# taz.de -- Gegen rassistische Querfronten: Die Geschichte offenhalten | |
> Damit die Rechten nicht weiterhin von Ängsten profitieren: Es gilt die | |
> Krise in den neuen Zwanzigerjahren in solidarische Bahnen zu lenken. | |
Bild: Proteste am Rosa-Luxemburg-Platz | |
Zum ersten Mal jährt sich am 2. Juni der rechtsextreme Mord an Walter | |
Lübcke. 2019 war auch das Jahr, in dem ein geplanter Massenmord in der | |
Synagoge von Halle nur von einer alten Holztür verhindert wurde. Zwei | |
Menschen kamen dennoch ums Leben. In Bezug auf eine | |
verschwörungstheoretische „Botschaft an das gesamte deutsche Volk“ | |
ermordete ein Rassist im Februar 2020 neun Menschen in Hanau, kurz zuvor | |
ließ sich ein FDPler von einer Partei zum Thüringer Ministerpräsidenten | |
wählen, die offen mit faschistischem Gedankengut hantiert. | |
Viel wurde zum letzten Jahreswechsel über mögliche Analogien zwischen den | |
neuen Zwanzigern und der Weimarer Republik diskutiert, die im Faschismus | |
und der Schoah endete. Eine gesundheitliche und wirtschaftliche Krise, wie | |
die momentane, war zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht abzusehen. | |
Die Rechten aber profitierten damals wie heute von Ängsten, begründeten und | |
imaginierten. „Der Volkslehrer“, Politiker*innen von AfD, NPD und der | |
aufgelösten Bürgerbewegung Pro Deutschland mischen sich jetzt nicht nur in | |
Berlin unter die Proteste von Frustrierten, Esoteriker*innen und verwirrten | |
Corona-Leugner*innen. | |
In Gera entdummte sich der besagte FDPler nicht, sich anzuschließen, in | |
Chemnitz organisierten die Nazis den Protest gleich selbst. Oft sind es | |
antisemitische oder zumindest antisemitisch grundierte | |
Verschwörungstheorien, mit denen sie in einer schwierigen und komplexen | |
Zeit locken. | |
Hart in der Kritik, klar im Argument | |
Keine Frage, es gibt finanzstarke Lobbygruppen, mächtige kapitalistische | |
Netzwerke und stark wachsende Monopole. Auch Corona trifft nicht alle | |
gleich und es gilt genau hinzusehen, wo Überwachung, wo | |
Grundrechtseinschränkungen gerechtfertigt sind und wo nicht. | |
Aber von einer Diktatur, einer Weltregierung zu raunen, diese abstruser | |
Weise mit dem Judentum in Verbindung zu bringen, kann unter Umständen nicht | |
nur in rassistische Gewalt und blutigen Terror umschlagen. Es raubt auch | |
die Möglichkeit, konkret zu kritisieren und grundlegend die Verhältnisse zu | |
ändern. | |
Es gilt, die Geschichte offenzuhalten und die Krise in den neuen | |
Zwanzigerjahren in solidarische Bahnen zu lenken – hart in der Kritik, klar | |
im Argument. Es gilt klare Kante zu zeigen und rassistischen Querfronten | |
eine Absage zu erteilen, etwa am 16. Mai um 14 Uhr an der Linienstraße, | |
Ecke Max-Beer-Straße in Berlin-Mitte. Mit Mundschutz und Abstand zueinander | |
– versteht sich. | |
13 May 2020 | |
## AUTOREN | |
Stefan Hunglinger | |
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