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# taz.de -- Corona-Lage weltweit: Kein Ende in Sicht
> Global gesehen ist die Coronapandemie nicht vorbei, sondern auf ihrem
> Höhepunkt. Dabei ist nicht Armut das Problem – vielmehr politisches
> Versagen.
Bild: Weiterhin ist Wachsamkeit geboten: In einem Coronatestzentrum in Köln am…
Wer das öffentliche Leben in Deutschland verfolgt, kann leicht den
[1][Eindruck bekommen, dass die Coronakrise weitgehend vorbei] ist.
Geschäfte und Unternehmen haben den Betrieb wieder aufgenommen, in den
Schulen läuft der Unterricht wieder an, die Straßen sind fast so voll wie
vor der Epidemie. Die täglichen Lageberichte des Robert-Koch-Instituts – am
Freitag ist der 100. erschienen – werden kaum noch wahrgenommen.
Und tatsächlich ist Deutschland ja sehr viel besser durch die Krise
gekommen, als anfangs befürchtet wurde. [2][Mit 8.800 Menschen sind bisher
weniger Menschen gestorben] als die 12.000, von denen das Innenministerium
Ende März in seinem optimistischsten Szenario ausgegangen war – und nur ein
winziger Bruchteil der 1,2 Millionen, mit denen für den schlimmsten Fall
gerechnet wurde. Auch die Befürchtung vieler ExpertInnen, dass die
Fallzahlen mit der Lockerung der Beschränkungen schnell wieder ansteigen
werden, hat sich glücklicherweise bisher nicht bestätigt.
Doch der Blick auf Deutschland und Europa allein täuscht. Global gesehen
ist Corona keineswegs auf dem Rückzug. Im Gegenteil: Die Zahl der
weltweiten Neuinfektionen steigt weiterhin auf immer neue Rekorde.
Lediglich der geografische Schwerpunkt hat sich verlagert.
Vor allem in Lateinamerika zeigen die Kurven jetzt steil nach oben: Mit
über 20.000 bestätigten Infektionen und mehr als 1.000 Covid-19-Toten am
Tag hat sich Brasilien inzwischen vor die USA geschoben. Auch in Mexiko und
Chile steigen die Zahlen stark an. In Asien sind Indien und Pakistan
besonders betroffen. Und weil in diesen Ländern relativ wenig getestet
wird, dürfte die Dunkelziffer noch weitaus höher sein als in Europa.
Ausschlaggebend für den starken Anstieg ist nicht primär die Armut breiter
Bevölkerungsteile in diesen Ländern. Auch wenn beengte und unhygienische
Lebensverhältnisse und ökonomischer Druck das Ansteckungsrisiko erhöhen –
was auch die Ausbrüche unter Erntehelfern und in Schlachtbetrieben in
Deutschland belegt haben –, zeigen die großen Unterschiede unter Ländern in
vergleichbaren wirtschaftlichen Situationen, dass vor allem die Politik
dafür entscheidend ist, wie stark ein Staat von Corona betroffen ist.
## Fehler der Vergangenheit rächen sich
Zum einen rächen sich jetzt Fehler der Vergangenheit: Je stärker das
öffentliche Gesundheitssystem kaputtgespart und privatisiert wurde, desto
schlimmer sind die Auswirkungen des Virus. Zum anderen zeigt sich – wie
zuvor unter den Industrienationen schon in den USA und Großbritannien zu
beobachten war –, wie sehr gerade populistische und rechtsgerichtete
Regierungen in der Krise versagen.
[3][Ob Jair Bolsonaro in Brasilien] oder Sebastián Piñera in Chile: Es sind
vor allem konservativ-nationalistische Staatschefs, die an der Coronakrise
scheitern. Ihre Kombination aus Allmachtsfantasien,
Wissenschaftsfeindlichkeit und Desinformiertheit erweist sich in der
Coronakrise als tödlich.
Das steht in einem deutlichen Gegensatz zu Deutschland, wo es zwar auch
einzelne Fehleinschätzungen gegeben haben mag, wo aber die Beteiligten
stets den Eindruck vermittelten, auf Basis des jeweiligen Kenntnisstands
die beste Entscheidung zu treffen, um das Risiko so weit wie möglich zu
verringern. Damit das so bleibt, ist aber weiterhin Wachsamkeit geboten.
Einen Beitrag dazu kann die neue Corona-App leisten, die nächste Woche
startet – zwar viel später als geplant, aber dafür offenbar technisch
ausgereift und datenschutzrechtlich unbedenklich. Es ist zu hoffen, dass
sie von vielen genutzt wird.
Die vergangenen Wochen haben gezeigt, dass es trotz der inzwischen deutlich
geringeren Zahl von Infektionen auch in Deutschland jederzeit lokal zu
neuen Ausbrüchen kommen kann, offenbar vor allem durch größere
Zusammenkünfte in geschlossenen Räumen und durch beengte
Arbeitsverhältnisse. Auch bei uns ist die Coronapandemie noch lange nicht
vorbei.
12 Jun 2020
## LINKS
[1] /Umgang-mit-Corona-Lockerungen/!5690737
[2] https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Fallzahlen.html
[3] /Corona-in-Brasilien/!5692357
## AUTOREN
Malte Kreutzfeldt
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