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# taz.de -- Justiz und Reformen im Kosovo: Rückschlag für Albin Kurti
> Ein Urteil des Verfassungsgerichts beendet die Ambitionen des
> reformorientierten Ex-Premiers. Demonstranten versammeln sich in
> Prishtina.
Bild: Die UnterstützerInnen sind da: Demonstration für Albin Kurti am Donners…
Split taz | Definitives Aus für Kosovos ehemaligen Ministerpräsidenten
Albin Kurti. Das geht aus einem Urteil des Verfassungsgerichts hervor, das
am Donnerstag abend erging. Damit hat die alte Riege von Politikern um den
Präsidenten und ehemaligen Führer der Kosova-Befreiungsorganisation UCK,
Hashim Thaci, ihr Ziel erreicht.
Die Reformregierung unter [1][Albina Kurti] war Ende März durch ein
Misstrauensvotum gestürzt worden, nachdem sein wichtigster Partner, die
konservative Demokratische Liga Kosova (LDK), aus der Koalition mit der
Partei Vetevendosje ( Selbstbestimmung) ausgeschert war. Thaci hatte
daraufhin den LDK-Politiker Avdullah Hoti mit der Bildung einer neuen
Regierung beauftragt.
Kurti, der angetreten war, die Korruption der alten Riege aufzudecken und
das Land zu reformieren, hatte Neuwahlen gefordert und das
Verfassungsgericht angerufen. Dieses hatte Anfang Mai das Dekret des
Präsidenten zur Regierungsneubildung mit einer vorläufigen Entscheidung
gestoppt.
Mit seinem jetzigen Urteil stellte das Gericht klar, dass Präsident Thaci
im Einklang mit der Verfassung handelte, als er eine neue Regierung bilden
ließ. Die Richter erklärten, Neuwahlen seien nur statthaft, wenn sich das
Parlament zuvor selbst auflöst. Über die notwendige absolute Mehrheit für
einen solchen Schritt verfügte Kurtis Partei „Vetevendosje“ jedoch nicht.
## In Korruption verstrickt
Die von den europäischen Volksparteien unterstützte LDK ließ unter ihrem
Vorsitzenden Isa Mustafa die Reformregierung unter Kurti platzen, weil auch
ihr die angestrebten Reformen zu weit gingen. Die Führungsschicht dieser
Partei ist nach Ansicht namhafter Persönlichkeiten der Zivilgesellschaft
selbst in viele Korruptionsdelikte verwickelt.
Ihr Reformflügel unter der bei den Wahlen erfolgreichen Politikerin Vjiosa
Osmani wurde schon kurz nach der Regierungsbildung von der alten Riege der
Partei kaltgestellt und isoliert. Die charismatische und beliebte Osmani
hatte mit rund 24 Prozent der Stimmen nur knapp den zweiten Platz hinter
Vetevendosje (26 Prozent) verfehlt und der schon abgewirtschafteten Partei
LDK so nochmals zur Macht verholfen.
Die neue Regierung wird sich nicht nur auf die LDK stützen, sondern
vermutlich auch auf die bei den Wahlen im Herbst geschlagene Partei von
Hashim Thaci, die Demokratsische Partei Kosova (PdK). Die Allianz für den
Fortschritt AKK des Ex-Regiernschefs Ramush Haradinaj sowie weitere
kleinere Parteien haben ihre Bereitschaft, in eine Koalition einzutreten
schon zugesagt.
Für Kurti und seine „Vetevendosje“ ist dieser Rückschlag nicht der erste
seiner Art.. Doch er weiß die große Mehrheit der jungen Wähler in dieser
jüngsten Bevölkerung Europas hinter sich. Nach letzten Umfragen könnte
„Vetevendosje“ bei Neuwahlen über 40 Prozent der Stimmen erreichen.
## „Corona-gerechte Demonstration“
Mit der Entscheidung des Gerichts dürfte sich die innenpolitische Lage in
Kosovo weiter zuspitzen. Schon vor dem Urteil hatten sich am
Donnerstagabend Tausende in der Hauptstadt Prishtina zu einer
coronagerechten Demonstration – die Demonstranten hielten Abstand
zueinander – versammelt.
Die Spaltung der Gesellschaft wird noch verstärkt durch den Druck des
US-Sondergesandten Richard Grenell, endlich einem [2][Gebietsaustausch
zwischen Serbien und Kosovo] zuzustimmen. Demnach sollen der vor allem von
Serben bewohnte Norden Kosovos zu Serbien und die Gemeinden Presevo und
Bujanovac in Südserbien an Kosovo fallen. Angeblich sollen die Pläne dafür
schon detailliert zwischen Hashim Thaci und dem serbischen Präsidenten
Alexandar Vucic ausgearbeitet sein.
Dieser nach ethnischen Kriterien vorgenommene Gebietsaustausch stößt aber
auf heftigen Widerstand. Die Mehrheit der kosovarischen Bevölkerung, sowohl
Albaner als auch Serben in Kosovo, sowie die Orthodoxe Kirche, sind
dagegen.
Kurti ist immer gegen ethnische Teilungen aufgetreten. Beobachter sehen
seinen Sturz als Folge des US-amerikanischen Drucks auf alle
Kosovo-Politiker, um ein Abkommen Serbien-Kosovo zu erzielen und dieses
dann als Erfolg von Präsident Donald Trump verkaufen zu können.
29 May 2020
## LINKS
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## AUTOREN
Erich Rathfelder
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