# taz.de -- Bundesgerichtshof zu Ku’damm-Rennen: Autoraser können Mörder se… | |
> Der BGH bestätigt das Urteil zum tödlichen Ku’damm-Rennen. Der Fahrer sei | |
> mit „äußerstem Risiko“ gerast, ein Mordvorsatz daher gegeben. | |
Bild: Geschah hier ein Mord? Die Unfallstelle in Berlin am Tag nach dem Ku'damm… | |
KALRSRUHE taz | Der Bundesgerichtshof (BGH) hat die lebenslange | |
Freiheitsstrafe wegen Mordes für einen der sogenannten [1][Ku’damm-Raser] | |
bestätigt. Das Urteil gegen seinen Rennpartner wurde aufgehoben, hier muss | |
das Landgericht Berlin neu verhandeln. | |
Im Februar 2016 lieferten sich zwei junge Männer – Hamdi H. (damals 27) und | |
Marvin N. (24) – nachts um halb eins spontan ein Wettrennen auf dem | |
Berliner Kurfürstendamm. Ampeln wurden ignoriert, die Geschwindigkeit lag | |
zum Schluss bei 160 bis 170 Stundenkilometern. Kurz vor dem Ziel | |
kollidierte H. mit einem Jeep, der bei Grün aus einer Seitenstraße kam. Der | |
Fahrer, ein Rentner, starb noch an der Unfallstelle. | |
Das Landgericht Berlin verurteilte die beiden Raser im Februar 2017 zum | |
ersten Mal wegen Mordes. Doch der BGH hob das Urteil wieder auf. Ein | |
Tötungsvorsatz sei nicht ausreichend bewiesen. Im März 2019 verurteilte das | |
Landgericht Berlin die beiden Angeklagten [2][erneut wegen Mordes]. Diesmal | |
bestätigte der BGH das Berliner Urteil im Wesentlichen. | |
Vorab betonte die Vorsitzende Richterin Beate Sost-Scheible, wie schwierig | |
solche Raserfälle zu lösen seien, weil sie sich von klassischen | |
Tötungsdelikten unterschieden. „Hier wird ja nicht mit einer Waffe | |
geschossen.“ Dreh- und Angelpunkt sei die Feststellung eines | |
Tötungsvorsatzes: Wenn der Raser sich gleichgültig mit dem Tod anderer | |
Verkehrsteilnehmer abgefunden hat, sei dies als bedingter Vorsatz zu | |
werten. Hat der Raser jedoch darauf vertraut, es werde schon gut gehen, | |
liege Fahrlässigkeit vor, referierte die Richterin. Es komme bei dieser | |
Abgrenzung immer auf den Einzelfall an. | |
## Mord-Urteil bleibt wohl die Ausnahme | |
Hamdi H. habe erkannt, dass er einen Unfall nicht vermeiden könne, wenn bei | |
dieser Geschwindigkeit ein Fahrzeug kreuze, so die BGH-Richterin. „Aus | |
diesem außergewöhnlich gefährlichen Fahrverhalten durfte das Landgericht | |
auf den bedingten Vorsatz schließen.“ | |
Die Anwälte von H. hatten zwar auf die hohe Eigengefährdung H.s | |
hingewiesen. Diese spreche dafür, dass H. auf einen unfallfreien Ausgang | |
vertraute. Das Landgericht hatte dies jedoch verneint. H. habe im Fall | |
eines Unfalls auf den Airbag seines Fahrzeugs gesetzt. Diese Wertung des | |
Landgerichts müsse der BGH „hinnehmen“, sagte Sost-Scheible. Der BGH könne | |
in der Revision nur Rechtsfragen prüfen. Dass das Landgericht mögliche | |
Kollisionen mit kreuzenden Lkws außer Betracht ließ, sei kein Rechtsfehler | |
so Sost-Scheible. | |
Außerdem hatten die Anwälte argumentiert, dass bei einem Unfall auch H.s | |
Ziel, das Rennen zu gewinnen und damit die Anerkennung seiner Freunde zu | |
bekommen, gefährdet war. Auch dies spreche für die Hoffnung auf ein | |
unfallfreies Rennen, so die Anwälte. Dem hielt der BGH entgegen, dass H. im | |
Rennen hinten lag und das schwächere Fahrzeug fuhr. Um zu gewinnen, musste | |
er „das Risiko aufs Äußerste steigern“, so Sost-Scheible. Das Landgericht | |
durfte deshalb daraus schließen, dass H. alle Bedenken zurückgestellt | |
hatte. | |
## N. bleibt in U-Haft | |
Als Mordmerkmale hat der BGH „niedrige Beweggründe“ und „Heimtücke“ | |
akzeptiert. Dass das Landgericht das benutzte Auto zudem als | |
„gemeingefährliches Mittel“ einstufte, hat den BGH jedoch nicht überzeugt. | |
Aber darauf kam es wegen der anderen Mordmerkmale nicht an. | |
Sost-Scheible betonte, dass ein Mord-Urteil in [3][Raserfällen] wohl „die | |
Ausnahme“ bleiben wird. Hier aber sei die Gefährlichkeit der Fahrt kaum | |
noch zu übertreffen und die Geschwindigkeit „unfassbar hoch“ gewesen. | |
Im Fall des zweiten Fahrers, Marvin N., der nicht mit dem Jeep kollidierte, | |
hatte das Landgericht Mittäterschaft angenommen. Darin sah der BGH jetzt | |
aber einen Rechtsfehler, da kein „gemeinsamer Tatentschluss“ nachgewiesen | |
wurde. | |
Der BGH lehnte es ab, N. bis zur neuen Verhandlung am Landgericht Berlin | |
aus der U-Haft zu entlassen. Denn N. drohe immer noch eine hohe Strafe – | |
nun wegen versuchten Mordes. | |
18 Jun 2020 | |
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## AUTOREN | |
Christian Rath | |
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