| # taz.de -- Maskenpflicht im ÖPNV in Berlin: Kaum Nackte in Bus und Bahn | |
| > Tag eins der Maskenpflicht bei BVG und S-Bahn – und erstaunlicherweise | |
| > halten sich so gut wie alle BerlinerInnen dran. Noch jedenfalls. | |
| Bild: So ist es richtig – bisschen bunter ginge es aber noch in punkto Gesich… | |
| Berlin taz | Das Humor-Team der BVG hat sich mal wieder ins Zeug gelegt: „4 | |
| gute Anlässe, um in Berlin eine Maske zu tragen“, projizieren die | |
| Werbe-Beamer auf die Wände des U-Bahnhofs Friedrichstraße: „1. Mai im | |
| Görli, Party im KitKat Club, verunglückte Nasen-OP, weltweite | |
| Corona-Pandemie“. Ein vergleichsweise dezenter Hinweis darauf, dass seit | |
| diesem Montag alle ÖPNV-NutzerInnen per Landesverordnung zum Tragen einer | |
| „Mund-Nase-Bedeckung“ verpflichtet sind. | |
| Ja, auch ein Spruchband auf den elektronischen I[1][nfotafeln und | |
| regelmäßige Durchsagen einer Computerstimme erinnern an die neue Auflage]. | |
| Aber wenn man sich so umschaut an Tag eins der Maskenpflicht, scheinen so | |
| gut wie alle schon Bescheid zu wissen. Mehr noch: Sie halten sich daran! | |
| Die nicht repräsentative Zählung des Autors ergab eine gefühlte Quote um | |
| die 97 Prozent, beflissener geht's kaum. | |
| Entzückend die Vielfalt, die sich beobachten lässt: Neben den weißen und | |
| krankenhausgrünen Einwegmasken, die eine verlässliche Grundkonstante | |
| bilden, schmückt ein bunter Strauß an Formen und Farben die Gesichter. | |
| Geraffte und glatte, spitze und flache, flauschig-anschmiegsame und solche, | |
| die wie ein Brett vor dem Gesicht hängen, rote und schwarze, beige und | |
| blaue, gepunktete, geblümte, gesternte und, ja, auch eine mit Pailletten in | |
| allen Farben des Regenbogens. | |
| Eher wenige Fahrgäste schützen sich und andere mit einem Schal, den sie bis | |
| über die Nase ziehen – erlaubt ist das. Immer noch häufig zu sehen: | |
| Arbeitsmasken mit Ventil. Diese versagen allerdings ausgerechnet in Sachen | |
| Fremdschutz: Sie sind mit Absicht so konstruiert, dass die ausgeatmete Luft | |
| ungefiltert und somit ungebremst entweichen kann. Für Handwerker, die mit | |
| gefährlichen Stäuben zu tun haben, genau das Richtige, für Menschen, die | |
| ihre potenzielle Virenlast anderen vorenthalten wollen, eher nicht. | |
| Bei den wenigen Ausnahmen handelt es sich offensichtlich um die üblichen | |
| Verpeilten oder aber solche, die ohnehin auf Rücksichtnahme pfeifen – wie | |
| der junge Mann, der Sterni-Kronkorken als Buttons an der Lederjacke trägt | |
| und seine Stiefel auf der Bank abgelegt hat. Bei den beiden Jungs, die auf | |
| der Kantstraße maskenlos in den Bus in Richtung Zoo springen, ist die Sache | |
| unklar: „Ey Digga, mein Mundschutz!“, ruft der eine und macht Anstalten, | |
| wieder auszusteigen, dann lacht er und tut es doch nicht. Wollte er | |
| wirklich noch mal nach Hause oder war's ein Gag? | |
| ## Blicke aus dem Augenwinkel | |
| In jedem Fall ernten an diesem Tag alle mit nacktem Gesicht misstrauische | |
| Blicke aus den Augenwinkeln, manchmal werden sie unverhohlen vorwurfsvoll | |
| angestarrt. Die soziale Kontrolle scheint zu funktionieren, muss sie auch, | |
| denn BVG und S-Bahn überprüfen das Maskentragen nicht. Das bestätigt auch | |
| die Kontrolletti-Crew auf dem U-Bahnhof Hallesches Tor, die selbst mit | |
| OP-Mund-Nase-Schutz ausgerüstet ist. „Nicht unser Job“, bescheidet einer | |
| von ihnen knapp. Wobei nach Angaben der Verkehrsbetriebe die | |
| Bedeckungspflicht ohnehin nicht auf dem Bahnsteig gilt. | |
| Ziemlich überflüssig sind im Übrigen die Rufe nach kontinuierlicher | |
| Desinfektion der Fahrzeuge: So gut wie niemand berührt noch mit bloßen | |
| Händen Stangen oder Sitze. Für den Druck auf den Türknopf – in den Waggons | |
| der Baureihen, die keine zentrale Öffnung kennen – wird der spitze Ellbogen | |
| genommen oder der Daumen mit dem Jackenärmel verhüllt. | |
| Epidemiologisch betrachtet sind die meisten also inzwischen gut | |
| konditioniert – fragt sich nur, wie lange das Pflichtbewusstsein vorhält. | |
| Schließlich wird bislang auch kein Bußgeld bei Missachtung fällig. Dass es | |
| manchmal nicht ohne solche Anreize geht, hat jetzt auch | |
| Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci (SPD) gemerkt. Sie hatte sich mal „genau | |
| angeschaut“, wie es die KundInnen im Einzelhandel mit der Empfehlung zum | |
| Maskentragen halten, und war – so sagte sie es am Sonntag der dpa – | |
| „wirklich erschrocken“, dass nur „ungefähr ein Fünftel“ sich daran hi… | |
| Während der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) noch vergangene | |
| Woche die fehlende Maskenpflicht in Läden damit begründet hatte, man könne | |
| sich im Gegensatz zu Bus und Bahn ja aus dem Weg gehen, weiß Kalayci nun: | |
| Auch in Supermarktgängen sind 1,5 Meter Abstand kaum einzuhalten. Ihr | |
| Fazit: „Ich halte deshalb auch dort eine Verpflichtung für unumgänglich.“ | |
| Berlins bundesweiter Alleingang dürfte bald ein Ende haben. | |
| 27 Apr 2020 | |
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| [1] https://www.bvg.de/de/Aktuell/Newsmeldung?newsid=3859 | |
| ## AUTOREN | |
| Claudius Prößer | |
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