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# taz.de -- Eskalation bei Protesten gegen Peking: Tränengas in Hongkong
> China will seine nationalen Interessen noch forscher verfolgen, heißt es
> auf dem Volkskongress. Das bekommen Hongkongs Aktivisten zu spüren.
Bild: Nach Tränengaseinsatz der Bereitschaftspolizei: Am Sonntag protestierten…
PEKING taz | Bereits zur Mittagsstunde versammelten sich am Sonntag schwarz
vermummte Aktivisten mit Regenschirmen und Protestbannern im Hongkonger
Shopping-Viertel Causeway Bay, um gegen das [1][von Festlandchina geplante
„Nationale Sicherheitsgesetz“] zu demonstrieren.
Wenig überraschend wurden sie von Bereitschaftspolizisten mit Wasserwerfern
und Tränengasgeschossen in Schach gehalten. Die in den sozialen Medien
geteilten Videos der Ausschreitungen erinnern in ihrer Brutalität an die
Proteste im vergangenen Jahr. Im letzten Frühjahr formierte sich eine
Protestbewegung gegen die steigende Einflussnahme Pekings, die bis zum
November in blutigen Universitätsbesetzungen gipfelte. Seit der Coronakrise
jedoch ist es das erste Mal, dass der bislang ungelöste Konflikt wieder auf
der Straße eskaliert.
Den Auslöser hat die Staatsführung in Peking beim derzeit tagenden
Nationalen Volkskongress geliefert: Mit einem geplanten Sicherheitsgesetz
wäre es der Kommunistischen Partei künftig möglich, gegen „subversive“ u…
„separatistische“ Aktivitäten in Hongkong vorzugehen – und dafür auch
eigene Sicherheitsorgane vor Ort zu installieren. Es ist der bislang größte
Angriff auf die Autonomie der einstigen britischen Kolonie, seit diese 1997
an Festlandchina übergeben wurde.
Dabei argumentieren sowohl die Kommunistische Partei in Peking als auch die
Hongkonger Protestbewegung mit dem „Ein Land, zwei Systeme“-Versprechen,
welches der Finanzmetropole eine weitgehende Autonomie als
Sonderverwaltungsregion unter China zugesteht. Diese sei laut der
Zentralregierung durch die „separatistische“ und vermeintlich von
„ausländischen Kräften infiltrierte“ Protestbewegung in Gefahr.
## Seitenhieb auf Donald Trump
Das prodemokratische Lager in Hongkong argumentiert hingegen, dass Peking
mit seinem Vorstoß – das Gesetz soll wohlgemerkt an der Legislatur
Hongkongs vorbei durchgedrückt werden – endgültig gegen die zugesicherte
Autonomie verstößt.
Während sich Demonstranten und Polizisten in der Finanzmetropole
vereinzelte Straßenschlachten lieferten, hat Chinas Außenminister Wang Yi
bei einer [2][Pressekonferenz des Nationalen Volkskongresses] den künftigen
Kurs der Volksrepublik auf dem internationalen Parkett angekündigt.
„Wir werden unsere nationalen Interessen, unsere Sicherheit und unsere
Entwicklung fester verteidigen.“ Sämtliche „Einmischungen ausländischer
Kräfte“ würden vereitelt werden. Die Aussage ist vor allem [3][an
US-Präsident Donald Trump gerichtet], der auf Pekings geplantes
Sicherheitsgesetz eine „starke Reaktion“ angedroht hatte.
Außenminister Wang beschuldigte Washington zudem, die Welt „an den Rand
eines neuen Kalten Krieges“ zu bringen: „Uns ist aufgefallen, dass einige
politische Kräfte in den USA die US-chinesischen Beziehungen in Geiselhaft
nehmen“, sagte Chinas Spitzendiplomat. Aus internen Regierungsdokumenten
geht hervor, dass sich die Kommunistische Partei seit dem Virusausbruch auf
antichinesische Stimmung einstellt – und auch eine militärische
Konfrontation mit den USA für möglich hält.
## Clash der zwei Systeme in Hongkong
Die vielleicht wichtigste Aussage von Außenminister Wang droht leider im
medialen Rummel unterzugehen: Die USA und China würden große Verantwortung
für Frieden und Entwicklung in der Welt tragen. Beide Seiten könnten von
Kooperation profitieren, bei Konfrontation aber nur verlieren.
Dabei deutet sich eine solche [4][Konfrontation zwischen den zwei
Weltmächten] gerade in Hongkong an. Dort drohen die beiden Systeme
aufeinanderzuprallen. Am Sonntag gingen die Polizeikräfte besonders
entschieden gegen jene Demonstranten vor, die ausländische Regierungen um
Unterstützung riefen. Bereits vor Einbruch der Dunkelheit hatten
Polizeikräfte rund 120 Personen wegen unerlaubter Versammlung verhaftet.
[5][Hongkongs Protestbewegung] hat die Maßnahmen ihrer Lokalregierung zur
Pandemie-Bekämpfung bereits seit Längerem als politisch motiviert
kritisiert. Denn während Fitnessstudios und Kneipen längst wieder
uneingeschränkt geöffnet sind, bleiben Ansammlungen von über acht Personen
im öffentlichen Raum weiterhin verboten. Auch bei der Protestaktion am
Sonntag wiesen Sicherheitskräfte die Demonstranten über Lautsprecher auf
das Verbot von größeren Versammlungen wegen der Pandemie hin.
24 May 2020
## LINKS
[1] /Chinas-Nationaler-Volkskongress-tagt/!5684410
[2] /Chinas-Nationaler-Volkskongress/!5684078
[3] /Beziehungen-zwischen-USA-und-China/!5681727
[4] /Diplomat-ueber-Geopolitik-in-Coronazeiten/!5684495
[5] /Protestbewegung-in-Hongkong/!5682625
## AUTOREN
Fabian Kretschmer
## TAGS
China
Hongkong
Protest
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Schwerpunkt Coronavirus
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