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# taz.de -- Anschlagsserie in Bayern: Motiv „Hass auf Türken“
> Nach der Anschlagsserie auf mehrere türkische Geschäfte in Waldkraiburg
> fasst die Polizei einen 25-jährigen angeblichen IS-Anhänger.
Bild: Der ausgebrannte Lebensmittelmarkt in Waldkraiburg nach dem Brandanschlag…
Waldkraiburg/München taz | Es war eine ganze Anschlagsserie: [1][Seit Mitte
April waren im kleinen Waldkraiburg in Bayern vier Geschäfte von
BetreiberInnen mit türkischem Migrationshintergrund attackiert worden], in
einem Fall mit einem Brandanschlag. Nun scheint die Serie aufgeklärt: Ein
25-Jähriger wurde festgenommen, der sich als IS-Anhänger ausgab.
Die Polizei Oberbayern Süd und die Generalstaatsanwaltschaft München
nannten auf einer Pressekonferenz am Sonntag die Festnahme einen großen
Erfolg. Letztlich aber war es ein Glückstreffer: Am Freitagabend war der
25-Jährige ohne Fahrschein in einem Zug nach Mühldorf am Inn angetroffen
worden. Bei einer Kontrolle von hinzugerufenen Bundespolizisten entdeckten
diese zehn funktionsfähige Rohrbomben in seiner Tasche, dazu mehrere Kilo
chemische Substanzen. Noch am Abend gestand der Mann darauf die
Anschlagsserie – und führte die Beamten zu weiteren versteckten Rohrbomben.
In der Vernehmung habe der 25-Jährige, ein in Bayern geborener Sohn
türkischer EinwandererInnen, einen „Hass auf die Türken“ angegeben, sagte
Oberstaatsanwalt Georg Freutsmiedl. Auch habe er sich als IS-Anhänger
ausgegeben und erklärt, er sei bereit, sich für die Terrormiliz zu opfern.
Ein Motiv innerhalb der türkisch-kurdischen Auseinandersetzungen habe er
explizit verneint.
## Weitere Anschläge geplant
Der Mann, ein gelernter Einzelhandelskaufmann und seit mehreren Monaten
arbeitslos, soll sich in den vergangenen Jahren islamistisch radikalisiert
haben. Seine Familie hatte laut ErmittlerInnen erfolglos versucht, ihn
davon abzubringen.
Strafrechtlich fiel er bisher aber nur mit kleinen Verstößen wegen des
Besitzes von Marihuana auf. Wie der Mann unbemerkt die große Zahl an
Sprengsätzen bauen konnte, werde nun ermittelt, erklärte Freutsmiedl. Er
habe angegeben, weitere Anschläge auf türkische Einrichtungen geplant
gehabt zu haben.
Neben den im Zug mitgeführten Rohrbomben führte der Mann die Ermittler zu
einem Auto in einer Tiefgarage in seinem Wohnort in Garching an der Alz, in
dem sich weitere 13 Rohrbomben und 10 Kilogramm Chemikalien befanden. In
seiner Wohnung fanden sich weitere Chemikalien und eine scharfe
Beretta-Pistole samt Munition.
Bisher gebe es keine Hinweise auf MittäterInnen, erklärte Hans-Peter Butz,
Leiter der zu der Anschlagsserie gebildeten Sonderkommission „Prager“. Dazu
werde nun aber weiter ermittelt. Gegen den 25-Jährigen wurde inzwischen
Haftbefehl verhängt.
## Der Vorwurf: 27-fach versuchter Mord
Die Vorwürfe gegen ihn wiegen schwer: Allein den Brandanschlag auf den
Lebensmittelladen am 27. April wertet die Generalstaatsanwaltschaft als
27-fachen versuchten Mord. Das Feuer war mitten in der Nacht gelegt worden
und das Geschäft ausgebrannt.
Nur durch einen aufmerksamen Bewohner hätten die MitbewohnerInnen in den
darüber liegenden Wohnungen über die Tiefgarage gerettet werden können, so
Freutsmiedl. Der Haupteingang des Hauses sei durch das Feuer bereits
versperrt gewesen. Die Brandentwicklung sei „sehr schnell und dramatisch“
gewesen. Sechs Personen wurden damals verletzt. Es entstand Sachschaden von
mehreren Millionen Euro.
Bei den weiteren drei Taten wurden Steine in einen Friseursalon, eine
Gaststätte und einen Imbiss geworfen, dazu auch eine übelriechende
Flüssigkeit. Die letzte Tat erfolgte am 6. Mai.
Die Polizei und Staatsanwaltschaft dankten am Sonntag auch der türkischen
Community in der Region für ihre Ruhe und ihr Vertrauen in die
Ermittlungsarbeit. Mit der Festnahme seien „weitere, schlimme Taten
verhindert“ worden, zeigte sich Freutsmiedl erleichtert.
10 May 2020
## LINKS
[1] /Anschlaege-im-bayrischen-Waldkraiburg/!5683511
## AUTOREN
Konrad Litschko
Dominik Baur
## TAGS
Bayern
„Islamischer Staat“ (IS)
Schwerpunkt Islamistischer Terror
Islamismus
Polizei
Bayern
Schwerpunkt Rassismus
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