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# taz.de -- Corona-Eklat in Großbritannien: Chefberater auf Abwegen
> Der Berater des britischen Premiers hat nicht nur gegen die
> Lockdown-Regeln verstoßen, er erkrankte sogar an Covid-19. Viele fordern
> seinen Rücktritt.
Bild: Dominic Cummings verlässt 10 Downing Street
BERLIN taz | Die Aufregung ist riesengroß und parteiübergreifend. „Schweren
Schaden“ konstatiert der Leitartikel von Boris Johnsons Hausblatt Daily
Telegraph. Großbritanniens einflussreichste konservative Zeitung Daily Mail
schäumt: „Cummings hält uns für Dummköpfe. Er muss zurücktreten.“ Die
Oppositionsparteien wären Dominic Cummings, Chefberater des
Premierministers Boris Johnson, ohnehin lieber heute als morgen los. Auch
immer mehr konservative Parlamentarier äußern gegenüber Medien
Unverständnis.
Völlig unnötig hat der gerissene Stratege im Herzen von 10 Downing Street,
der das Brexit-Referendum 2016 gewann und der Regierung Johnson seinen
Stempel aufgedrückt hat, sich selbst zum Zentrum einer uferlos
anschwellenden Kontroverse gemacht.
Indem Dominic Cummings Ende März, auf dem Höhepunkt des gerade erst
verfügten [1][totalen Corona-Lockdowns in Großbritannien], mit Frau und
Kind aus London nach Durham im Nordosten Englands reiste, brach er nicht
nur sämtliche Lockdownregeln, wonach Verwandtenbesuche und Reisen untersagt
sind. Er war auch selbst an Covid-19 erkrankt, ebenso wie seine Ehefrau
Mary Wakefield.
Die Journalistin beim konservativen Wochenmagazin Spectator veröffentlichte
dort einen bewegenden Artikel über die schwere Krankheitszeit mit
Selbstisolation, ohne zu verraten, dass man sich gar nicht mehr in London
befand. Cummings’ Eltern bekamen in Durham Polizeibesuch. Irgendjemand
verriet das der Presse, und seit am Freitagnachmittag die Polizei von
Durham dem Büro des Premierministers mitteilte, man habe eine entsprechende
Journalistenanfrage bestätigt, nimmt die Affäre ihren Lauf.
## Diverse Politiker ignorieren Lockdown
Fünf Stunden lang konferierten am Sonntag Johnson und Cummings in 10
Downing Street, die Journalisten sammelten sich und warteten auf einen
Rücktritt. War nicht erst am 6. Mai [2][der medizinische Regierungsberater
Neil Ferguson zurückgetreten], weil er heimlich im Lockdown seine Geliebte
empfangen hatte? Musste nicht am 6. April die oberste medizinische
Beraterin der Autonomieregierung von Schottland, Catherine Calderwood,
ihren Hut nehmen, weil sie regelwidrig ihren Zweitwohnsitz aufgesucht
hatte? Genau zu dem Zeitpunkt weilte Dominic Cummings heimlich in Durham.
Am späten Sonntagnachmittag trat Boris Johnson vor die Presse. Aber
Cummings trat nicht zurück. Sein Berater habe „legal und
verantwortungsbewusst“ gehandelt, sagte Johnson über Cummings: „Soweit ich
sehe, hat er die Regeln eingehalten.“
Ende der Affäre? Keineswegs. Kommentatoren rätseln, wann Johnson Cummings
doch noch fallen lässt. Cummings’ Haus in London wird von
Journalistenscharen belagert. Sie ignorieren alle Abstandsregeln und sie
beamen Lockdownvideos in die Fenster.
In der britischen Öffentlichkeit bleibt vor allem eines hängen: Wenn
Cummings trotz Lockdown aus London hinausdarf, darf ich das auch. Am
Montag, einem Feiertag bei strahlendem Sonnenschein, waren manche Strände
voll.
25 May 2020
## LINKS
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## AUTOREN
Dominic Johnson
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