| # taz.de -- Neue Beratungsstelle in Bremen: Lückenhaftes System | |
| > Rot-Grün-Rot bringt eine Landesantidiskriminierungsstelle auf den Weg. | |
| > Denn das derzeitige Beratungssystem erreicht nicht alle. | |
| Bild: Bremen ist voller Barrieren – nicht nur für behinderte Menschen | |
| Bremen taz | Bremen bekommt eine Landesantidiskriminierungsstelle (LADS) – | |
| so steht es im Koalitionsvertrag, und so wird es wohl im Juli die | |
| Bürgerschaft beschließen. Ein [1][entsprechender Antrag der | |
| Regierungsfraktionen] liegt vor. Wie genau die Stelle aussieht, soll der | |
| Senat bis Ende des Jahres klären. | |
| Vorbild könnte Berlin sein, aber auch Baden-Württemberg, Hessen, | |
| Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein haben bereits solche | |
| Beratungsstellen. Bei der Konzeptionierung sollen der Bremer Rat für | |
| Integration, migrantische Selbstorganisationen und das Bremer Netzwerk | |
| gegen Diskriminierung einbezogen werden. | |
| Das Netzwerk wurde 2012 gegründet und versammelt merkmalsbezogene | |
| Beratungsstellen. Es komme jedoch [2][immer häufiger zu | |
| Mehrfachdiskriminierung], heißt es im rot-grün-roten Antrag. Manche | |
| Menschen seien mit ihren Merkmalen nirgendwo richtig aufgehoben, sagt | |
| Sahhanim Görgü-Philipp (Grüne), Fraktionssprecherin für Integration und | |
| Antidiskriminierung. „Eine Frau, die schwarz und lesbisch ist, vielleicht | |
| auch noch eine Behinderung hat – wo soll die hingehen?“ | |
| Das Netzwerk gegen Diskriminierung wurde damals zudem ohne Ausstattung | |
| eingerichtet, sagt [3][Caro Schulze vom Rat-&-Tat-Zentrum für queeres | |
| Leben]. In einer Stellungnahme von 2018 haben sie und andere | |
| Beratungsstellen die Unterfinanzierung des Bereiches kritisiert, vor allem | |
| angesichts des steigenden Beratungsbedarfs. | |
| Neben dem Problem der Mehrfachdiskriminierung gibt es weitere Lücken im | |
| Beratungssystem, wie eine Mitarbeiterin von [4][Soliport weiß, der Bremer | |
| Beratungsstelle für Betroffene rechter, rassistischer und antisemitischer | |
| Gewalt]: „Viele melden sich bei uns bei Diskriminierung auf dem | |
| Wohnungsmarkt, in der Schule, gegenüber Behörden.“ Selbstverständlich | |
| würden diese beraten, eine gute Verweisberatung sei jedoch nicht möglich. | |
| Auch [5][Aretta Mbaruk vom Projekt Antidiskriminierung in der Arbeitswelt], | |
| wie Soliport und Rat & Tat ebenfalls im Netzwerk organisiert, hält es für | |
| wichtig, die „Schutzlücken im Bereich des staatlichen Handelns – Schule, | |
| Polizei und Bürgerämter – zu schließen“. | |
| Die LADS soll laut Bürgerschaftsantrag nicht nur ein politisches Signal | |
| gegen Diskriminierung setzen, Beratungslücken schließen und eine gute | |
| Erstberatung anbieten können. Auch die Vermittlung von Rechten der | |
| Betroffenen wird Aufgabe der LADS sein. „Im Gleichbehandlungsgesetz stehen | |
| nicht wenige Rechte“, sagt Sofia Leonidakis (Linke), Fraktionssprecherin | |
| für Flucht und Soziales, „die aber sehr wenig in Anspruch genommen werden.“ | |
| Oft schreckten Betroffene vor aufwendigen Verfahren zurück. | |
| Auch die Erarbeitung politischer Handlungsempfehlungen, also Lobbyarbeit, | |
| und eine Dokumentation der Vorfälle gehören zu den Aufgaben der LADS. | |
| „Wichtig ist, eine Stelle zu haben, die Erhebungen in Auftrag geben kann, | |
| um die Erfahrung der Bürger*innen mit Diskriminierung zu erfassen“, sagt | |
| Mbaruk – und den „Beratungsbedarf sichtbar zu machen“. | |
| Günther Flißikowski von der CDU-Fraktion ist sich aufgrund dieser bisher | |
| fehlenden Erhebungen nicht sicher, ob sich die Einrichtung einer LADS | |
| lohnt. „Sicherlich gibt es Beratungslücken, aber wir können uns auch | |
| vorstellen, vorhandene Stellen zu stärken.“ Um die Bedarfe in Bremen | |
| genauer bewerten zu können, stellte [6][Flißikowskis Fraktion bereits Mitte | |
| Mai eine Anfrage] an den Senat. Wie viele Beratungsstellen es zurzeit gibt, | |
| mit welchen Teilbereiche der Diskriminierung sich diese befassen und wie | |
| viele Menschen sie nutzen, möchte die CDU wissen. | |
| Der Senat wird die Antworten voraussichtlich nächste Woche liefern. Die | |
| meisten Akteur*innen sind sich aber sicher: „Eine | |
| Landesantidiskriminierungsstelle könnte eine gute erste Anlaufstelle sein“, | |
| so die Soliport-Mitarbeiterin, „die die schon vorhandene Struktur stärkt, | |
| koordiniert und ergänzt.“ Auch Mehmet Ali Seyrek, SPD-Fraktionssprecher für | |
| Antidiskriminierung, hofft, dass die Stelle alle in irgendeiner Form | |
| benachteiligte Menschen ermutigt, sich zu melden. | |
| Die organisatorische Federführung der LADS wird die Sozialsenatorin haben. | |
| „Weisungsunabhängig“ soll sie natürlich trotzdem sein. Das müsse nach au… | |
| „glaubwürdig transportiert“ werden, so Schulze. 2021 soll die LADS ihre | |
| Tätigkeit aufnehmen. Für ihre Umsetzung, so Görgü-Philipp, sind 400.000 | |
| Euro im aktuellen Haushaltsentwurf veranschlagt. | |
| 27 Jul 2020 | |
| ## LINKS | |
| [1] https://www.bremische-buergerschaft.de/drs_abo/2020-06-16_Drs-20-445_fdccd.… | |
| [2] /Gender-Equality-Index-2018/!5633948 | |
| [3] https://www.ratundtat-bremen.de/ | |
| [4] https://soliport.de/ | |
| [5] https://www.ada-bremen.de/netzwerkarbeit/netzwerk-gegen-diskriminierung/ | |
| [6] https://www.cdu-fraktion-bremen.de/7_78_Anfragen-Landtag.html | |
| ## AUTOREN | |
| Alina Götz | |
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