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# taz.de -- Konjunkturpaket der Regierung zu Corona: Sehr viele teure Zuckerli
> Das Konjunkturpaket des Bundes ist üppig und teuer. Doch beim Kinderbonus
> fehlt es an Nachhaltigkeit.
Bild: Wer bekommt wie viele Zuckerli?
Wer sich schon mal einen Langstreckenlauf zugetraut hat, weiß, dass der
Erfolg nicht nur vom Training, sondern auch von der richtigen Ernährung
abhängt. Die guten Kohlenhydrate liefern Energie über einen längeren
Zeitraum, die schlechten, wie etwa Schokolade, treiben den
Blutzuckerspiegel rasch hoch, der allerdings genauso rasch wieder absinkt.
In der Corona-Pandemie hat sich die Gesellschaft auf eine Langstrecke
begeben, das [1][Konjunkturpaket,] welches die Große Koalition gestern
Nacht beschlossen hat, soll ihr helfen, sie zu meistern.
Es ist ein üppiges Paket, 130 Milliarden Euro dick, aber es ist teilweise
nicht ausgewogen. Es enthält viele nachhaltige Maßnahmen – gute
Kohlenhydrate. Überfällig etwa ist die [2][Unterstützung der Kommunen,] die
die meisten öffentlichen Investitionen tätigen. Schade nur, dass sich die
Union, insbesondere die CSU, nicht dazu durchringen konnte, auch einer
Entschuldung zuzustimmen. Gut und nachhaltig ist es auch, dass die
Regierung nun fast 50 Milliarden in den Klimaschutz steckt und auf eine
[3][Kaufprämie für Diesel]- und Benzinautos verzichtet.
Allerdings hat die Groko den Konjunkturbooster aber auch mit ziemlich
vielen Zuckerli angereichert. Zu vielen.
Das teuerste Versüßungsmittel ist die temporäre Senkung der Mehrwertsteuer.
20 Milliarden Euro wird es kosten, wenn bis zum Jahresende der volle
Steuersatz von 19 auf 16 Prozent und der ermäßigte von 7 auf 5 Prozent
sinkt. Das kann zunächst spürbar für Auftrieb sorgen, vor allem bei
Menschen, die wenig verdienen und fast ihr gesamtes Einkommen in den Konsum
stecken.
## Teures Schokoladentäfelchen
Der Leistungsabfall ist allerdings unausweichlich, und zwar dann, wenn die
Umsatzsteuer im nächsten Jahr wieder steigt. Sinnvoll und sozial gerecht
wäre es daher, die Umsatzsteuer für alle auf Dauer zu senken – im Gegenzug
aber den Spitzensteuersatz zu erhöhen und eine vernünftige Vermögens- und
Erbschaftssteuer einzuführen.
Ein recht teures Schokoladentäfelchen ist auch der Kinderbonus. Jede
Familie soll pro Kind einmalig 300 Euro bekommen und zwar unabhängig davon,
ob das Haushaltseinkommen 20.000 oder 100.000 Euro pro Jahr beträgt. Für
die einen ist es zu wenig, um ihren Kinder dauerhaft gleiche Chancen zu
sichern und die anderen bräuchten es eigentlich nicht, nehmen es aber
trotzdem gern. Vielleicht als Zuschuss für den neuen VW-Diesel. Wenn schon
ein Kinderzuschuss, dann wäre es besser, ihn gezielt an jene zu verteilen,
die ihn wirklich nötig haben und in mindestens doppelter Höhe.
Der einmalige Kinderzuschuss wird über vier Milliarden Euro kosten und ist
damit teurer als die anderen im Konjunkturprogramm geplanten Investition in
Kitas und Schulen zusammen, die eine nachhaltige Wirkung entfalten sollen.
Eine Milliarde sollen Kitas für Umbauten erhalten, der Ausbau von
Ganztagsschulen soll mit zwei Milliarden gefördert werden. Auf Dauer
leistungssteigernd wäre es aber, wenn die Groko die gegenwärtige
Notsituation dazu genutzt hätte, um richtig fett in den Bildungsbereich zu
investieren und den Ganztag nachhaltig zu stärken.
Das würde nicht nur viele Familien entlasten, die gegenwärtig und absehbar
auch in der nächsten Zeit mit der Betreuung ihrer Kinder bei gleichzeitigem
Homeoffice überfordert sind. Es fördert auch Gerechtigkeit und
Chancengleichheit.
So großzügig sich die Groko generell zeigt – beim Zukunftsthema Bildung ist
sie eher geizig, der Bereich wird gegenüber anderen eher spärlich bedacht.
Das wird sich auf langer Strecke rächen.
4 Jun 2020
## LINKS
[1] /Koalitionsausschuss-zur-Coronakrise/!5690533
[2] /Ueberschuldete-Kommunen-durch-Corona/!5689052
[3] /SPD-Chef-ueber-Konjunkturprogramme/!5686196
## AUTOREN
Anna Lehmann
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