# taz.de -- Virologe Neil Ferguson in Großbritannien: Professor Lockdown schme… | |
> An den Ausgangsbeschränkungen in Großbritannien hatte Neil Ferguson | |
> entscheidend mitgewirkt. Dann verstieß er dagegen, jetzt ist er | |
> zurückgetreten. | |
Bild: Neil Ferguson hat seine eigenen Ratschläge nicht befolgt | |
London taz | Er folgte seinen eigenen Ratschlägen nicht – und musste | |
deshalb jetzt seinen Job hinschmeißen: Neil Ferguson, einer der | |
anerkanntesten Wissenschaftler Großbritanniens, hat seinen Posten als | |
Regierungsberater aufgegeben. Entgegen geltenden Corona-Maßnahmen, an denen | |
er entscheidend mitgewirkt hatte, hatte der Spitzenforscher seine Affäre | |
bei sich zu Hause zu Besuch empfangen. | |
Bis Dienstagabend war Ferguson noch einer der wichtigsten Berater im | |
wissenschaftlichen Notstab der britischen Regierung (Sage). Sein Rat soll | |
für die letztendliche Entscheidung maßgeblich gewesen sein, den Brit*innen | |
Ausgangsbeschränkungen vorzuschreiben, um die Ausbreitung des Coronavirus | |
zu bekämpfen. Er warnte die Regierung, dass ohne derartige Maßnahmen | |
250.000 bis 500.000 Brit*innen ihr Leben verlieren könnten – eine Rechnung, | |
an der sich Kritik geregt hatte, genau wie an den harten Maßnahmen. Als die | |
Regierung seinem Rat folgte, hatte er sich den Spitznamen Professor | |
Lockdown eingehandelt. | |
Geboren im idyllischen Lake District in England und aufgewachsen in Wales, | |
ist der 51-jährige Epidemiologe heute Professor und Vize-Präsident für | |
akademische Entwicklung an der Medizin-und Gesundheitsfakultät des Londoner | |
Imperial College. Zudem ist er Mitbegründer des dort ansässigen und | |
hochanerkannten Forschungszentrums zur Analyse von globalen ansteckenden | |
Erkrankungen (MRC Centre for Global Infectious Disease Analysis). | |
Davor arbeitete Ferguson im selben Feld an der Universität Oxford, wo er | |
auch promoviert hatte. Sein Doktorvater John Wheater beschrieb Ferguson | |
[1][der Financial Times ] als einen der besten Student*innen, die er je | |
erlebt habe. | |
## Er selbst hatte sich mit Corona infiziert | |
Infolge der Pandemie hatte er sich selbst mit Corona infiziert und musste | |
sich zwei Wochen lang isolieren. Später soll er seine Geliebte zweimal bei | |
sich zu Hause empfangen haben – entgegen den ausdrücklichen | |
Distanzierungsmaßnahmen. „Ich habe in dem Glauben gehandelt, dass ich immun | |
bin“, teilte Ferguson in einer Stellungnahme mit. Er bezeichnete sein | |
Verhalten als Fehleinschätzung. Ihm tue dies zu tiefst leid. | |
Ferguson, ein schlanker Mann mit getrimmten Vollbart, runder Hornbrille und | |
Geheimratsecken, wird von Kolleg*innen als ein nie ruhendes Arbeitstier | |
beschrieben. Er forscht seit zwei Jahrzehnten zu Epidemien und Pandemien, | |
darunter auch zu Sars, Mers, Malaria, Zika und Ebola, und wie der Ausbruch | |
und die Verbreitung der Krankheiten einzugrenzen und zu bekämpfen sind. | |
Obwohl Ferguson nun selbst nicht mehr im Notstab der britischen Regierung | |
präsent ist, geht man aufgrund seiner Expertise davon aus, dass der | |
Forscher trotzdem Einfluss auf die Corona-Bekämpfung im Land und andernorts | |
haben wird. | |
6 May 2020 | |
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[1] https://www.ft.com/content/7e56cf84-6a9e-11ea-a3c9-1fe6fedcca75 | |
## AUTOREN | |
Daniel Zylbersztajn | |
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