wert ist das Sowjetische Ehrenmal im
Treptower Park, dessen imposanter Stalinismus auch von den derzeitigen
Bauarbeiten dort kaum getrübt werden kann (Eingang bis voraussichtlich Mai
2021 nur über die Puschkinallee). Gegenüber mag man kurz im Rosengarten
verweilen mit dem Blick auf den Springbrunnen dort.
Nichts zu holen ist dagegen beim Haus Zenner. Das Ausflugslokal direkt an
der Spree mit seiner jahrhundertealten Vorgeschichte hat seit Ende
vergangenen Jahres geschlossen. Wenige Meter weiter verheißt ein großes
Schild „berlinbaut für die wachsende Stadt“. Es geht um die „Herrichtung
und Entwicklung des Spreeparks“. Wann das allerdings passiert sein soll,
erfährt man nicht. Die Angabe eines Datums verkneift man sich auf dem
Schild.
## Ein eher kurzes Vergnügen
Ein solider Zaun sperrt das Gelände im Plänterwald ab, wo sich früher mal
die DDR vergnügte. Aber längst haben sich dort die Dinos schlafen gelegt,
das Riesenrad ruht. „Ein Dreiklang aus Kunst, Kultur und Natur“, heißt es,
[1][soll der neue Spreepark werden]. Durch die eher verwunschene Gegenwart
dort kann man sich an den Wochenenden führen lassen (Information:
[2][www.gruen-berlin.de/spreepark]).
Die Fahrt mit der Fähre über die Spree rüber nach Oberschöneweide ist dann
das eher kurze Vergnügen. Zwei Minuten, in denen man sich durchaus
überlegen könnte, ob man nicht gleich weiterfahren will nach St. Petersburg
auf dem Europaradweg R1, der über die Fähre führt. Aber das würde erstens
gegen die Intention dieser Serie sprechen, die ja BerlinerInnen Berlin auch
mal abseits von Balkonien als prima Urlaubsalternative nahebringen will.
Und zweitens ist Russland visumpflichtig.
Wer übrigens aus irgendwelchen Gründen eine Fährenphobie haben sollte, muss
auf diese Ausfahrt keineswegs verzichten, sondern nimmt einfach etwas
weiter im Weg die Minna-Todenhagen-Brücke über die Spree. Mit deren
Einweihung Ende 2017 sollte der Fährbetrieb eigentlich auch eingestellt
werden, Nutzerproteste konnten das verhindern.
Auf der anderen Seite ist es dann erst mal vorbei mit dem in Parks
verstauten Grün. Da wird die Medaille umgedreht, da scheint nicht viel
Sehenswertes zu winken. Nichts Beschauliches jedenfalls für den
Ausflüglerblick, weil sich die Stadt hier einfach mal alle Anmut verkneift
und stattdessen schlicht aufzählt, was so zu einer Stadt dazugehört. Dabei
kümmert sie sich nicht groß um eine besondere Ordnung, was der kruden
Gemengelage auf dieser Spreeseite mit Kleingartensiedlung, Industriebauten,
Brachen und den riesenhaften Anlagen des Heizkraftwerks Klingenberg (das
aber mit toller Zwanziger-Jahre-Architektur) einen rauen Charme verleiht.
## Zum Ende hin ein Schaustück
Nichts Pittoreskes, sondern vorstädtische Notwendigkeiten, notdürftig
festgezurrt an der Rummelsburger Landstraße und Köpenicker Chaussee. Aber
es muss doch nicht immer alles nur schön sein. Ein erster Supermarkt zeigt
an, dass hier doch auch gewohnt wird, und etwas weiter Richtung Innenstadt
ist man schon hinterm Ostkreuz, wo man fahrradfahrend hautnah erlebt, wie
so eine [3][mächtige Infrastrukturmaßnahme] den Stadtraum einigermaßen
unhübsch filetiert.
Ein Nichtort, an dem man gar nicht verweilen will. In dessen Halbschatten
aber sind gleich hinter dem Zaun wieder so Idyllen zu entdecken wie der
verwilderte Garten vom About Blank, [4][wo mit Clubbing allerdings gerade
noch nichts geht]. Und eine Straße weiter um die Ecke in dieser Gegend mit
dem Industriegebietscharme findet sich Zukunft, das Programmkino am
Ostkreuz.
Hin zur Spree geht es wieder und darüber schließlich über die
Oberbaumbrücke, eines der hübschesten Beispiele unter den vielen Brücken
Berlins. Noch mal zum Ende hin ein Schaustück auf dieser Ausfahrt, bei der
es ziemlich viele Seiten von der Stadt zu erfahren gibt.
Zurück geht es nach Kreuzberg, wo dann Berlin mit den Spätis, der Pizza auf
die Hand und den Fahrradläden wieder ganz das vertraute kleinkiezige
großstädtische Berlin ist.
30 Jun 2020
## LINKS
[1] /Plaene-fuer-Spreepark-in-Berlin-vorgestellt/!5506377
[2] https://gruen-berlin.de/spreepark/besucherinformation-0/fuehrungen
[3] /Bahnhof-Ostkreuz/!5553449
[4] /Berlins-Nachtleben-und-Corona/!5686241
## AUTOREN
Thomas Mauch
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