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# taz.de -- Kritik an Werbebroschüre: Gut gemeint, aber klischeehaft
> Die Koordinationsstelle Sprache des Landes Bremen muss sich nach der
> Herausgabe einer Werbebroschüre mit Rassismusvorwürfen auseinandersetzen.
Bild: Verdienen eine rassismusfreie Ansprache: Geflüchtete beim Deutschkurs
Bremen taz | Die Koordinationsstelle Sprache des Landes Bremen muss sich
für eine Broschüre rechtfertigen, die als rassistisch kritisiert wird. Die
Broschüre war seit Januar im Umlauf und sollte Geflüchtete für die
Teilnahme an Deutschkursen gewinnen. Die Senatorin für Wirtschaft, Arbeit
und Häfen, Kristina Vogt (Die Linke) hat das Heft vergangene Woche
zurückgezogen. Der Pressesprecher der Senatorin, Kai Stührenberg, sagte, es
habe verschiedene Hinweise und Beschwerden unter anderem an die
Linksfraktion gegeben.
Die Broschüre „Gerüchte über Deutschkurse“ sollte geflüchtete Menschen
unter 27 Jahren dazu motivieren, sich für Deutschkurse anzumelden. Das
Problem an den fünf Illustrationen und kurzen Texten ist, dass Sie [1][sich
rassistisch interpretieren lassen]. Das sieht auch der Pressesprecher
Stührenberg so. Da wurde getextet: „Bringt nichts… sich für 1.000 Euro ein
B1 Zertifikat zu kaufen. Davon kann man kein Deutsch sprechen und es fliegt
auf!“
Die Behörde reagiert nun: Es soll ein interner Reflexionsprozess
stattfinden, an dem laut Senatorin neben der betroffenen Einrichtung auch
der Bremer Rat für Integration, die Stelle für Antidiskriminierung in der
Arbeitswelt (ADA) und Flüchtlingsorganisationen beteiligt sein werden.
Es werde darum gehen, wie man „solche Kommunikationsmaßnahmen verbessern
kann“, sagt Behördensprecher Stührenberg. Dazu gehöre es nachzuvollziehen,
wie die Broschüre erarbeitet wurde und was dabei schief gelaufen sei.
[2][Die ADA] hat gerade erst davon erfahren, dass sie sich an dieser
Diskussion beteiligen soll. Nach einem ersten Blick auf die Broschüre sagte
die Sprecherin Aretta Mbaruk: „Die dargestellte Form impliziert, dass
diejenigen, die noch nicht das geeignete Kursangebot gefunden haben,
entweder dumm, kriminell oder faul sind.“ Diese Annahmen seien Bestandteil
rassistischer Stereotype und sollten in Broschüren generell vermieden
werden.
Tragik verleiht dem Ganzen die Tatsache, dass die verantwortlichen Personen
eigentlich über die entsprechenden Kompetenzen verfügen und laut
Stührenberg aus persönlichem Engagement mit geflüchteten Menschen arbeiten.
„Es ist nicht legitim, diesen Leuten, die seit langem dort arbeiten,
Rassismus vorzuwerfen“, sagt er. Hinzu komme, dass anscheinend sogar
Geflüchtete an der Erarbeitung beteiligt waren.
Sich der Frage zu stellen, ob man unbewusst rassistische Vorurteile
verbreitet, ist unangenehm. Gerade Menschen, die sich aufgrund ihrer Arbeit
mit Diskriminierungen auseinandersetzen müssen, kann dieser Vorwurf hart
treffen. Trotzdem ist es wichtig zu hinterfragen, wie diese Broschüre
entstanden ist, die aus vielen Gründen irritiert.
Sie wurde auf Deutsch verfasst, anstatt in Sprachen der Herkunftsländer.
Sie arbeiten mit Ironie, die für Nicht-Muttersprachler*innen schwer zu
erfassen ist. Sie stellt Menschen dar, die rein äußerlich nicht viel mit
den Menschen gemein haben dürften, die die Broschüre adressieren will.
## Die Broschüre habe mit Gerüchten aufräumen wollen
Dabei war das Motiv für die Broschüre ursprünglich, Geflüchteten zu helfen.
„Es handelt sich nach Angaben der Koordinierungsstelle um reale, unter
Geflüchteten kommunizierte ‚Gerüchte‘ oder Missverständnisse“, sagt der
Pressesprecher der Senatorin. Mit diesen Falschinformationen sollte
aufgeräumt werden.
Um welche Gerüchte es sich handelt, wird aus der Broschüre nicht deutlich.
Ein Bild zeigt einen Mann, der vor einem Test sitzt und fragend die Hände
hebt. Neben seinem Kopf steht ein Fragezeichen und ihm gegenüber steht eine
Lehrerin die ihn mahnend ansieht. Daneben der Text: „Bringt nichts... sich
dumm zu stellen beim Einstufungstest, um von vorne anzufangen. Verschwendet
nicht eure Zeit, stellt euch nicht dumm!“ Mit welchem Gerücht hier
aufgeräumt werden soll, ist unklar.
Es gibt vieles in der Broschüre, das sich nicht selbst erklärt, und
missverständliche Formulierungen wie „Gerüchte“ tragen zur Verwirrung bei.
Was genau besser zu machen wäre, will Senatorin Vogt mit den Beteiligten
besprechen.
13 Mar 2020
## LINKS
[1] /Sprache-und-Rassismus/!5642743
[2] https://www.ada-bremen.de/
## AUTOREN
Dominika Vetter
## TAGS
Schwerpunkt Rassismus
Bremen
Sprache
Geflüchtete
Beratung
Anti-Rassismus
Schwerpunkt Rassismus
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