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# taz.de -- Liberale Politik und Populismus: Warum wurde Donald Trump gewählt?
> So richtig scheinen wir das immer noch nicht verstanden zu haben. Aber es
> wäre wichtig, damit wir die Ursachen verstehen und überwinden.
Bild: Trump-Anhänger wissen, wofür sie ihn gewählt haben
Manchmal beschleicht mich die Sorge, dass wir Liberaldemokraten immer noch
nicht verstanden haben, warum Donald Trump Präsident der Vereinigten
Staaten werden konnte – und dass und wie wir in weitgehender Verblendung
unseren Beitrag dazu geleistet haben.
Ein starkes Indiz dafür ist das Rumschwadronieren, dass Trump diesmal aber
verlieren wird. Selbst wenn: Trump ist kein böses Ufo, das aus dem Weltall
gekommen ist und dann wieder in ewigen Weiten verschwindet. Er ist die
konsequente Folge davon, dass wir unseren Scheiß nicht mehr auf die Reihe
kriegen und unzureichend verstehen, warum das so ist.
Ein wesentlicher Punkt besteht darin, dass sich die Beziehung von innen und
außen grundsätzlich verändert hat. In unserer 1968 ff. geprägten Geschichte
waren „Progressive“ außerhalb des Mainstreams und des „Establishments“…
herausgefordert und attackiert werden musste, weil es öde, machtgeil und
von fragwürdiger Moral war.
War ja teilweise nicht falsch, wenn auch selbstgefällig. Vor allem war es
letztlich demokratiestärkend, weil beide Seiten – populistische Progressive
wie autoritäre Konservative – durch die bundesrepublikanische Läuterung
fest auf dem Boden einer liberalen Demokratie landeten. Außen war auch
innen.
Aber die Progressiven von heute sind Trump, Rassemblement National, AfD und
die anderen autoritären und nationalistischen Bewegungen. Sie fordern das
Innen heraus, aber nicht, um es zu reformieren, sondern um es zu
überwinden. Ihr Feind ist die liberale Demokratie. Deren Mainstream und
Elite sind wir. Um den Strategen und Nazis beizukommen, braucht es einen
Rechtsstaat, der durchgreift, und einen Masterplan, ihnen Wähler abzujagen
und nicht zuzutreiben.
Trump, Rassemblement, AfD, PiS, Orbán werden von Leuten gewählt, die sich
von der liberalen Demokratie nicht repräsentiert fühlen. Sie halten gerade
das Liberale für undemokratisch, weil sie selbst dadurch schlechter
wegzukommen glauben als andere. Die Trump-Erfahrung zeigt: Es ist nicht
lösungsorientiert, sie in der Gruppe als böse oder dumme oder
undemokratische Menschen abzuurteilen, die zur Hölle gehen sollen. Da der
Mensch auf dem Planeten Erde festsitzt, landen wir dann alle in der Hölle.
Die letzte Präsidentschaftswahl war ein Desaster, weil die
liberaldemokratischen Kräfte nur mit sich gesprochen haben und über die
anderen. Bei Philip Manow („Entdemokratisierung der Demokratie“) kann man
viel Kluges dazu nachlesen und auch, dass „Medienaufmerksamkeit“ Trump
einen „geldwerten Vorteil“ von etwa 2 Milliarden Dollar brachte.
Die als Entlarvung gedachte Berichterstattung war das Benzin, das aus
Trumps Selfmade-Lagerfeuerchen ein globales Inferno machte. Die Leute
dachten eben nicht: Oha, Trump ist ja frauenfeindlich, neoliberal und
charakterlich ungeeignet. Sie dachten: Dieses liberale elitäre Pack
verachtet mich, genau wie ich es mir dachte. Denen zeig ich’s.
Nun gibt es zentrale Probleme, die liberaldemokratischen Regierungen
derzeit nicht lösen und nicht mal angehen. Die Klimakrise, die
geopolitischen, sozialen und wirtschaftlichen Auswirkungen der
Machtverschiebung Richtung China, die Arm-reich-Schere, die unkontrollierte
Digitalisierung, bei uns eine Transformation der EU zur Meisterung der vier
erstgenannten Probleme.
Die grundsätzliche Frage dahinter ist, wie und in welchem Rahmen liberale
Politik unter den politischen und wirtschaftlichen Bedingungen von
Globalisierung diese Probleme lösen kann. Es geht jedenfalls nicht ohne
eine liberaldemokratische Mehrheit. Wir müssen dafür Angebote machen,
werben, zuhören, Anschlüsse suchen und auch Zumutungen schlucken.
28 Jun 2020
## AUTOREN
Peter Unfried
## TAGS
Rechtspopulismus
Donald Trump
Kolumne Die eine Frage
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Annalena Baerbock
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Donald Trump junior
Schwerpunkt Coronavirus
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