# taz.de -- Galerietour in Charlottenburg: Mit einem Lächeln im Gesicht | |
> Erleichterung und Freude, wieder Kunst zeigen zu können – die Berliner | |
> Galerien passen sich an die neue Normalität an. | |
Bild: Blick in die Ausstellung „Zoom in Zoom out“ bei Wentrup | |
Gute zwei Wochen haben die Galerien in Berlin wieder geöffnet, langsam | |
stellt sich Normalität ein. Eine neue Art von Normalität ist es natürlich, | |
eine die viel Unsicherheit mit sich bringt und von allen Beteiligten | |
Improvisationsfähigkeit abverlangt. Im wirklichen Normalbetrieb planen | |
Galerien ihr Ausstellungsprogramm mindestens ein Jahr im Voraus durch, nun | |
muss immer wieder kurzerhand umdisponiert werden. | |
Keiner weiß, ob die großen Messen, die auf den Herbst verschoben wurden, | |
tatsächlich stattfinden werden und ob die Galerien, falls ja, überhaupt mit | |
dabei sein können. Die Teilnahme auf einer Messe ist eine kostspielige | |
Angelegenheit, wer in den Monaten zuvor aufgrund der Coronakrise Verluste | |
gemacht hat, kann sie sich womöglich nicht leisten. Oder hat gar nicht | |
genügend passende Arbeiten zu verkaufen, weil vielleicht die Künstler*innen | |
aus dem Galerieprogramm während des Lockdowns nicht wie sonst arbeiten | |
konnten. Die Lage ist komplex und für einige gewiss existenzbedrohend. | |
Bei einer Tour durch Charlottenburger Galerien erscheint bei den | |
Galerist*innen und deren Mitarbeiter*innen jedoch allesamt Erleichterung | |
vorzuherrschen und die Freude darüber, endlich wieder Kunst zeigen zu | |
können. Alles ist anders, aber man trägt es mit Fassung und mit einem | |
Lächeln im Gesicht. | |
Krisengewinner Zoom | |
Bei [1][Wentrup] in der Knesebeckstraße läuft seit dem vergangenen | |
Donnerstag die Gruppenausstellung „Zoom in Zoom out“, benannt nach dem | |
Krisengewinner schlechthin, dem Videokonferenzanbieter Zoom. Zu sehen sind | |
Arbeiten von Künstler*innen der Galerie, eine Accrochage, die | |
augenscheinlich vor allem eins zeigen möchte: Wir sind wieder da, es geht | |
weiter. Sogar so etwas Ähnliches wie eine Eröffnung gab es, beziehungsweise | |
einen ersten Ausstellungstag, an dem zum Teil und zeitlich versetzt auch | |
Künstler*innen anwesend waren. | |
In einer Welt ohne Covid-19 würden Wentrup aktuell die Ausstellung zum | |
Gallery Weekend zeigen, eine erste Einzelausstellung mit Jan-Ole Schiemann | |
war geplant. Das Debüt des Malers ist nun in den September verschoben – wie | |
ja auch das Gallery Weekend. Zwei Arbeiten hängen als Vorgeschmack in der | |
Gruppenausstellung, auf denen sich die Farben, Strukturen und Zeichen wie | |
auf einem Graffiti überlagern. Direkt daneben eine riesige Zeichnung von | |
Karl Haendel zweier sich berührender Hände. Sie stammen von derselben | |
Person – alles erlaubt also. | |
Ein paar Gehminuten weiter südlich, in der Mommsenstraße hält [2][Philipp | |
Haverkampf] eine Einzelausstellung von Marcel Eichner bereit. Soweit so | |
geplant. Eichner, der mittlerweile in Spanien lebt und arbeitet, landete | |
jedoch aus vieler Umständen zufällig in seiner alten Wohnung in Berlin, als | |
der erste Lockdown kam, musste dort bleiben und begann in der Quarantäne zu | |
malen, so wie er es auch sonst tut: mit einfachen Pinselstrichen, seine | |
Umgebung, das Zimmer, den Blick aus dem Fenster, Blumen in der Vase, | |
alltägliche Objekte. | |
Die für die Ausstellung eigentlich bestimmten Bilder konnten über die | |
geschlossenen Grenzen nicht nach Berlin transportiert werden, zu sehen sind | |
bei Haverkampf also stattdessen die in kurzer Zeit entstandenen neuen. | |
Hoffen auf Entspannung | |
In der Goethestraße hat [3][Anton Janizewski] indes die laufende | |
Ausstellung bis Anfang Juni verlängert. Für eine junge, kleine Galerie wie | |
seine sind Eröffnungen und die Begegnungen, die dort geschehen, vielleicht | |
noch ein wenig wichtiger als für die großen, bereits etablierten. Er hofft, | |
dass solche zumindest in kleinerer Form schon bald wieder stattfinden | |
können. | |
Bis es soweit ist, bleibt zumindest Zeit die Gruppenausstellung der | |
Künstlerinnen Emma Adler, Anna Ehrenstein und Anna Ley zu betrachten: | |
Adlers humorvolle Installationen zu Sonnenstürmen und menschlichem | |
Kontrollverlust, Ehrensteins Collagen zur kulturellen Bedingtheit von | |
Feminismus und dessen Darstellung auf sozialen Medien und Leys Malerei | |
menschenleerer Architekturen. | |
12 May 2020 | |
## LINKS | |
[1] https://wentrupgallery.com | |
[2] https://haverkampf.gallery | |
[3] http://antonjanizewski.com/ | |
## AUTOREN | |
Beate Scheder | |
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