# taz.de -- Geöffnete Kneipen in Berlin: Ein Hauch von Leben | |
> Kneipen und Bars dürfen unter strengen Auflagen wieder öffnen. Unser | |
> Autor schaut, was an den Berliner Tresen nach dem Lockdown los ist. | |
Bild: Langsam öffnen sich so manche Türen wieder, auch die der Kneipen | |
BERLIN taz | Seit Dienstag dürfen in Berlin die Bars und Kneipen wieder | |
geöffnet haben und sofort fühlt sich die Stadt lebendiger an, vertrauter. | |
Auch wenn die Läden um 23 Uhr schon schließen müssen, Sperrstunde in | |
Berlin, das muss man erst einmal schlucken. Vielleicht kommt jetzt sogar | |
kurz vor dem Schlussgong in den Kneipen ein retromäßiges „Letzte | |
Bestellung, bitte“, als Import aus Großbritannien hierher. | |
Auffallend ist am Kneipenstart, dass drinnen so gut wie nichts los ist, vor | |
der Tür dafür um so mehr. Die Gegend rund um den Boxhagener Platz und die | |
[1][Simon-Dach-Straße in Friedrichshain] fühlt sich an wie ein einziger, | |
riesengroßer Biergarten, während die Tresen verwaisen. Das liegt freilich | |
weniger am Virus, von dem man weiß, dass es sich in Innenräumen besser | |
ausbreitet, sondern schlichtweg am herrlichen frühsommerlichen Wetter. | |
In Paule's Metal Eck wird man geradezu komisch angeschaut, wenn man den | |
Raum betritt und sich der Bedienung nähert. „1,5 Meter Abstand!“, warnt | |
einen Sarah Drews, die Tochter des Kneipenbesitzers, die gerade Schicht hat | |
und sie sieht dabei ziemlich ernst aus. Der Tresen, hinter dem sie sich | |
gerade befindet, ist laut Corona-Verordnung für Gäste verbotene Zone. | |
Normalerweise sitzen in der Metalkneipe immer ein paar Stammgäste vor der | |
Bar, auch wenn es draußen 30 Grad hat, jetzt sind dort die Stühle leer. | |
Bestellt wird an den Tischen, die Getränke werden serviert. | |
Es läuft Metal in dem Laden, klar. Außer ein paar Billardspielern befindet | |
sich niemand im Inneren der Kneipe. Die zweieinhalb Monate, in dem der | |
Laden coronabedingt schließen musste, habe man genutzt, um alles zu | |
renovieren, sagt Drews. Nun sei sie aber froh, dass sie wieder öffnen | |
dürfe, auch wenn ihr die ganzen Corona-Regelungen zu schaffen machen. | |
## Die Gäste machen super mit | |
Türen und Tische ständig desinfizieren, bitte nur fünf Leute gemeinsam an | |
einem Tisch, es sei denn, sie kommen aus demselben Haushalt, da gilt es so | |
einiges zu beachten. Aber ihre Gäste würden alle super mitmachen, was | |
vielleicht auch daran liegt, dass sich diese der Kneipe besonders verbunden | |
fühlen. Zur Wiedereröffnung seien so gut wie ausnahmslos Stammgäste | |
gekommen. „Ich kenne wirklich alle Leute, die draußen an den Tischen | |
sitzen“, sagt Drews. | |
Auch in der Bier-Bar, einer der letzten echten Berliner Eckkneipen im Kiez | |
– samt Deutschlandfahne und dem Warnschild „Raucherkneipe“ hinter dem | |
Fenster – dominieren die Stammgäste das Bild. Frankie war vor Corona drei | |
Mal wöchentlich in der Kneipe, sagt er, Jeannette sogar fünf Mal. „Jetzt | |
bin ich schon sehr froh, dass der Klaus wieder auf hat“, sagt Frankie. | |
Klaus ist der Betreiber der Bier-Bar, auch er sagt: „Es fühlt sich gut an, | |
dass es wieder los geht.“ | |
In der Bier-Bar sitzen die meisten Gäste drinnen – die einzig echte | |
Umgebung für eine echte Berliner Molle. Nur ist dort jetzt wegen den | |
Abstandsregelungen weniger Platz als sonst. Klaus hat alles ausgemessen, | |
etwa 15 Gäste darf er nun in seiner Lokalität empfangen, in den kleinen | |
Hinterraum passen nochmal fünf weitere. Leicht werde es nicht, damit | |
wirtschaftlich zu überleben, sagt er. Im Szenebezirk würden die Mieten auch | |
nicht gerade geringer, und jetzt auch noch der ganze Schlamassel mit | |
Corona. Aber er sei Optimist, irgendwie werde es schon weitergehen. | |
Dass nicht alle Kneipen sofort am 2. Juni die Sektkorken knallen lassen, | |
beweist ein Besuch in der Punkrockkneipe Feuermelder. Die hat noch | |
geschlossen. „In ein paar Tagen sind wir wieder für euch da“, steht an der | |
Tür. | |
## Abstecher in die Astro-Bar | |
Also noch kurz ein Abstecher in die Astro-Bar, die inzwischen besonders | |
[2][bei Touristen beliebt] ist. Doch da es an diesen gerade mangelt, ist | |
hier eher wenig los. Im Hinterzimmer stapeln sich Tische und Stühle. „Wir | |
haben alles ausgemessen und die Tische im nötigen Abstand nebeneinander | |
gestellt“, erklärt Henryk Spielmann, der Inhaber der Bar. Das | |
übriggebliebene Interieur sei jetzt erst einmal hier gelandet, „wir wussten | |
ja gar nicht, wohin damit.“ | |
Spielmann sitzt draußen an einem Biertisch und scheint jetzt erst einmal | |
einiges nachholen zu müssen. Er nippt noch an einem halbleeren Bierglas, | |
während ein volles bereits daneben steht. Normalerweise passten um die 80 | |
Leute in seinen Laden, jetzt dürften nur noch um die 20 rein. Besser als | |
nichts. Er sagt aber auch: „Es muss schnell wieder so wie früher werden. So | |
kann es ja nicht weitergehen.“ Er hofft, dass die Tische und Stühle aus dem | |
Hinterzimmer möglichst bald wieder dort stehen, wo sie eigentlich | |
hingehören. | |
4 Jun 2020 | |
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## AUTOREN | |
Andreas Hartmann | |
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