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# taz.de -- Studentische Aktivistin in Indien freigelassen: Gegen Diskriminieru…
> Für ihr Engagement gegen ein diskriminierendes Staatsbürgerschaftsgesetz
> wurde Safoora Zargar inhaftiert – vermutlich unschuldig.
Bild: Endlich wieder in Freiheit: Safoora Zargar
Mumbai taz | Länger als zwei Monate befand sich die Studentin Safoora
Zargar in Untersuchungshaft in Delhis Tihar-Gefängnis. Am 23. Juni wurde
sie freigelassen. Die Aktivistin hatte sich mit lautstarken Protestreden
gegen das [1][umstrittene Staatsbürgerschaftsgesetz (CAA)] eingesetzt.
Zargar ist im indischen Jammu geboren und studiert Soziologie an der
renommierten Jamia-Islamia-Universität in Indiens Hauptstadt Delhi. Die
27-Jährige ist im fünften Monat schwanger, während die
Covid-19-Infektionsrate im Land stark ansteigt. Erst beim vierten Anlauf
gewährte das Oberste Gerichts Zargar aus „humanitären Gründen“ die
Freilassung auf Kaution.
Zum ersten Mal in der Geschichte Indiens macht ein Gesetz die
Staatsbürgerschaft von der Religion abhängig, was sowohl gegen die indische
Verfassung als auch gegen internationale Menschenrechtsstandards
verstößt. Das Gesetz erleichtert religiösen Minderheiten aus den
Nachbarländern Indiens, den indischen Pass zu erhalten. Muslime sind von
der Neuregelung jedoch ausgeschlossen. Zargar beteiligte sich immer wieder
aktiv an den zunächst friedlichen landesweiten Protesten gegen das Gesetz.
Ende 2019 kam es an ihrer Universität im Zuge der Anti-CAA-Proteste zu
massiven Unruhen durch Polizeigewalt. Die Aktivistin wirkte als
Medienkoordinatorin einer Studierendengruppe und wird beschuldigt, Teil
einer Verschwörung zu sein, die im Februar 2020 zu schweren interreligiösen
Ausschreitungen im Nordosten Delhis führte. Ihr werden Terrorismus, Mord
und Aufruhr vorgeworfen.
180 Tage in Untersuchungshaft, ohne Anklage
Mehr als 50 Menschen starben in jenen Tagen. Zudem wurden Wohnhäuser und
Moscheen zerstört. Wie genau es dazu kam, ist bis heute nicht umfassend
aufgeklärt. Dennoch wurde Zargar im April auf der Grundlage des Gesetzes
zur Verhinderung illegaler Aktivitäten verhaftet. Sie wird beschuldigt,
[2][eine Straße blockiert] zu haben, was zu dem Gewaltausbruch geführt
haben soll.
Neben Zargar wurden noch weitere Studierende wegen Verstoßes gegen das
Gesetz zur Verhinderung illegaler Aktivitäten angeklagt. Es ermöglicht,
Verdächtigte 180 Tage oder länger ohne Anklage festzuhalten – und wird
dafür von Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International
kritisiert. Unterdessen hatten mehrere Organisationen die Freilassung der
Angeklagten gefordert.
Zargars Ehemann Saboor Sirwal ist nun erleichtert: „Wir sind dem Gericht
dankbar. Ich danke auch unseren Anwälten für ihre Bemühungen. Die Familie
freut sich sehr darauf, sie zu treffen“, sagte er nach dem Urteil. Er
beschreibt seine Frau als leidenschaftliche Akademikerin, die eine Karriere
in der Wissenschaft verfolge.
Während es auf Zargars Twitter-Account seit ihrer Festnahme still geworden
ist, kursieren im Netz zahlreiche Falschbehauptungen, die sie als moralisch
verdorben darstellen. Aber Zargar wird nun sicher Besseres zu tun haben,
als sich damit zu beschäftigen.
26 Jun 2020
## LINKS
[1] /Neues-Staatsbuergerschaftsgesetz/!5647272
[2] /Indiens-neues-Einbuergerungsgesetz/!5663141
## AUTOREN
Natalie Mayroth
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Indien
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