| # taz.de -- Barbetreiber*innen in der Corona-Krise: „Wir haben Angst“ | |
| > Die Initiative Bars of Berlin fordert verminderte Mieten um Einbußen | |
| > abzufedern. Sie fürchten, dass sonst viele pleite gehen. | |
| Bild: Mittlerweile haben die Bars wieder offen. Doch die hohen Mieten machen de… | |
| taz: Herr Manteufel, was ist die Initiative Bars of Berlin? | |
| Roberto Manteufel: Ich habe die Initiative als Betreiber der Marietta Bar | |
| zusammen mit acht weiteren Barbetreiber*innen ins Leben gerufen. Als wir | |
| uns im April zusammengetan haben, ging es erst einmal um Vernetzung. Denn | |
| ein gemeinsames Netzwerk, um mit einer Stimme sprechen zu können, hatten | |
| wir Bars bis dahin nicht. Mittlerweile haben sich 67 Betreiber*innen | |
| unseren Forderungen angeschlossen. | |
| Die da wären? | |
| Wie alle anderen auch wurden wir in der Coronakrise immer ein bisschen | |
| überrumpelt von den politischen Entscheidungen. Unsere erste Forderung | |
| während des Lockdowns war, dass wir wieder aufhaben wollen. Dann ging es um | |
| die Sperrstunde, die noch bis zum 10. Juni galt. Jetzt wollen wir unter | |
| anderem unseren Umsatzausfall über die Gewerbemieten abfedern: Wir fordern | |
| eine gesetzlich geregelte Anpassung der Gewerbemieten, solange die | |
| Hygienevorschriften gelten. Darum treffen wir uns heute vor dem Rathaus, | |
| verlesen unsere Forderungen und machen klar: Wir sind auch noch da. | |
| Konnten die Soforthilfen diese Not nicht abfedern? | |
| Im ersten Moment schon. Es war toll, dass es diese Hilfen so schnell gab. | |
| Aber das Problem ist, dass die Gelder nicht den kompletten Zeitraum der | |
| Zwangsschließung annähernd abgefangen haben. Da reichen die 9.000 oder | |
| 15.000 Euro nicht aus. | |
| Wie hoch sind die Einnahmeeinbußen durch die Hygienevorschriften heute? | |
| Durch die Nutzung der Außenbereiche halten sich unsere Einnahmeeinbußen | |
| aktuell in Grenzen. Aber der Herbst kommt. Wenn wir nur noch unsere | |
| Innenbereiche mit den reduzierten Sitzplätzen nutzen können, sind Verluste | |
| allerdings unvermeidlich. Ich schätze, dass es bis zu 70 Prozent im | |
| Vergleich zum normalen Umsatz sein könnten. Dazu kommt, dass die | |
| Vorschriften unsere Arbeit auch erschweren. Allein die Gäste auf die | |
| Einhaltung der Maskenpflicht hinzuweisen, ist wie ein Kampf gegen | |
| Windmühlen. | |
| Welche Probleme haben Sie persönlich beim Betreiben Ihrer Bar? | |
| Ein Problem ist, dass die Gäste nicht immer über die Vorschriften | |
| informiert sind. Klar: Überall und in nahezu jeder Branche gelten | |
| unterschiedliche Regelungen, die von den Betreiber*innen unterschiedlich | |
| umgesetzt werden. Da herrscht eine große Verwirrung. Wenn ich zum Beispiel | |
| manchen Gästen die Anwesenheitsliste hinlege, stehen sie empört wieder auf | |
| und gehen. Was die Außenbereiche anbelangt, bin ich wiederum als Betreiber | |
| unsicher, was eigentlich wir überhaupt dürfen. | |
| Sie wollen also einheitliche Regelungen? | |
| Ja, denn für Außenbereiche gibt es berlinweit keine einheitliche Regelung. | |
| Bei uns hat sich beispielsweise das Ordnungsamt beschwert, dass Tische und | |
| Stühle auf dem Gehweg stehen. Eigentlich sollte das aber nach den | |
| Beschlüssen der Bezirksverordnetenversammlung möglich sein. Nur wusste das | |
| Ordnungsamt noch nichts davon. Wir brauchen eine einheitliche Lösung für | |
| alle Bezirke. | |
| Meinen Sie, dass Sie damit Erfolg haben werden? | |
| Wir wünschen uns einen „Runden Tisch“. Den gibt es bisher nur im Bezirk | |
| Tempelhof-Schöneberg. Vom Senat haben wir leider noch nichts gehört. Was | |
| unsere Forderung nach der Anpassung der Gewerbemieten anbetrifft, sollten | |
| wir uns nicht allzu viel erhoffen. So etwas darf nur auf Bundesebene | |
| geregelt werden. Wir können also nur fordern, dass sich der Senat auf | |
| Bundesebene für unser Anliegen einsetzt. | |
| Die CDU will 50 Prozent der Clubmieten das Land zahlen lassen, auf die | |
| anderen 50 Prozent sollen die Vermieter*innen verzichten. Ist das auch für | |
| Bars vorstellbar? | |
| Das wäre eine Möglichkeit. Allerdings sind die Clubs härter betroffen als | |
| wir Bar-Betreiber*innen. Niemand von uns will gar keine Miete zahlen. Das | |
| Beste wäre eine gesetzliche Richtlinie, die festlegt, um welchen Betrag die | |
| Miete gesenkt werden kann. Bisher läuft das extrem ungerecht: Auf der einen | |
| Seite haben Bars, Restaurants und Cafés aufgrund der Auflagen hohe | |
| Einbußen, die Verpflichtung gegenüber den Vermieter*innen besteht aber | |
| ungemindert fort. | |
| Was befürchten Sie, was mit den Bars passiert, wenn die kalten Monate | |
| beginnen? | |
| Kein*e einzige Betreiber*in, mit dem ich rede, sagt: Das schaffen wir ohne | |
| Probleme. Die erzählen eher: Wir haben richtig Angst. | |
| 20 Jul 2020 | |
| ## AUTOREN | |
| Jannis Hartmann | |
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