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# taz.de -- Cellesche Zeitung druckt JN-Gastbeitrag: Plattform für Neonazi
> Die Cellesche Zeitung gibt dem Landesvorsitzende der Jungen
> Nationaldemokraten Platz für rechte Propaganda. Nun regt sich Protest.
Bild: Dieser Hof soll Niedersachsens NDP-Bildungszentrum werden. Renoviert wird…
Hamburg taz | Unbekannte haben Freitagnacht das Wort „Nahtzischeiße“ an die
Fassade der Celleschen Zeitung (CZ) gesprüht und einen Schaukasten
eingeschlagen, in der die aktuellen Ausgaben hängen. Es handelt sich dabei
mutmaßlich um Protest gegen die Berichterstattung der Lokalzeitung über ein
neues Zentrum der NPD in der Gemeinde Eschede. Die Partei hat es im
vergangenen Jahr von NPD-Mitglied Joachim Nahtz gekauft. Hiervon leitet
sich das Wort „Nahtzischeiße“ ab. In der Berichterstattung darüber habe e…
Neonazi zu großen Raum in der Zeitung bekommen, sagen die Kritiker.
[1][In den vergangenen Monaten hat die NPD begonnen, den in die Jahre
gekommenen Hof, auf dem schon seit vielen Jahren rechte Szenetreffen wie
etwa Sonnenwendfeiern stattfinden, auszubauen.] Ebenso lange gibt es in der
Region auch Proteste gegen den Treffpunkt. Die CZ hat vor diesem
Hintergrund bei der Jugendorganisation der NPD, den Jungen
Nationaldemokraten (JN), um ein Statement gebeten.
Am 30. April veröffentlichte die Zeitung unter dem Titel „Extremismus
verärgert: ‚Wir sind nicht zahnlos‘“ einen Text, in dem der
niedersächsische JN-Landesschef Stefan Weigler aus Braunschweig zu Wort
kommt – sehr ausführlich und ohne ein Statement, beziehungsweise eine
Einordnung der örtlichen Gegenbewegung.
In dem Text beschreibt Weigler die Arbeiten auf dem Hof, den man zum
„Bildungs- und Gemeinschaftszentrum des nationalen Niedersachsens weiter
aufblühen“ lassen wolle – und die Maßnahmen der Rechtsextremen gegen den
Protest: „Und ein Zaun ziert nun das Gelände, um die verwirrten
Gegendemonstranten bei unseren weiteren Feierlichkeiten auch entsprechend
auf Abstand zu halten“, sagt er. Die Corona-Auflagen würden beim Ausbau
eingehalten. Zuvor soll es Anzeigen bei der Polizei gegeben haben.
Zudem versucht er den Protest zu diskreditieren und zu suggerieren, eine
Mehrheit in der Region sehe ihn kritisch: Die Demonstranten würden „bis auf
wenige Scharfmacher im Ort“ zum „Großteil von außerhalb angekarrt“. Fü…
sei es „kein Wunder, dass die Gegendemonstrationen, die
Verkehrsbehinderungen und Belästigungen durch linke Störer in Eschede immer
weiter auf Unverständnis stoßen“.
Und Weigler wird deutlich: „Wir sind geduldig und kompromissbereit – aber
vor allem sind wir nicht zahnlos.“
Anita Förster, Pressesprecherin der Kampagne „Landfriedensbruch – Gegen das
Nazizentrum in Eschede“, sieht darin eine eindeutige Drohung in Richtung
des Gegenprotestes. Die CZ hob diese Aussage sogar in die Überschrift.
„Wir fragen uns, wie es sein kann, dass trotz der vorhandenen Fakten
bezüglich der Aktivitäten auf und um den Hof Nahtz in den letzten Jahren
und vor allem im letzten Winter, die Cellesche Zeitung tatsächlich bereit
ist, eine Stellungnahme von Sebastian Weigler als Vorsitzendem der JN
Niedersachsen unkommentiert abzudrucken.“
Die Zeitung habe dem JN-Sprecher eine „große Bühne“ für „eindeutig rec…
Polemik“ und vor allen für politische „Diffamierung des aktiven
Gegenprotestes“ geboten, sagt Förster.
Es gehe ihr nicht darum, dass die JN sich nicht zu dem Hof Nahtz äußern
dürfe, sondern darum, dass „dies völlig ohne Rahmen und Bewertung in der
Zeitung“ erschienen sei.
Denn einen Kommentar gab es zeitgleich mit dem Artikel nur online. In der
Zeitung stand dieser erst einen Tag später. Darin hebt der Autor, der auch
schon für die taz geschrieben hat, selbst hervor, dass Sebastian Weigler
von den JN vorgeschickt werde, „wenn sich die NPD als harmlose Volkspartei
tarnen will“. Der JN-Vorsitzende fungiere „als bürgerliches Feigenblatt der
norddeutschen Neonazis“.
Der Autor macht im Kommentar auch deutlich, an welchen Stellen Weigler sich
verharmlosend geäußert hat: „Bei ihm klingt es so, als würden sich in
Eschede ein paar Kumpels ein Ferienhaus renovieren, weil man in der
Südheide so schön zusammen Bier trinken kann. Tatsächlich wollen die
Rechtsextremisten im Niemandsland hinter Eschede ungestört ihre Anhänger
radikalisieren.“
## Regelmäßige Berichterstattung
Die Zeitung berichtet regelmäßig über die Entwicklung auf dem Anwesen – und
auch über den anhaltenden Protest. „Wir wollten mit dem Artikel auf die
gefährliche Entwicklung hinweisen“, sagt Ralf Leineweber, der Chefredakteur
der CZ. In der Redaktion habe die Auffassung vorgeherrscht, dass sich der
JN-Funktionär durch seine Aussagen selbst entlarvt habe. Seine Radikalität
sei bis hin zu einer Drohung deutlich geworden. Die Zeitung habe ihm keine
Plattform liefern wollen, sagt Leineweber.
Dennoch sei es ein Fehler gewesen, den Kommentar erst später in der Zeitung
zu veröffentlichen, räumt der Chefredakteur ein.
Förster von der Kampagne fordert die CZ auf, künftig „nicht mehr jeden
Blödsinn von Nazis unkommentiert und uneingeordnet abzudrucken“. Es gebe
genug gute Initiativen und Journalist*innen in der Region, die viel über
den NPD-Hof und die Machenschaften und Pläne der Nazis dort sagen könnten.
„Braunschweiger Neonazis mit ihrer durchsichtigen Propaganda muss man dafür
nicht unkommentiert zu Wort kommen lassen.“
5 May 2020
## LINKS
[1] /Bauernhof-wird-rechtsextremes-Zentrum/!5674854
## AUTOREN
Andreas Speit
## TAGS
NPD
Rechtsextremismus
Niedersachsen
Schwerpunkt Neonazis
Rechte Szene
Kolumne Der rechte Rand
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