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# taz.de -- Wiedereröffnung der Kinos in Berlin: Zum Neustart dunkle Flecken
> Wenn die Berliner Kinos nächste Woche wieder öffnen, bleiben viele
> Fragen. Und mit dem Colosseum ist bereits ein Kino auf der Strecke
> geblieben.
Bild: Da geht kein Kino mehr: Colosseum in Prenzlauer Berg
Am Dienstag, 30. Juni, sollte eigentlich ein schöner Tag sein. Für die
Filmfreunde, für die Kinobetreiber und für die übrige Filmbranche. Endlich
dürfen die Kinos in Berlin wieder öffnen. Dreieinhalb Monate war
pandemiebedingt kein Betrieb möglich, jetzt haben die Lockerungen auch in
diesem Bundesland die Lichtspielhäuser erreicht.
Dass nicht alle Kinos darunter sein werden, ist ein erster Dämpfer. Nachdem
schon zum Jahreswechsel das Cinestar inklusive Imax am Potsdamer Platz
dichtgemacht hatte, folgt jetzt als erstes Berliner Corona-Opfer das
Colosseum in Prenzlauer Berg. Wie beim Cinestar hatte der Vermieter den
Vertrag gekündigt, vor allem aber hat der Insolvenzverwalter des
Colosseums, Sebastian Laboga, verkündet, unter den geltenden Abstandsregeln
sei kein wirtschaftlicher Betrieb mehr möglich.
Doch auch für die übrigen Kinos ist Optimismus jetzt vermutlich eine Frage
der grundsätzlichen Haltung. Denn die Auflagen, unter denen sie starten
dürfen, vor allem der Sicherheitsabstand im Kinosaal, werfen für Kinos die
Frage auf, wie lange sich diese Praxis für sie wird rechnen können.
Das gilt für Kleinstsäle wie das Lichtblick-Kino in Prenzlauer Berg ebenso
wie für die größeren Kinos etwa der Yorck-Gruppe, die im Übrigen wie fast
alle anderen auch erst ab dem 2. Juli wieder öffnen werden. Sie alle dürfen
unter diesen Bedingungen bloß noch rund ein Viertel, maximal ein Drittel
der bisherigen Karten verkaufen. Für die Cineplex-Ketten gilt das Gleiche.
Je länger die Abstandsregeln gelten, desto wahrscheinlicher wird es daher,
dass andere Häuser dem traurigen Beispiel des Colosseums folgen.
Es könnte sogar sein, dass sich das Erlebnis in einem zwangsweise spärlich
besetzten Saal als so wenig reizvoll erweist, dass frustrierte Kinogänger
sich lieber der heimischen Couch zuwenden, um dort gemütlich zu streamen.
Hinzu kommt, dass wegen der vielen Startterminverschiebungen zunächst keine
allzu publikumsträchtigen Filme im Programm anstehen. Das Angebot, mit dem
die Kinos locken, ist mithin gleich in mehrfacher Hinsicht begrenzt
gewinnversprechend.
So bleibt ein Dilemma: Im Interesse der Kinos wäre es nötig, die
Abstandsregeln bald wieder aufzuheben. Im Interesse der Gesundheit des
Publikums wäre das höchstwahrscheinlich nicht. Eine bewährte und schöne
Form der kulturellen Begegnung stillschweigend den Coronatod sterben zu
lassen, kann allerdings nicht die Lösung sein.
Das wäre sicher auch nicht im Sinne des [1][Filmproduzenten Artur Brauner],
der das Colosseum 1992 gekauft hatte. Brauner produzierte in der
Nachkriegszeit erfolgreiche Unterhaltungsfilme, um sein dringlicheres
Anliegen, Filme über die NS-Zeit, finanzieren zu können. Und Filme wie
diese, die ernsten und die unterhaltsamen, brauchen nach wie vor einen
öffentlichen Ort.
27 Jun 2020
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[1] /Artur-Brauner-ist-gestorben/!5605938
## AUTOREN
Tim Caspar Boehme
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