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# taz.de -- Argentinien in der Schuldenkrise: Gläubiger bleiben hart
> Die Regierung hat einen Vorschlag für einen Schuldenschnitt gemacht. Doch
> die großen Fonds lehnen ab. Praktisch ist das Land zahlungsunfähig.
Bild: In der Krise: Kristalina Georgiewa, IWF, mit Argentiniens Wirtschaftsmini…
Buenos Aires taz | Argentiniens Schuldenverhandlungen scheinen im ersten
Anlauf gescheitert. Am Freitag war die Frist für einen Umtausch von 21
Staatsanleihen in zehn neue Anleihen mit neuen Konditionen abgelaufen, die
Argentiniens Regierung vor rund drei Wochen angeboten hatte. Es geht um
Verbindlichkeiten im Wert von 66,5 Milliarden Dollar. Weniger als 20
Prozent der Gläubiger hätten dem Umtausch zugestimmt, hieß es aus
Regierungskreisen. Die nächste Deadline ist der 22. Mai.
Präsident Alberto Fernández zeigte sich enttäuscht und optimistisch
zugleich. „Mit unserem Angebot verlieren die Gläubiger nichts, sie
verdienen nur weniger“, erklärte Fernández in einem Radiointerview am
Samstag. So sei die angebotene Kapitalsumme nahezu gleich. „Statt 100
Dollar gibt es 95 Dollar.“
Dagegen falle der angebotene Zinssatz tatsächlich geringer aus. „Stimmt,
wir bieten etwa 2 Prozent. Aber das in einer Welt, in der null Prozent
Zinsen gezahlt werden.“ Vorerst bestehe das Angebot weiter. „Niemand will
die Zahlungsunfähigkeit“, so Fernández.
Argentinien sei bereits „virtuell zahlungsunfähig“ hatte Fernández dagegen
bei der [1][Präsentation des Umtauschangebots] Mitte April erklärt. Das
Angebot sieht eine Schuldenreduzierung von 41,5 Milliarden Dollar sowie
eine dreijährige Tilgungspause bei Dollar-Anleihen nach internationalem
Recht vor.
Der Löwenanteil entfällt dabei auf eine Zinsreduzierung um 62 Prozent oder
37,9 Milliarden Dollar. Dazu kommt ein Abschlag auf die Kapitalsumme von
5,4 Prozent oder 3,6 Milliarden. Ab 2023 soll der Schuldendienst wieder
aufgenommen werden und die dann zu tilgenden Verbindlichkeiten mit einem
Durchschnitt von 2,33 Prozent verzinst werden.
## Schuldenlast war schon vor Corona nicht zu stemmen
Für einen erfolgreichen Abschluss müsste ein Gläubigerkreis zustimmen, der
rund 70 Prozent der 66,5 Milliarden Dollar vereint. Bereits vor dem Ende
der Frist am Freitag hatten die großen Investitionsfonds ihre Ablehnung
signalisiert. Dazu gehört Pimco, der zur deutschen Allianz gehört, sowie
die US-Fonds Franklin, Fidelity und BlackRock, die rund 25 Milliarden
Dollar der Verbindlichkeiten halten.
Argentinien konnte bereits vor der Coronapandemie seine Schuldenlast nicht
mehr stemmen. Ende 2019 betrug die Auslandsverschuldung rund 280 Milliarden
Dollar. Während der [2][vierjährigen Amtszeit des neoliberalen Mauricio
Macri] erhöhte sich der Schuldenberg um rund 100 Milliarden Dollar, hatte
die staatliche Statistikbehörde Indec gemeldet.
Das Datum 22. Mai ergibt sich aus einer nicht geleisteten Zinstilgung von
503 Millionen Dollar. Die Verbindlichkeit war am 22. April fällig geworden,
wurde aber von der Zentralbank in Buenos Aires nicht bedient. Die in
solchen Fällen übliche Gnadenfrist endet nach 30 Tagen.
Sollte es bis dahin zu keiner Einigung mit den Gläubigern kommen oder
sollten die fälligen Millionen auch im letzten Moment nicht gezahlt werden,
wird Argentinien zum neunten Mal in seiner langen Schuldengeschichte als
zahlungsunfähig eingestuft werden.
Damit das nicht geschieht, erhielt die Regierung Unterstützung aus
akademischen Kreisen der Ökonomie. „In diesem außergewöhnlichen Moment
bietet der argentinische Vorschlag auch der internationalen
Finanzgemeinschaft die Gelegenheit zu zeigen, dass sie eine
Staatsschuldenkrise auf geordnete, effiziente und nachhaltige Weise lösen
kann“, heißt es in einem [3][offenen Brief], den der
US-Wirtschaftswissenschaftler Joseph Stiglitz vergangenen Mittwoch
veröffentlichte.
„Eine nachhaltige Einigung nützt beiden Seiten: einer ums Überleben
kämpfenden Volkswirtschaft mit 45 Millionen Menschen und den Gläubigern
selbst“, schreiben die 138 unterzeichnenden Ökonom*innen, darunter der
Wirtschaftsnobelpreisträger Edmund Phelps, der Kieler Wirtschaftsprofessor
Christoph Trebesch sowie der ehemalige Chefökonom des Internationalen
Währungsfonds, Kenneth Rogoff.
10 May 2020
## LINKS
[1] /Schuldenkrise-in-Argentinien/!5679270
[2] /Neuer-Praesident-in-Argentinien/!5649275
[3] https://de.scribd.com/document/460215949/Argentina-Open-Letter-With-Signato…
## AUTOREN
Jürgen Vogt
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